Zu meinen Aufgaben gehört es, Verfahrensbevollmächtigte und Verbindungsperson zu europäischen und internationalen menschenrechtlichen Monitoringmechanismen zu sein, die die Einhaltung der Menschenrechte in Deutschland kontrollieren. Dazu kommt die menschenrechtliche Überprüfung aller Gesetzentwürfe der Bundesregierung. Da ich nicht für alle menschenrechtlichen Verträge zuständig bin, sondern nur für diejenigen, die ihren Schwerpunkt in den „klassischen“ Freiheits- und Gleichheitsrechten haben, bin ich mit meinem Team seit den 1970er Jahren im Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) angesiedelt.
Konkret heißt das: Ich bin Verfahrensbevollmächtigte der Bundesregierung vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg; mein Team und ich vertreten die Bundesregierung in Verfahren gegen Deutschland in Schriftsätzen und Plädoyers, schließen Vergleiche und sorgen für die Umsetzung der Urteile in Deutschland. Ich trete auch vor Vertragsausschüssen, den „Treaty Bodies“ der Vereinten Nationen in Genf auf. Auch hier gibt es Beschwerden von Einzelpersonen. Vor allem erstellen wir jedoch die deutschen Staatenberichte, erläutern diese in einer Anhörung und beantworten kritische Fragen der Ausschüsse. Das gilt für den Pakt über bürgerliche und politische Rechte, für das Übereinkommen gegen Folter, für das Übereinkommen gegen Rassendiskriminierung und für das Übereinkommen zum Schutz vor dem Verschwindenlassen.
Daneben bin ich Kontaktperson für einige Ausschüsse, die aufgrund von Besuchen die Einhaltung der Menschenrechte in Deutschland beurteilen: Europäisches Komitee zur Verhütung der Folter (CPT) des Europarates, UN-Unterausschuss zur Verhütung von Folter (SPT), deutsche Nationale Stelle zur Verhütung von Folter, Europäische Kommission gegen Rassismus und Intoleranz (ECRI). Schließlich arbeite ich mit der EU-Grundrechteagentur in Wien und dem Deutschen Institut für Menschenrechte in Berlin zusammen.
Mein Auftrag ist zunächst, auf der europäischen und internationalen Ebene darzulegen, dass Deutschland sich nicht nur auf die Menschenrechte verpflichtet hat, sondern dies auch umsetzt. Die wichtige Kehrseite: Auf der nationalen Ebene frage ich zur Erstellung der Berichte und aufgrund der Anforderungen der internationalen Mechanismen regelmäßig ab, in welcher Form die Menschenrechte umgesetzt werden und bringe ggf. nötige Verbesserungen zur Sprache. Dadurch und durch die Prüfung der Gesetzentwürfe und sonstiger Projekte der Bundesregierung auf die Vereinbarkeit mit den Menschenrechten tragen mein Team und ich zur Einhaltung der Menschenrechte in Deutschland bei.
Natürlich ist damit nicht alles gut – es ist offensichtlich, dass wir weltweit vor großen Herausforderungen stehen. Meine Erfahrungen haben mich gelehrt:
- Wir müssen internationale multilaterale Organisationen unterstützen und erhalten: Sie sind wesentliche Werkzeuge, um Krisen vorzubeugen und sie zu bewältigen, Frieden zu bewahren und die Verwirklichung der Menschenrechte zu unterstützen.
- Wir müssen überall da, wo es nötig ist, für die Verbesserung rechtsstaatlicher Strukturen eintreten. Dazu gehören auch gute Bedingungen für eine unabhängige nationale und internationale Justiz und für Behörden, zu deren Aufgaben die Einhaltung der Menschenrechte gehört.
- Menschenrechte müssen umgesetzt werden – und zwar immer: Sie sind Rechte auch und gerade für Minderheiten und für Menschen, die sich z. B. etwas haben zuschulden kommen lassen und denen der Mainstream der Politik nicht zugutekommt.
Dieser Text ist zuerst erschienen in Politik & Kultur 6/2018.