Wie spricht man über Demokratie, wenn Menschen in einer Monokratie leben müssen? Wie thematisiert man Menschenrechte in einem Land, in dem diese mit Füßen getreten werden? Derlei Fragen zählen zu den täglichen Herausforderungen für Journalisten der Deutschen Welle (DW) – etwa in der Farsi-Redaktion. Die Islamische Republik Iran ist das Zielgebiet dieser Angebote. Farsi, die Sprache, in der das umfassende und ausgewogene Informationsangebot des deutschen Auslandsrundfunks produziert wird.
DW-Farsi ermöglicht den Menschen im Iran, mehr von der Welt außerhalb ihres Landes zu erfahren und mehr von dem, worüber iranische Medien nicht berichten können. Ihren Schwerpunkt der Berichterstattung legt die DW auf Themen, für die Deutschland heute in der Welt steht – Menschenrechte, Wissenschaft, Kultur und Musik zählen hierzu. Nicht immer ist es leicht, in einer patriarchalisch geprägten Gesellschaft wie Iran etwa über Frauenrechte zu sprechen. Oder in einem Staat mit Zensur und Kontrolle Tabuthemen anzusprechen. Die staatliche Zensur im Iran stellt weiterhin eine Herausforderung für die DW-Angebote auf Farsi dar, entsprechend setzt die DW ihre Anstrengungen zur Zensurumgehung fort. Ausgeklügeltes technisches Know-how, Qualitätsjournalismus und kulturelles Fingerspitzengefühl sind hier gefragt.
Besonnen und sachlich berichten
Das 1962 auf Kurzwelle gestartete Programm von DW-Farsi erreicht seine Zielgruppe heute mit einer vielfältigen Multimedia-Webseite. Nachrichten und Hintergrundberichte aus Politik, Kultur, Gesellschaft, Wirtschaft und Sport stehen auf dem Redaktionstableau. Nah an den Bedürfnissen der Nutzer ist das Angebot, etwa die Sonderseite „Sicherheit in der virtuellen Welt“. Sie stellt Informationen bereit, mit denen sich Aktivisten und Menschenrechtler in Iran vor staatlicher Spionage und Repression schützen können. Zensurumgehungsmaßnahmen wie Psiphon lassen das Fenster zur DW in Iran offen.
Nähe zum Nutzer zeigt DW-Farsi auch beim Thema Studieren in Deutschland. Interessierte erfahren dort mehr zu den Voraussetzungen eines Studiums hierzulande. Auf großes Interesse stößt auch das Sprachkursangebot der DW. Die deutsche Sprache ist in Iran besonders beliebt. Vom Einstufungstest Deutsch bis zu multimedialen Angeboten für fortgeschrittene Deutschlernende können die Nutzer wählen. Deutschlehrer in Iran profitieren von dem für sie maßgeschneiderten Angebot. Weltoffen, fundiert und klar zu berichten, lautet das journalistische Credo. In einer Zeit der Informationsüberflutung legt DW-Farsi Wert auf die Erläuterung von Hintergründen und Zusammenhängen in einer besonnenen und sachlichen Sprache. In diesem Sinn greift beispielsweise die Sonderseite „Liebe, Sexualität und Zusammenleben“ Tabuthemen wie Homosexualität auf, weist auf Veränderungen der Partnerschaftsformen hin und regt zur Diskussion an.
Glaubwürdigkeit in sozialen Medien
Bereits seit 2007 ist das Farsi-Angebot der DW in den sozialen Netzen aktiv und im Dialog mit seinen Nutzern. Es bietet ein Forum zur Meinungsäußerung und beteiligt sich mit Themen, die in den sozialen Netzen für Diskussionsstoff sorgen. Diese Themen werden journalistisch behandelt und ihre Hintergründe etwa in Interviews geklärt. Zugleich versorgen Nutzer die Redaktion mit Bildern und Videos, die, nachdem sie verifiziert sind, als User Generated Content das Farsi-Angebot bereichern.
Gerade in schwierigen Zeiten hat sich das Farsi-Angebot in den Sozialen Netzen bewährt, etwa bei den Unruhen in Iran 2009 nach den Präsidentschaftswahlen oder bei den Atomverhandlungen. Auf großes Interesse stießen aber auch der WM-Liveticker zur Fußballweltmeisterschaft 2014 oder Themen rund um die Oscar-Verleihung in den USA. Über 375.000 Follower auf Twitter und mehr als eine Million Fans auf Facebook zählt das Social-Media-Team der Farsi-Redaktion derzeit – mit steigender Tendenz. Auch der in Iran weitverbreitete Messaging-Dienst Telegram und der Fotodienst Instagram schlagen Brücken zwischen der Redaktion in Bonn und Iran.
Vertrauen der Nutzer als Währung
Die Zugriffszahlen von DW-Farsi steigen kontinuierlich. Derzeit werden rund vier Millionen Visits im Monat auf den DW-eigenen Plattformen wie dw.com bzw. den Apps auf Farsi erfasst. Dabei werden die Beiträge der DW auf Farsi durchschnittlich 26 Millionen Mal pro Monat aufgerufen. Diese Zahlen zeugen vom wichtigsten Wert des Programms, dem Vertrauen der Nutzer.
Viele Menschen nutzen dieses Fenster zur Welt und bekräftigen dies durch Feedback-E-Mails. In den sozialen Netzen werden die von DW-Farsi bereitgestellten Materialien als verifizierte Angaben gehandelt, während einheimischen Medien nicht selten parteiische Berichterstattung vorgeworfen wird. Auch außerhalb der Islamischen Republik Iran wird DW-Farsi genutzt: etwa von Menschen aus Afghanistan, von Exilanten in Europa und den USA. Auch Flüchtlinge interessieren sich für das Informationsangebot des deutschen Auslandsrundfunks.
Dieser Text ist zuerst in der Politik & Kultur 1/17 erschienen.