Antworten der AfD auf die Wahlprüfsteine zur Wahl des Europäischen Parlaments 2019

1. Wollen Sie sich für eine weitere Stärkung der Europäischen Union einsetzen? Wenn ja, welche Maßnahmen planen Sie hierzu? Wenn nein, warum nicht? Teilen Sie den Eindruck des Deutschen Kulturrates, dass die Durchsetzung von Partikularinteressen in der Europäischen Union an Bedeutung gewinnt? Wie soll Europa hierauf reagieren?

 

Die AfD setzt sich für ein Europa der Vaterländer ein. Konkret ist damit eine Gemeinschaft souveräner Staaten gemeint, die zum Wohle ihrer Bürger bei Aufgaben aktiv wird, die gemeinsam besser gelöst werden können. Dazu gehört vor allem ein möglichst unbehinderter Binnenmarkt mit fairem Wettbewerb. Dem Ziel einer quasistaatlichen Europäischen Union oder der Vision der Vereinigten Staaten von Europa erteilt die AfD eine klare Absage.

 

Die Durchsetzung von Partikularinteressen in der EU gewinnt zweifellos zunehmend an Bedeutung, allerdings auf andere Weise, als es zumeist verstanden wird. Zum einen ist ein immer weiter um sich greifender Lobby Klüngel zu konstatieren, zum anderen und noch gravierender werden die Kompetenzen der EU zu Lasten der Souveränität der Nationalstaaten immer weiter ausgeweitet. Dies geschieht mit der Begründung gemeinsamer europäischer Interessen, in Wahrheit ist aber das Gegenteil der Fall: Die fortschreitende Zentralisierung nützt vor allem Frankreich und den südlichen Mitgliedsstaaten, während Deutschland endgültig zum Zahlmeister Europas degradiert wird.

 

Es bedarf deshalb mit Blick auf die EU grundlegender Reformen. Dazu gehört unter anderem die Abschaffung des sogenannten EU-Parlamentes (EP), das keine echte Gesetzgebungskompetenz hat und daher nur der Demokratiesimulation dient. Im Übrigen muss die Rechtsetzungskompetenz aus Sicht der AfD ausschließlich bei den Nationalstaaten liegen. Auch die Eingriffe des Europäischen Gerichtshofes in die Souveränität der Nationalstaaten müssen beendet werden, um den Vorrang des deutschen Grundgesetzes und des nationalen Rechtes wiederherzustellen. Falls sich diese und andere grundlegende Reformansätze im bestehenden System der EU nicht in angemessener Zeit verwirklichen lassen, sollte auch ein Austritt Deutschlands (DEXIT) oder eine geordnete Auflösung der Europäischen Union und die Gründung einer neuen europäischen Wirtschafts- und Interessengemeinschaft in Erwägung gezogen werden. Die Entscheidung über den DEXIT muss im Sinne des Modells der direkten Demokratie aber letztlich bei den Bürgern liegen.

 

2. Welche kulturpolitischen Initiativen planen Sie im neuen Europäischen Parlament?

 

Unsere Initiativen werden sich an der Einsicht orientieren, dass die Identität der europäischen Nationen auf über Jahrhunderte gewachsenen kulturellen Traditionen gründet. Gerade hierin ist der kulturelle Reichtum Europas zu suchen. Die Kulturpolitik der EU hingegen verfolgt das Ziel, diese nationalen und regionalen Traditionen einer künstlich geschaffenen europäischen Einheitskultur unterzuordnen. Diese Art von ideologischer Kulturpolitik werden wir im EP als solche demaskieren und ihr Initiativen entgegensetzen, die den Unterschieden zwischen den europäischen Ländern gerecht werden.

 

Kulturpolitik ist in Deutschland vor allem Angelegenheit der Bundesländer. Eine Aufweichung des auch hier geltenden Subsidiaritätsprinzips lehnen wir ab, da diese stets mit mehr staatlicher Reglementierung und ideologischer Gängelung einhergeht. Entsprechend werden wir auch auf europäischer Ebene solche Initiativen unterstützen oder vorschlagen, die eine finanzielle Förderung nicht von direkten oder indirekten Bekenntnissen zum „europäischen Gedanken“ im Sinne der „Ever closer Union“ abhängig machen.

 

Die AfD setzt sich für den Erhalt und die Pflege des deutschen und europäischen Kulturerbes ein. Dazu gehört auch das immaterielle Kulturerbe, wie etwa Minderheitensprachen, Brauchtum, Volkstänze, Feste und Vereinswesen, Handwerk und Regionalkulturen.

 

Eine Kulturnation definiert sich nicht zuletzt über die eigene Sprache. Das Bestreben der AfD im EP wird deshalb sein, die deutsche Hochsprache und die historisch gewachsenen regionalen Dialekte als immaterielles Kulturerbe der Menschheit zu stärken und langfristig zu erhalten.

