Die Sprachen Angolas

Portugiesisch im kulturellen Austausch mit den Bantu-Sprachen

 

Dies ist dieselbe Sprache, in der ich zu Ihnen spreche und schreibe und in der D. Afonso II. von Portugal am 27. Juni 1214 sein Testament verfasste. Und auch wieder nicht. Archaisch bewahrt sie in sich die Sehnsucht der Seefahrer auf, die sie zusammen mit Skorbut und Rosenkränzen zu uns brachten. Heute ist sie zugleich die gleiche und eine andere Sprache, die ich als Portungolano – unsere Errungenschaft oder unser Erbe – bezeichnen möchte. Ein natürlicher bantu-lusophoner Ausdruck eines sprachlichen Wandlungsprozesses, der heute auch den Einfluss der Frankophonie in der Grenzregion Angolas und das Carioca von Rio de Janeiro in unseren transkulturellen Dialog einbezieht.

 

Sprache ist stetem Wandel ausgesetzt, besser gesagt, einer Entwicklung. In Angola und in einer Gemeinschaft, die auf vier Kontinente verteilt ist, mit Ländern, die historisch alle mit der portugiesischen Kolonisation in Verbindung stehen – kann eine Art Transfusion bzw. Osmose eines pluriethnischen, linguistischen Plasmas festgestellt werden. Dieses neue linguistische Modell durchzieht zwei Sprachräume der Bantu-Lusophonie: Angola (expansive Bantu-Lusophonie) und Portugal (gemäßigte oder eingeschränkte Bantu-Lusophonie).

 

Im Wörterbuch der portugiesischen Sprache finden sich einige Wörter, die Angolas historischen Beitrag zur Bereicherung des symbolischen und imaginären Universums der portugiesischen Sprache widerspiegeln. Viele davon beziehen sich auf den Handel oder die wirtschaftliche Tätigkeit im Allgemeinen.

 

Dazu gehören Wörter wie jindungo (längliche, sehr scharfe Chilischoten), minhoca (Regenwurm), múcua (Frucht des Affenbrotbaums), semba (Tanz), bué (viel), alembamento (Heiratsantrag mit Mitgift), sanzala (ländliches Dorf) oder jinguba (Erdnüsse). Diese kurze Auflistung veranschaulicht sprachliche Lösungen, die sich aus dem Nebeneinander, einer Diffusion der portugiesischen Sprache mit den anderen Sprachen auf dem Gebiet Angolas im Laufe der Jahrhunderte ergaben.

 

Sprache und Markt
In seiner Analyse vermittelt Sebastião Coelhos uns einen wichtigen Sachverhalt: „Nachdem die portugiesische Sprache in der Unabhängigkeitserklärung vom 11. November 1975 zur ‚Amtssprache‘ erklärt wurde, hat diese sich schnell schrittweise etabliert. Der Status als ‚Sprache des Kolonialisierers‘ wurde in der Praxis zur ‚Verkehrssprache‘ und bald darauf zur vorherrschenden Sprache, die sich auch als Instrument der Alphabetisierung durchgesetzt hat. Zu Beginn des 3. Jahrtausends eroberte sie für mehr als 20 Prozent der Angolaner den Status der ‚Muttersprache‘ (heute können wir von 70 Prozent ausgehen). Zu dieser sprachlichen Dominanz hat der Handel mit importierten Gütern des täglichen Bedarfs beigetragen. Der Kauf und Verkauf dieser Produkte in der Sprache Camões, informell, vor der Haustür oder beim Händler in der Nachbarschaft, ist für die Verbreitung der portugiesischen Sprache verantwortlich und trägt maßgeblich dazu bei, das Gefühl der Angolanität zu bewahren.“

 

In Angola beobachten wir eine handelsbedingte Verjüngung oder Bantu-Erneuerung der Amtssprache, ein wechselseitiges Durchdringen der Nationalsprachen und des Portugiesischen. Die Kreativität des Volkes reagiert damit auf die Notwendigkeit, neue Berufe und Tätigkeiten zu benennen oder Waren des informellen Marktes. Dies ist etwa der Fall bei dem sehr populären Sandwich mit Hühnerfleisch, dem „magoga“. Als die ersten Mobiltelefone auf den angolanischen Markt kamen, damals noch mit Antenne, wurden sie „Motorolla“ genannt. Denn aus der Brotkruste schaute antennengleich ein gebratener Hühnerschenkel hervor. In der Folge der brasilianischen Telenovela Roque Santeiro und der Eröffnung des gleichnamigen größten Handelsplatzes unter freiem Himmel im südlichen Afrika entstanden neue Wörter wie Zungueiro (fahrender Händler), Candonga (in Kikongo pfiffig oder schlau, aber auch Anfänger, Neuling, Schüler, Lehrling; in Kimbundu Schlauheit), Quínguila (Geldwechsler für Dollar auf der Straße). In Vierteln, in denen mündliche Kaufverträge üblich sind, entwickelten sich Begriffe wie Kupapata (Motorrad-Taxi), Kixikila (Geldausleihen unter Arbeitskollegen), Bumbar (arbeiten), Tunga Ngó (Bauen ohne Genehmigung). Die beiden letzteren stammen noch aus der Kolonialzeit und sterben aus.

 

Transkulturalität im Migrations- und Grenzbereich
Transkulturalität zeigt sich auch im Austausch zwischen Volksgruppen. Hier ist das Wort „gasosa“ interessant, das ursprünglich für eine Limonade stand. In Angola ist es in fast allen wirtschaftlich-finanziellen Lebensbereichen präsent. Es beschreibt die Praxis, Buß- und Verwaltungsgelder in reduzierter Form als Bestechungsgelder direkt beim Ansprechpartner in der öffentlichen Verwaltung zu entrichten. Die gasosa ist eng mit dem Phänomen des sogenannten „cabritismo“ verbunden, der sich auf das Sprichwort: „Die Ziege frisst dort, wo sie angebunden ist“ bezieht. Positiv formuliert stellt die gasosa eine informelle Umverteilung des Einkommens aller Sozialgefüge dar. Sie kurbelt die nationale Wirtschaft und den Geldkreislauf an. Es ist bemerkenswert, dass wir genau diesen Begriff auch bei der Polizei in Namibia, in der Demokratischen Republik Kongo und in der Republik Südafrika finden. Die gasosa wurde von den Nachbarländern nicht übersetzt und im angolanischen Portugiesisch übernommen.

 

Über den internen Einfluss auf die südliche Region hinaus zog mit der Globalisierung und der Durchlässigkeit der Grenzen auch eine weltweite gastronomische Öffnung ein. Auf dem informellen Markt tauchte ein Wort auf, das in der Immigration des französischsprachigen Afrikas seinen Ursprung hatte: „cabrité“, gebratene Ziegenfleischstücke. Heutzutage hört man in Luanda nicht selten: „Ich werde eine Fahita (Sandwich aus arabischem Fladenbrot, von den Libanesen eingeführt) mit Kebab und Hummus essen.“

 

Dieser Text ist zuerst erschienen in Politik & Kultur 11/2019

 

José Luís Medonça
José Luís Medonça ist Journalist, Autor und Leiter der Zeitschrift "Cultura".
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