Die nächste Runde zum Kulturgutschutzgesetz wurde eingeläutet

Das "Gesetz zur Neuregelung des Kulturgutschutzes" in der Diskussion der Bundesländer

Seit dem 4. November 2015 liegt nun der Regierungsentwurf des „Gesetzes zur Neuregelung des Kulturgutschutzgesetzes“ vor. Vom ersten unautorisierten Entwurf der BKM über den Referentenentwurf bis hin zum Regierungsentwurf wurde vieles verändert. Manches grundlegend, anderes eher klarstellend oder sprachlich. Eigentlich sollte man meinen, dass es im ganzen Prozess nur Gewinner geben sollte. Die BKM, die ihr Anliegen, ein modernes umfassendes Kulturgutschutzgesetz vorzulegen, umsetzen konnte. Die Verbände, die viele Anliegen im Gesetzgebungsverfahren ein- und unterbringen konnten. Die kulturpolitische Öffentlichkeit, in der erstmals so umfassend über das Erfordernis, über die Fußangeln aber auch die Fallstricke des Kulturgutschutzes debattiert wurde. Und auch die Länder, die noch einmal verdeutlichen konnten, welche Schätze sie besitzen und wie wichtig deren Schutz ist.

„Der Kunsthandel und private Sammler können offenbar den auch von ihnen erreichten lobbyistischen Erfolg nicht genießen (…)“

Der Kunsthandel und private Sammler können offenbar den auch von ihnen erreichten lobbyistischen Erfolg nicht genießen, sondern wollen alles oder gar nichts. Insbesondere sie haben daher die Hoffnung geschürt, dass die Länder umfassende Änderungen in die Beratung zum Kulturgutschutzgesetz einbringen werden. Doch weit gefehlt: Zwar hat beispielsweise die FDP-Fraktion als Oppositionspartei in den Niedersächsischen Landtag den Antrag „Kultur bewahren, Eigentum schützen, Änderungen des Kulturgutschutzes anpassen“ (Drucksache 17/4710) eingebracht, in dem unter anderem zu lesen ist, dass allein die Diskussion zum Kulturgutschutzgesetz zu einem Verlust an Werken in Höhe von 100 Millionen Euro geführt hat und sich daher deutlich negativ auswirkt. Wer die Ausschussempfehlung des Bundesrats zum Kulturgutschutz liest (Bundesratsdrucksache 538/1/15) muss allerdings feststellen, dass die Länder weniger den Handel mit Kulturgut im Blick haben als vielmehr ihre ureigenen Interessen als ausführende Stellen des Kulturgutschutzes. So soll nach der Beschlussempfehlung der Länder für die Eintragung nicht mehr vorausgesetzt werden, dass das einzutragende Kulturgut identitätsstiftend für die Kultur Deutschlands ist und im herausragenden kulturellen Interesse Deutschlands liegt. Diese Empfehlung erhielt im Bundesrat nicht die erforderliche Mehrheit. Das ist sehr gut so, denn diese Bestimmungen im Regierungsentwurf sollen dafür Sorge tragen, dass der Kulturgutschutz nicht inflationär gebraucht wird, sondern nur Kulturgüter unter Schutz gestellt werden, die von besonderem Wert für Deutschland sind.

 

Die Sachverständigenausschüsse, in denen Wissenschaftler, Vertreter aus Museen, dem Handel und Sammlern die Beratung zur Eintragung von Kulturgut führen sollen, sollen laut Bundesrat auf reine Beratungsgremien reduziert werden, sodass die eigentliche Entscheidung vom Land getroffen wird, wohingegen im Regierungsentwurf diesen Gremien deutlich mehr Kompetenz zugewiesen wird. Dieser Vorschlag fand eine Mehrheit im Bundesrat, sodass Bund und Länder sich nun verständigen müssen. Der thüringische Kulturminister Benjamin-Immanuel Hoff gab zusätzlich zu bedenken, dass es für kleinere Länder durchaus eine Herausforderung darstellt, die Sachverständigenausschüsse mit Fachleuten aus dem jeweiligen Land immer wieder neu zu besetzen, da nur eine Wiederberufung möglich sein soll. Es bleibt abzuwarten, ob sich der Bund hier bewegen wird.

 

Insgesamt kommt in der Bundesratsempfehlung ein spürbar etatistischeres Verständnis des Kulturgutschutzes zum Ausdruck als es im Regierungsentwurf der Fall ist. Die hochgesteckten Hoffnungen mancher Vertreter des Kunsthandels oder Sammler dürften sich nach Lektüre der Beschlussempfehlung des Bundesrats in Luft auflösen. Das wird vielleicht zu einer sachlicheren Debatte zum Kulturgutschutz beitragen. Die Schweiz, die ein strenges Kulturgutschutzregiment hat, ist trotzdem oder vielleicht gerade deshalb einer der führenden Handelsplätze des Kulturguthandels. Die Bundesregierung kommt in ihrem Bericht zum Kulturgutschutz zu dem Schluss, dass die Schweiz gerade aufgrund ihrer strengen Sorgfaltspflichten einen Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Kunsthandelsstandorten hat, da sie hohe Rechtssicherheit für alle Beteiligten bietet. Ein Argument, das so schnell nicht von der Hand zu weisen sein wird.

 

Auch wenn die klare Intention des Kulturgutschutzes die Verzahnung der Regelungen zur Ein- und Ausfuhr von Kulturgut ist, dreht sich die Diskussion vor allem um die Ausfuhr. Dabei zeigt die aktuelle politische Situation, dass dringend Regelungen bei der Einfuhr, insbesondere von archäologischem Kulturgut, von Nöten sind. Es geht zum einen darum, dafür Sorge zu tragen, dass archäologisches Kulturgut nicht mehr illegal nach Deutschland eingeführt und hier verkauft werden kann und zum anderen, dass der Zerstörung von archäologischen Sachzusammenhängen endlich Einhalt geboten wird. Was hier eine zwar schöne, aber wenig bedeutsame und oftmals auch preiswerte Scherbe sein kann, kann am Fundort, durch Fachwissenschaftler bearbeitet, ein wichtiger Schlüssel zur Erschließung des Lebens vergangener Epochen sein. Wir werden deshalb noch einmal genau überlegen müssen, ob die jetzt im Gesetzesentwurf vorgesehenen Wertgrenzen bei der Einfuhr archäologischen Kulturgutes nicht kontraproduktiv sind.

 

Im Jahr 2016 werden die Beratungen nach der Rückäußerung der Bundesregierung im Deutschen Bundestag geführt werden. Die hoffentlich öffentlichen Ausschussberatungen werden einen Eindruck von der Diskussion vermitteln. Spannend bleibt, wie sich die verschiedenen Akteure in die Beratungen einbringen werden. Der Deutsche Kulturrat hat in seiner Stellungnahme zur Neuregelung des Kulturgutschutzes (siehe auch Politik & Kultur 6/2015, S. 29) grundlegend positiv auf den Vorschlag aus dem Hause Grütters reagiert. Bleibt abzuwarten, wie die Debatten in den nächsten Runden verlaufen werden.

Olaf Zimmermann & Gabriele Schulz
Olaf Zimmermann ist Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates. Gabriele Schulz ist Stellvertretende Geschäftsführerin des Deutschen Kulturrates.
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