 

3. Welche Bedeutung messen Sie der Sicherung der Kunst-, Meinungs- und Informationsfreiheit zu? Welche Maßnahmen wollen Sie ergreifen, wenn die Kunst-, Meinungs- und Informationsfreiheit in Mitgliedstaaten der Europäischen Union eingeschränkt werden?

 

Die AfD tritt allen Versuchen entgegen, die Meinungs-, Kunst- oder Informationsfreiheit, insbesondere auch im Internet – außerhalb des rechtmäßigen behördlichen Einschreitens bei Verleumdung, übler Nachrede usw. – zu begrenzen. Die AfD wendet sich zudem gegen alle Bestrebungen, die freie Meinungsäußerung unter dem Deckmantel der Bekämpfung von sogenannter Hassrede im Internet und außerhalb einzuschränken. Vielfach geht es hier nicht um die Bekämpfung von Gewaltaufrufen oder sonstiger Straftaten, sondern schlicht um die Zensur missliebiger Meinungen.

 

Die Frage nach etwaigen Maßnahmen gegen Mitgliedsstaaten der EU kann pauschal nicht beantwortet werden, weil es hier immer einer Einzelfallprüfung bedarf. Nicht alles, was z. B. in Deutschland als Einschränkung der Kunst-, Meinungs- und Informationsfreiheit dargestellt wird, ist auch als solche zu klassifizieren. Auf der anderen Seite gilt die Ausgrenzung von Meinungsäußerungen, die als „(rechts)populistisch“ denunziert werden, hierzulande oft als gerechtfertigt, obwohl es sich de facto um einen Anschlag auf die Meinungs- und Redefreiheit handelt. Vor diesem Hintergrund ist mit Maßnahmen gegen Mitgliedsstaaten der EU äußerst vorsichtig umzugehen; sie sind nur in zweifelsfreien, gravierenden Fällen in Erwägung zu ziehen.

 

4. Befürworten Sie einen europäischen Förderfonds für Akteure aus Kunst, Kultur und kultureller Bildung, denen auf nationaler Ebene aus politischen Gründen die Förderung entzogen wurde oder verweigert wird?

 

Einem derartigen europäischen Förderfonds stehen wir mit Blick auf die bestehenden EU-Strukturen skeptisch gegenüber. Entscheidend in diesem Zusammenhang ist die inhaltliche Ausgestaltung eines solchen Förderfonds. Es besteht aus unserer Sicht die Gefahr, dass über ein solches Programm gezielt Akteure ausgewählt werden, die im Sinne der Ziele heutiger EU-Eliten und ihrer medialen Verstärker alimentiert werden, um „politisch genehme Zeichen“ zu setzen. Dass Akteure, die als „politisch unkorrekt“ einzustufen sind, bei der gegenwärtigen Ausrichtung der EU wohl kaum als Zielgruppe derartiger Förderungen ins Auge gefasst werden, ist ein weiterer Aspekt, der hier aus unserer Sicht negativ zu Buche schlägt. Mit anderen Worten: Diese Förderfonds drohen zu einem weiteren Instrument einer Politik zu werden, die wir als verfehlt betrachten.

 

5. Planen Sie Maßnahmen zur Sicherung des Medienpluralismus? Planen Sie Maßnahmen, um gegen die Gatekeeper-Position von Plattformen vorzugehen?

 

Ende März dieses Jahres hat der umstrittene Vorschlag zur Reform des EU-Urheberrechts im EU-Parlament eine Mehrheit gefunden. Laut Art. 13 dieses Reformwerks sollen Betreiber von Internetplattformen für unautorisierte Veröffentlichungen urheberrechtlich geschützter Werke durch ihre Nutzer haften.

 

Der Upload-Filter ist aus Sicht der AfD ein weiterer Schritt, um die freie Information im Internet zu beschränken. Immer mehr Inhalte sind nur über Bezahlschranken verfügbar. Aus Sicht der AfD darf das Internet als Medium der Kommunikation, Information und freien Meinungsäußerung abseits der Verfolgung von Straftaten keinerlei Beschränkung und Zensur unterliegen.

 

Wir machen uns deshalb für eine Plattformregulierung mit einem weitgehenden Behinderungs- und Diskriminierungsverbot stark. Anbieter von journalistisch-redaktionellen Inhalten sollten, sofern diese journalistischen Standards entsprechen, von „Intermediären“, also Suchmaschinen, Sozialen Netzwerken, Add-Portalen etc., nicht diskriminiert oder unterschiedlich behandelt werden können, auch wenn diese politisch missliebige Positionen vertreten.

 

6. Wie stehen Sie zur Einführung einer Digitalsteuer?

 

Das Ziel dieser Steuer liegt vor allem in der stärkeren Besteuerung von US-Internetkonzernen wie Google, Facebook und Amazon. Diese Fokussierung wirft unter anderem das Problem auf, dass bei einer stärkeren Besteuerung Gegenmaßnahmen zu befürchten sind, die deutschen Unternehmen in den USA schaden. Deshalb sollte man sich eher auf Maßnahmen gegen Gewinnverlagerungen dieser Konzerne konzentrieren, wie sie die AfD seit langem fordert.

