Kommentar: So kann es nicht gelingen

Am 14. September 2019, dem 250. Geburtstag von Alexander von Humboldt, soll nach dem Willen von Wilhelm von Boddien das Stadtschloss in Berlin eröffnet werden. Ohne von Boddien würde es das rekonstruierte Stadtschloss in der Mitte von Berlin nicht geben. Beharrlich hatte er jahrelang Politiker bearbeitet, private Mittel für die Rekonstruktion der alten Schlossfassade versprochen und eine gute PR für die eigene Sache organisiert.

 

Der Deutsche Bundestag ist von Boddiens Vorschlag gefolgt und lässt das alte Preußen-Schloss gerade für 600 Millionen Euro neu entstehen. Architektonisch wurde eine Chance vertan, in der Mitte von Berlin ein zeitgenössisches, künstlerisch anspruchsvolles Gebäude zu errichten. Doch zu spät ist zu spät.

 

Um den architektonischen Schritt zurück zu kaschieren, wird das neue Schloss Humboldt Forum genannt. Die Brüder von Humboldt waren eindrucksvolle Persönlichkeiten und besonders Alexander war seiner Zeit weit voraus. Er war rastloser Forschungsreisender und Universalgelehrter. Er war der Erste, der Naturerscheinungen in große Zusammenhänge stellte. Er hat so einflussreiche Denker wie Charles Darwin, Henry David Thoreau und Ernst Haeckel tief geprägt. Er war der Vorbote der modernen Umweltschutzbewegung und er hat zeitlebens gegen die Sklaverei gekämpft.

 

Dass Alexander von Humboldt nun seinen Namen für das rekonstruierte Preußen-Schloss hergeben muss, hätte ihn, der viel lieber in Paris als Berlin lebte, wahrscheinlich nicht amüsiert. Sein Verhältnis zu Preußen war zumindest zwiespältig.

 

So reihte er sich beim Trauermarsch für die von der Staatsmacht Getöteten der Berliner Märzrevolution noch als fast 80-Jähriger mit ein, gleichzeitig lebte er aber von der Gunst des preußischen Hofes.

 

Jetzt sollen das Ethnologische Museum, das Museum für Asiatische Kunst, eine Berlin-Ausstellung und das Humboldt Labor der Universität in das Humboldt Forum einziehen. Erstaunlich bei dieser Zusammenstellung ist, dass das Wirken der Humboldtbrüder offensichtlich keine eigene Ausstellung wert ist und dass das wegweisende naturwissenschaftliche Wirken von Alexander weitgehend ausgeblendet wird.

 

Dafür ist jetzt eine notwendige und überfällige Auseinandersetzung über die ungeklärte Herkunft vieler Exponate aus der deutschen Kolonialzeit, die im zukünftigen Humboldt Forum untergebracht werden sollen, entbrannt.

 

Auch wenn die Zeit bis zur Eröffnung knapp wird, muss noch einmal intensiv über das Humboldt Forum nachgedacht werden. So kann es nicht gelingen.

Olaf Zimmermann
Olaf Zimmermann ist Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates und Herausgeber und Chefredakteur von Politik & Kultur.
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