Vom Damals ins Heute

Es braucht ressourcenübergreifende Konzepte

Wesentlicher Bestandteil des kolonialen Erbes sind Taten. Und so wäre es ein wichtiger, ein überfälliger Schritt und einfach eine Frage von Respekt, die Verbrechen an den Herero und Nama endlich als das anzuerkennen, was sie waren: als Völkermord. Und zwar ohne Wenn und Aber. Denn ohne Respekt und ohne Anerkennung der eigenen Schuld ist Aufarbeitung nicht denkbar. Dieser Schritt würde unterstreichen, dass es die Koalition ernst meint, wenn sie verspricht, die Aufarbeitung der Provenienzen von Kulturgut aus kolonialem Erbe verstärkt voranzutreiben. Dass die Aufarbeitung der deutschen Kolonialzeit in den politischen, aber auch in den gesellschaftlichen Debatten eine immer größere Rolle spielt, ist gut und nicht zuletzt der unermüdlichen Arbeit von Nachfahren der Opfer und Initiativen wie „No Humboldt 21“ zu danken, die seit Jahrzehnten an die auf dem afrikanischen Kontinent begangenen Verbrechen gegen die Menschlichkeit erinnern.

 

100 Jahre nach dem Ende deutscher Kolonialherrschaft in Afrika braucht es ein ressortübergreifendes Konzept, das nicht nur Geschichte, sondern auch Gegenwart behandelt. Denn die Geschichte des Kolonialismus und der Rassismus von heute sind voneinander nicht zu trennen. Aber auch die Tatsache, dass in Afrika 400 Millionen Menschen in großer Armut leben, kann hier nicht ausgeklammert werden. Das Humboldt Forum bietet die Chance, den Bogen zu schlagen vom Damals ins Heute. Das kann und muss gelingen.

 

Dieser Text ist zuerst erschienen in Politik & Kultur 01-02/2019.

Simone Barrientos
Simone Barrientos, MdB ist kulturpolitische Sprecherin der Fraktion Die Linke im Deutschen Bundestag
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