Manishe Hekmat wurde 1962 in Arak geboren. Mit 15 begann sie an Filmen mitzuwirken. 1980 zog sie nach Teheran und arbeitete als Ausstatterin, Sekretärin und Regieassistentin. 2000 hat sie ihren ersten von 25 Filmen gedreht. Heute arbeitet sie als Produzentin und Regisseurin.
Pegah Ahangarani, 32, wurde als 15-Jährige durch die Hauptrolle in dem Film „Das Mädchen mit Stoffschuhen“ bekannt. Danach spielte sie unter der Regie ihrer Mutter Manishe Hekmat in dem Spielfilm „Das Frauengefängnis“ mit. 2009 unterstützte sie bei der Präsidentenwahl öffentlich Mirhossein Mousavi. Sie wurde verhaftet und zu einem Jahr Haft verurteilt. Das Urteil wurde ohne Angabe von Gründen fallen gelassen. Als Schauspielerin hat sie in über 30 Spielfilmen mitgewirkt. Außerdem produziert sie Dokumentarfilme.
Frau Hekmat, Ihr erster Spielfilm „Das Frauengefängnis“ war ein Politdrama und wurde ein Kassenschlager.
Manishe Hekmat (MH): Ja, der Film hat viel Lob eingeheimst. Er gehörte zu den drei nach der Revolution gedrehten iranischen Spielfilmen mit der häufigsten Teilnahme bei internationalen Filmfestspielen. Zwei Jahre war er beschlagnahmt und durfte nicht gezeigt werden. Er unterlag massiver Zensur. Trotzdem wurde er zum Kassenschlager und wird heute in manchen Filmakademien als Referenzfilm gezeigt.
Ich hatte die Gelegenheit, über 22 Jahre den Frauentrakt des Evin-Gefängnisses in Teheran zu beobachten. Der Film beschreibt, wie Gefangene und ihre Wärterinnen miteinander umgehen und schließlich unbewusst die Rollen tauschen. Ich zeige auch, wie die Häftlinge im Laufe der Jahre immer jünger werden und wie sich die Gründe für ihre Verurteilung ändern. Der Gefängnistrakt reflektiert wie ein Spiegel die Entwicklung unserer Gesellschaft.
Frau Ahangarani, Ihre Filmkarriere hatte einen steilen Start. Gleich ihre erste Hauptrolle schlug richtig gut ein.
Pegah Ahangarani (PA): „Das Mädchen mit Stoffschuhen“ war der erste Film, der sich in dieser Form mit den Sorgen der Jugend befasste. Der Film handelt von einem jungen Mädchen, das Probleme mit seiner Familie hat. Es verliebt sich in einen Jungen und haut von zu Hause ab. Zumindest für einen Tag. Es geht also darum, was das Mädchen innerhalb dieser 24 Stunden alles in der Stadt erlebt und sie schließlich nach Hause zurückkehren lässt.
Welche Art von Filmen kommen in der Islamischen Republik gut an?
MH: Ich habe viele Filme produziert, sowohl sozialkritische als auch Komödien oder Kinderfilme. Der Kinderfilm „Die Stadt der Mäuse“ hat 2014 einen Verkaufsrekord in der iranischen Filmgeschichte aufgestellt.
In Zeiten der Hoffnungslosigkeit ziehe ich es vor, Komödien zu produzieren. Ich möchte den Menschen damit etwas Energie geben. Die Familien sollen mit ihren Kindern aus ihren Häusern gehen, sich zusammen den Film anschauen und ein wenig lachen. Ich denke, diese kleine Gemeinschaftsunternehmung kann ihnen etwas Kraft für den harten Alltag geben. Ich fühle, was die Gesellschaft eigentlich braucht: klatschen, lachen, Freude erleben. Ich glaube, es gibt eine große Kluft zwischen den Familienmitgliedern. Die Eltern müssen aus wirtschaftlicher Not heraus Tag und Nacht arbeiten. Die Kinder leben mehr und mehr mit ihrem Smartphone. Das ist Grund zur Sorge.
PA: Liebesfilme funktionieren im Iran überhaupt nicht. Sie können nicht richtig dargestellt werden. Wie oft soll man denn die Liebe in Blicken ausdrücken? Es braucht mehr als das! Wir haben nicht viele romantische Filme im iranischen Kino. Liebesfilme, wie man sie sonst auf der Welt kennt, haben wir gar nicht. Die Filme wirken lächerlich. Mir ist das oft passiert: Die romantischen Szenen wirken lächerlich. Wie oft soll man denn Liebesbekundungen machen? Nur das ist möglich, und dabei kann man noch nicht einmal alles sagen, was man möchte. Sogar die Wortwahl hat einen bestimmten Rahmen. Berührungen sind vollkommen ausgeschlossen. So wirken die Liebesszenen unecht, sie funktionieren nicht. Liebesbeziehungen gibt es in Filmen meist als Nebenhandlung, aber nur sehr selten als das Hauptthema.