Berlin, den 25.06.2014. Der Deutsche Kulturrat, Spitzenverband der Bundeskulturverbände, fordert den Abbruch der Verhandlungen zum Freihandelsabkommen (TTIP) und stellt acht Grundsätze auf, die bei einem möglichen Neustart der Verhandlungen zu berücksichtigen sind.
Als unverzichtbar für alle weiteren Verhandlungen ist für den Deutschen Kulturrat:
1. Unterschiedliche Kulturbegriffe
Die USA und die EU sowie ihre Mitgliedstaaten pflegen unterschiedliche Vorstellungen von Kultur, kultureller und medialer Vielfalt sowie deren Erhalt und Förderung. Eine Handelspartnerschaft, die auf gemeinsamen Werten und gegenseitigem Respekt gegründet ist, muss diese Unterschiede akzeptieren, zulassen und darf ihre Ausgestaltung nicht durch Handelsregeln einschränken oder verändern.
2. Gemischtes Abkommen
Aus Sicht des Deutschen Kulturrates bedürfen Handelsabkommen in dieser Größenordnung und Tragweite grundsätzlich der zusätzlichen Ratifikation sowohl durch das Europäische Parlament als auch die nationalen Parlamente der Mitgliedstaaten. Das impliziert, dass die nationalen Parlamente bereits in den Entstehungsprozess einbezogen werden müssen.
3. Investitionsschutz
TTIP kommt ohne ein Investitionsschutzkapitel und ohne Investor-Staat-Schiedsklauseln aus. Investitionsschutz und Investor-Staat-Schiedsverfahren bergen die Gefahr, Verfassungs- und Rechtsordnungen zu unterlaufen und die Entscheidungs- und Handlungsfähigkeit von Staaten in Rechts- und Regulierungsfragen zu unterhöhlen.
4. Positiv- statt Negativlisten
Positivlisten haben sich bereits im WTO-Kontext bewährt und dürfen nicht durch Negativlisten ersetzt werden. Negativlisten sind nicht geeignet, der dynamischen Entwicklung gerade in Kultur und Medien gerecht zu werden und bergen die Gefahr in sich, dass durch die Hintertür zusätzliche Bereiche erfasst werden.
5. Erhalt und Weiterentwicklung von Förderinstrumenten
Die bestehenden Rahmenregelungen und Förderinstrumente auf europäischer und nationaler Ebene für Kultur und Medien dürfen durch das Freihandelsabkommen nicht angetastet werden. Das gilt für den erwerbswirtschaftlichen wie den nicht-gewinnorientierten Sektor.
6. Sicherung von digitalen Zukunftschancen
Ausnahmeregelungen dürfen nicht auf bestehende audiovisuelle Dienste und deren Verbreitung eingeengt werden, es muss vielmehr der digitalen Konvergenzentwicklung Rechnung getragen werden.
7. Erhalt und Ausbau eines hohen Schutzniveaus für Urheber- und Leistungsschutzrechte
Urheber- und leistungsschutzrechtliche Fragen werden im internationalen Kontext im Rahmen der Weltorganisation für geistiges Eigentum verhandelt. Der Deutsche Kulturrat kann keinen zusätzlichen Nutzen darin erkennen, das Urheber- und Leistungsschutzrecht zum Gegenstand von TTIP zu machen. Dies umso mehr, weil sich das europäische Urheberrecht und das US-amerikanische Copyright-System grundlegend unterscheiden. Die Grundprinzipien des europäischen Urheberrechts, die den Urheber und seine Persönlichkeit sowie seine ökonomischen Rechte in den Mittelpunkt stellen, sind nicht verhandelbar.
8. Erhalt und Ausbau der sozialen Sicherung
Die ILO-Kernarbeitsnormen müssen die Grundlage zur Sicherung von Arbeitnehmerrechten in TTIP sein. Dazu zählt auch, dass diese Normen von beiden Seiten vollumfänglich anerkannt werden. Die in Deutschland bestehenden Arbeitnehmerrechte wie auch die in Deutschland bestehende soziale Absicherung der freiberuflichen Künstler und Publizisten durch das Künstlersozialversicherungsgesetz dürfen durch das Freihandelsabkommen nicht angetastet werden.
Der Präsident des Deutschen Kulturrates, Christian Höppner, sagte: „Die bisherigen TTIP-Verhandlungen müssen gestoppt werden und ein neues Verhandlungsmandat muss her. In diesem Verhandlungsmandat müssen die konsequente Ausnahme von Kultur und Medien verbrieft sein und Transparenz und Information über die Inhalte des Abkommens und den Verlauf der Verhandlungen oberste Priorität haben. Wir fordern die EU-Kommission auf, diese acht Forderungen des Deutschen Kulturrates für ein neues Verhandlungsmandat zu berücksichtigen.“