Ein wichtiger Vermittler

Das Goethe-Institut als Ermöglicher Auswärtiger Kultur- und Bildungspolitik

Die Zivilgesellschaft muss stärker Einfluss nehmen und gesellschaftliche Verantwortung und partizipatives Verhalten fördern. Für das Goethe-Institut sind zivilgesellschaftliche Organisationen enge Partner. Gegen Populismus und Extremismus werden auf europäischer Ebene Aktionen durchgeführt: Kongresse, Ausstellungen und Festivals in Prag, Warschau und Krakau, in Brüssel die große Konferenz „European Angst“ im Dezember, mit der Nobelpreisträgerin Herta Müller als Eröffnungsrednerin. Europa muss wieder ein Kontinent der Anerkennung, des Respekts und der Diskursfähigkeit werden. Und die Freiheit der Kunst ist nicht nur ein ästhetisches Phänomen, sie ist auch eine Aufforderung für eine gesellschaftliche Unabhängigkeit, die sich dem Humanismus verpflichtet fühlt und den extremen Strömungen entgegentritt. Dafür tritt das Goethe-Institut ein!

 

Diese Außenpolitik der Zivilgesellschaften im Sinn eines Verständigungs- und Regelwerks für einen verantwortungsbewussten Dialog, bei dem Bildung und Kultur eine fundamentale Bedeutung haben, findet besonders auch ihre Anwendung außerhalb Europas. Johann Wolfgang von Goethe liefert dazu das passende Zitat: »Wir lernen die Menschen nicht kennen, wenn sie zu uns kommen; wir müssen zu ihnen gehen, um zu erfahren, wie es mit ihnen steht.« Ohne kulturelles Verständnis, ohne Dialogfähigkeit wird unsere Welt immer weniger lesbar. Es braucht Menschen, die sich dem Dialog aussetzen, mit der Fähigkeit des Umgangs mit kulturellen Unterschieden.

 

Das Goethe-Institut setzt deshalb neben seinem Sprach- und Kulturprogramm zunehmend auf Residenzprogramme. Davon gibt es weltweit etwa 100 Programme mit längeren Aufenthalten deutscher Künstler und Wissenschaftler. Außenminister Steinmeier hat Künstlerresidenzen als entscheidende Knotenpunkte für die Außenkulturpolitik bezeichnet. Das Goethe-Institut verfügt inzwischen über mehrere Residenzhäuser: die Villa Kamogawa in Kyoto, die Kulturakademie Tarabya in Istanbul und seit November die Vila Sul in Salvador de Bahia. Neu sind Überlegungen für ein gemeinsames vom Auswärtigen Amt und Goethe-Institut formuliertes Konzept einer German Academy New York, das ein Residenzprogramm vorsieht und im früheren Sitz des Goethe-Instituts, der 5th Avenue, seinen Platz finden soll. Die Residenzhäuser sind kein arkadisches Refugium, sondern eher ein Basislager für Künstler und Intellektuelle. Es sind ehrgeizige Orte, die Zukunft schaffen. Das Goethe-Institut sieht sich hier durch die Unterstützung des Deutschen Bundestages ermutigt.

 

Bei Kultur und Bildung bilden neuerdings der Auf- und Ausbau von kultureller Infrastruktur und von digitalen Netzwerken und Plattformen einen besonderen Schwerpunkt – als vielfältigen Zugang zum Wissen, zum kulturellen Erbe und zur Qualifizierung von Kulturschaffenden. Durch die soziale Kraft der Kultur und die stabilisierende Wirkung von Bildung können auch Fluchtursachen bekämpft und eigenständige Gestaltungsräume in den jeweiligen Ländern geschaffen werden. In Afrika baut das Goethe-Institut besonders intensiv solche interregionalen Netzwerke auf. Hierzu einige Beispiele:

 

Moving Africa führt künstlerische Talente über Ländergrenzen hinweg zusammen, organisiert Festivals in Städten und macht sie international sichtbar. So stärken sie ihre eigenen Länder. Music in Africa ist eine digitale Plattform, die das Goethe-Institut mit seinen 25 Instituten in Subsahara-Afrika gemeinsam mit der Siemensstiftung geschaffen hat, welche die zeitgenössische afrikanische Musik zugänglich macht, die Biografien der Musiker vermittelt und Ausbildungsinhalte anbietet. Bis 2018 werden alle afrikanischen Länder beteiligt sein. Damit gibt es feste Arbeitsstrukturen und sowohl eine künstlerische als auch ökonomische Zukunft. Mokolo ist eine Internetplattform für den afrikanischen Film. Centers of Photography ist das neueste Projekt. Es soll jungen Menschen als Aus- und Fortbildungsstätte eine Qualifizierung in den Bildmedien geben, zugleich werden die Zentren über eine digitale Plattform vernetzt.

 

Die Beispiele zeigen, dass mit Kulturnetzwerken die Zivilgesellschaft gestärkt werden und durch die positiven Erfahrungen Eigenverantwortung gefestigt werden kann. Wichtig ist dabei die Kombination von realen Orten der Goethe-Institute als Frei- und Dialogräume mit den modernen Kommunikationsmöglichkeiten, um Reichweite und Austausch zu erzielen. Das Goethe-Institut ist Ermöglicher und gesuchter Partner und baut damit nachhaltige Bindungen auf.

Klaus-Dieter Lehmann
Klaus-Dieter Lehmann ist Präsident des Goethe-Instituts
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