7. Für die Leseförderung sind digitale Medien eine Chance
Leseförderung funktioniert dann, wenn sie sich an dem Mediennutzungsverhalten der Lesemuffel orientiert und Freude am Lesen weckt. Dabei sollte jeder Zugang zum Lesen gefördert werden. Nichtleser/innen verbinden mit Lesen und Büchern meist Lernzwang und Schule, etwas auf das sie keine Lust haben und was sie im Zweifel schlecht können. Das Lesen von Texten bereitet vielen Schwierigkeiten, die wenig geübt sind. Der Zugang zu Büchern bleibt ihnen so versperrt. Ihr tägliches informelles digitales Lesen ist ihnen als solches nicht bewusst. Hier anzusetzen und zu vermitteln, dass Lesen sich mit vielem verbindet, was sie interessiert, bietet großes Potential, die Lesemotivation zu steigern und Selbstbewusstsein in Bezug auf die eigene Lesefähigkeit aufzubauen. Gleichzeitig machen gute digitale Lesemedien viel Spaß und bieten einen leichten, spielerischen Einstieg. Zeitgemäße Leseförderung muss hier ansetzen und entsprechende Vermittlungsformate entwickeln und anbieten.
8. Bildungs- und Kultureinrichtungen kommt eine Schlüsselrolle zu
Schulen aber auch Bibliotheken und andere Kultureinrichtungen müssen sich auf die Entwicklung einstellen und neuen Medien sinnvoll in ihre Bildungsarbeit integrieren. Denn digitale Angebote der kulturellen Bildung erreichen Kinder- und Jugendliche dort, wo sie sich ohnehin aufhalten und können ohne Schwellenangst informell genutzt werden. Erfolgreich sind diese Angebote dann, wenn sie von der Zielgruppe her gedacht sind und die digitalen Möglichkeiten auf der Höhe der Zeit einsetzen. Dafür bedarf es neben der Offenheit für die neuen Entwicklungen entsprechend ausgebildeten Personals, das über Kenntnisse im Bereich Leseförderung, Medienpädagogik und Informationskompetenz verfügt sowie die nötige technische Infrastruktur.
9. Für digitale kulturelle Bildung braucht es Investitionen
Gute digitale Angebote kosten Geld. Verlage müssen investieren und Nutzer/innen müssen bereit sein, einen angemessenen Preis zu zahlen. Damit öffentliche Einrichtungen digitale kulturelle Bildung umsetzen können, müssen ihre Träger die hierfür benötigten Ressourcen bereitstellen. Förderprogramme können helfen, hier entsprechende Impulse zu setzen. So fördert der Deutsche Bibliotheksverband e.V. in Zusammenarbeit mit der Stiftung Digitale Chancen in seinem Projekt „Lesen macht stark: Lesen und digitale Medien“ von 2013 bis 2017 außerschulische Maßnahmen der digitalen Leseförderung für Kinder und Jugendliche. Die Mittel des Bundesministeriums für Bildung und Forschung im Rahmen des Programms „Kultur macht stark. Bündnisse für Bildung“ helfen, Projekte zum digitalen Lesen bundesweit anzustoßen. Für ein nachhaltiges Engagement
und eine Qualitätsentwicklung in der digitalen kulturellen Bildung müssen allerdings langfristig wirksame Konzepte erarbeitet und Strukturen geschaffen werden, die größere Investitionen erforderlich machen.
10. Digitales Lesen braucht einen sicheren rechtlichen Rahmen
Die jüngsten Skandale zur Überwachung digitaler Kommunikation machen deutlich, dass bei der Nutzung neuer Medien Fragen des Datenschutzes zentral sind. Bei der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen steht auch in der digitalen Welt der Jugendschutz an erster Stelle. Im Rahmen digitaler Leseförderung können und müssen Eltern und Kinder für den Umgang mit den neuen Medien sensibilisiert werden. Für die Vermittlung von Digital Literacy sind schulische und außerschulische Einrichtungen gefragt.
Bricht also ein neues Zeitalter an? Digitales Lesen wird die Lesekultur verändern, aber nicht ihr Ende sein. Wenn man bereit ist, die hierin liegenden Potentiale zu sehen und diese aktiv zu gestalten – durch kluge Konzepte und interessante Angebote der unterschiedlichen Akteure im Bereich der Leseförderung und Literaturvermittlung – wird das digitale Lesen mit seinen neuen Möglichkeiten des Schreibens, Erzählens und Gestaltens eine Bereicherung für die Leser/innen sein. Und mehr Menschen denn je zu solchen machen. Eine schöne Aussicht!
Dieser Text ist zuerst erschienen auf dem Internetportal „Kultur bildet.“ des Deutschen Kulturrates im März 2015.