 

7. Planen Sie urheberrechtliche Initiativen? Wenn ja, welche? Wenn nein, warum nicht?

 

Die EU-Urheberrichtlinie zeigt, wie unter dem Deckmantel einer Urheberrechtsreform Ziele transportiert werden, die weit über die Wahrung von Urheberrechten hinausgehen und geeignet sind, die Freiheits-, Meinungs- und Informationsfreiheit einzuschränken. Unsere Initiativen im EP werden deshalb darauf abzielen, diese Freiheiten zu bewahren und zu verteidigen. Um hier aber richtig verstanden zu werden: Selbstverständlich sind wir der Meinung, dass geistiges Eigentum in ideeller und materieller Weise geschützt und honoriert werden muss. Wir werden deshalb ggf. auch Initiativen ergreifen, wenn wir dieses Recht bedroht oder eingeschränkt sehen.

 

8. Planen Sie Maßnahmen zur Sicherung der kulturellen Vielfalt bei Handelsverträgen mit Drittstaaten? Wie wollen Sie sicherstellen, dass nationale kulturwirtschaftliche sowie gemeinnützige Kulturstrukturen durch Handelsverträge mit Drittstaaten keinen Schaden nehmen?

 

Die Verhandlungen zum Transatlantischen Freihandelsabkommen (TTIP), um hier nur ein Beispiel zu nennen, lieferten Anhaltspunkte dafür, dass die kulturelle Vielfalt bei Handelsverträgen mit Drittstaaten in der Tat bewahrt und verteidigt werden muss. Die AfD vertritt die Auffassung, dass Bildung und Kultur aus Handelsverträgen soweit wie möglich auszuklammern sind. Die nationale Verantwortung für Bildung und Kultur darf nicht angetastet werden.

 

9. Welche Bedeutung messen Sie der Auswärtigen Kulturpolitik beim gemeinsamen Auswärtigen Dienst der EU zu? Sehen Sie hier einen Ausbaubedarf? Wenn ja, welche Maßnahmen planen Sie?

 

Die auswärtige Kulturpolitik Deutschlands muss zum Ziel haben, im Sinne einer kulturellen Verständigung mit anderen Völkern zu wirken. Goethe-Institute und zahlreiche regionale Kulturprojekte in aller Welt sollen ein positives Bild Deutschlands vermitteln. Davon profitieren Wirtschaft, Politik, Kultur und nicht zuletzt der Tourismus. Ein besseres Verständnis unserer kulturellen Werte, Traditionen und Geschichte trägt auch dazu bei, Vertrauen zu schaffen und Deutschland als zuverlässigen Partner zu empfehlen. Diese Ziele sind auch beim gemeinsamen Auswärtigen Dienst der EU in Anschlag zu bringen. Die Vermittlung einer abstrakten „europäischen Einheitskultur“ sollte unterbleiben.

 

Die AfD bekennt sich außerdem zur Fürsorgepflicht Deutschlands für die deutschen Minderheiten in aller Welt und wird deren Interessen mit Blick auf den gemeinsamen Auswärtigen Dienst der EU nachdrücklich unterstützen. Die Erhaltung und Förderung der deutschen Sprachkenntnisse in Gebieten mit deutschen Minderheiten sind dabei von besonderer Bedeutung.

10. Welche Maßnahmen zur Einbeziehung nationaler und europäischer zivilgesellschaftlicher Organisationen in die Beratungs- und Entscheidungsprozesse der europäischen Kulturpolitik werden Sie ergreifen?

 

Der Begriff der Zivilgesellschaft wird von der radikalen Linken bis in die Unionsparteien hinein inflationär gebraucht. Der Begriff stammt in seiner heutigen Verwendung zu guten Teilen aus dem marxistischen Diskurs Antonio Gramscis. Linken Aktivisten wurde damit nach dem Zusammenbruch des „real existierenden Sozialismus“ ein neues Agitationsfeld eröffnet. Die AfD steht diesem Begriff infolgedessen kritisch gegenüber.

 

Der wachsende Einfluss demokratisch nicht legitimierter zivilgesellschaftlicher Organisationen läuft auf eine fortschreitende Umgehung der nationalen Parlamente hinaus. Die AfD steht der Einbeziehung dieser Organisationen in die Beratungs- und Entscheidungsprozesse der europäischen Kulturpolitik deshalb kritisch bis ablehnend gegenüber. Vor einer Einbeziehung muss genau nach der Legitimation, den Finanzierungsquellen und der politischen Agenda der jeweiligen Organisation gefragt werden. Mit Blick auf die Anmaßungen und Fragwürdigkeiten einer „europäischen Kulturpolitik“ gilt aus Sicht der AfD im Übrigen das, was auf Frage 2 geantwortet wurde.

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