Wie unterstützen die Bundesländer jetzt die Kultur?

Die Länder sagen Hilfe zu

 

Hamburg

 

Die aktuelle Lage ist für uns alle außergewöhnlich. Die Auswirkungen für die Kultur und Kreativwirtschaft, die angestellten und freischaffenden Künstlerinnen und Künstler wollen wir so gering wie möglich halten, damit all die Kulturorte, die unsere freie Gesellschaft ausmachen, noch da sind, wenn wir diese Krise hinter uns lassen. Seitdem klar ist, dass die Kultureinrichtungen vorübergehend schließen müssen, sind wir in Hamburg mit Akteurinnen und Akteuren aus Kultur und Kreativwirtschaft im Austausch darüber, wie wir schnell und unbürokratisch helfen können. Der Senat arbeitet daher, wie auch der Bund, zahlreiche Stiftungen und Verbände, mit Hochdruck an Lösungen, die sicherstellen, dass die wirtschaftlichen Auswirkungen für Künstlerinnen, Kreative und Kultureinrichtungen abgefedert werden können.

 

Als ersten Schritt hat der Senat gleich in der Woche nach der Schließung der Einrichtungen einen Hamburger Schutzschirm mit umfangreichen Hilfsmöglichkeiten beschlossen. Da-runter das Instrument der Hamburger Corona Soforthilfen, die sich auch an Künstlerinnen und Kreative richten. Mit diesem Soforthilfeprogramm, das wir zusammen mit der hiesigen Investitions- und Förderbank auflegen, soll Freiberuflern, kleinen und mittleren Betrieben, die von der Corona-bedingten Schließung betroffen sind, schnell und unbürokratisch ein Zuschuss gewährt werden. Dieser staffelt sich nach der Zahl der Beschäftigten von 2.500 Euro für Soloselbständige bis zu 25.000 Euro für Betriebe mit 51 bis 250 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Diese Hilfe soll den Notfallfonds des Bundes sinnvoll ergänzen.

 

Die Behörde für Kultur und Medien schnürt zudem ein Hilfspaket im Wert von 25 Millionen Euro, mit dem wir überall dort direkt die Auswirkungen abfedern können, wo wir ohnehin schon fördernd tätig sind. Damit können wir auch über die Soforthilfe hinaus schnell und direkt z. B. Privattheatern und Clubs helfen. Weiterhin richten wir einen Nothilfefonds in Höhe von zunächst zwei Millionen Euro ein, mit dem auf Antrag Ausfälle ausgeglichen werden können, die durch andere Hilfsmaßnahmen nicht erfasst werden.

 

Hilfreich ist ganz sicher auch, dass für städtische Immobilien sofort entschieden wurde, dass hier auf Antrag die Miete gestundet werden kann – ein Beispiel, dem private Vermieter folgen sollten. Außerdem hat Hamburg analog zum Steuererlass von Bund und Ländern beschlossen, dass Gewerbetreibenden auch die städtischen Gebühren erlassen oder gestundet werden können.

 

Wichtig ist uns auch der Beschluss, dass alle Förderzusagen, die vor der Krise gegeben wurden, natürlich weiterhin gelten, auch wenn einzelne Projekte jetzt nicht oder nur in geänderter Form realisiert werden können. Das ist vor allem für die Einrichtungen und viele in der Freien Szene ein wichtiges Signal, dass wir ihnen solidarisch weiter zur Seite stehen.

 

Alles das soll die Förderinstrumente des Bundes, die Kreditangebote der KfW und die Notfallfonds möglichst passgenau ergänzen. Hierzu sind wir auf allen Ebenen im engen Austausch und stimmen die Instrumente gut aufeinander ab.

 

Außerdem werben wir dafür, dass die Einrichtungen und Künstlerinnen und Künstler auch die Hilfen in Anspruch nehmen – wie z. B. das Kurzarbeitergeld und die Grundsicherung –, die im Bund und in unseren Sozialsystemen ohnehin zur Verfügung stehen und die jetzt auch schnell auf die aktuelle Situation angepasst und vereinfacht worden sind.

 

Wir werden in den kommenden Wochen immer wieder nachsteuern und ergänzen müssen. Wir machen alles möglich, was nötig ist, um möglichst gut durch diese Situation zu kommen.

 

Carsten Brosda, Senator für Kultur und Medien Hamburg

 

Niedersachsen

 

Die Corona-Krise trifft die Kulturszene in Niedersachsen und im gesamten Bundesgebiet mit voller Wucht. Seit Mitte März ruht der Kulturbetrieb flächendeckend. Dies bedroht Millionen Existenzen im ganzen Land – vom Bühnentechniker über die Schauspielerin, vom Musikpädagogen bis zum mittelständischen Kulturveranstalter. Ausstellungen und Aufführungen werden abgesagt, das eingegangene finanzielle Risiko schlägt voll in die Bilanzen der Theater und Museen durch. Musik- und Kunstschulen, thea­terpädagogische Einrichtungen und soziokulturelle Zentren: Sie alle sind in größter Not. Themen wie Kurzarbeit und Zukunftsängste prägen die öffentliche Debatte.

 

Fest steht: In der Kulturszene werden Existenzen bereits nach kurzer Zeit des Stillstands vernichtet. Viele Kulturschaffende, gerade Soloselbständige, haben häufig schon im normalen Berufsalltag ein geringes Einkommen. Derzeit sinken für viele die Einnahmemöglichkeiten auf null.

 

Leider kann niemand verlässlich sagen, wie lange dieser – im Sinne der Gesundheit aller Bürgerinnen und Bürger zwangsläufig notwendige – Stillstand andauern wird.

 

Bund und Länder unterstützen Kulturschaffende mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln. Die Weichen dafür wurden im Rahmen der Kulturministerkonferenz am 13. März 2020 gestellt. Inzwischen haben Bund und Länder alle Hebel in Bewegung gesetzt, um zu helfen. Die Abstimmung zwischen den Bundesländern ist dabei außerordentlich eng. Hier zeigt sich eine Stärke des Föderalismus, denn es fällt nicht schwer zu glauben, dass die Herausforderungen in Stadtstaaten wie Hamburg oder Berlin andere sind als in einem Flächenland wie Niedersachsen mit seinen Hunderten von kleinen Museen, Kulturzentren und -initiativen.

 

In Niedersachsen haben wir uns bei der Entwicklung der Programme eng mit den Verbänden abgestimmt, damit die Hilfe auch da ankommt, wo sie am nötigsten gebraucht wird.

 

In Niedersachsen basiert die Landeshilfe für Künstlerinnen und Künstler auf zwei Säulen:

 

Die erste Säule richtet sich ausdrücklich nicht nur an gewerbliche Kleinunternehmer etwa der Kultur- und Kreativwirtschaft, sondern auch an Soloselbständige im Kulturbereich.

 

Die zweite Säule richtet sich explizit an Kultureinrichtungen, die von der Bundesförderung und der Förderung für Wirtschaftsunternehmen nicht umfasst sind. Hier haben wir kleine und mittlere Kultureinrichtungen und ihre Träger, wie z. B. Vereine im Blick, die sonst durch das Raster fallen würden. Ihnen helfen wir mit Einmalzahlungen dabei, ihre Liquidität zu sichern.

 

In begrenztem Umfang können die Nutzer der kulturellen Angebote, die derzeit zu Hause beim Unterhaltungsprogramm an das heimische Sofa gefesselt sind, auf digitale Angebote ausweichen. Viele Einrichtungen und Einzelkünstler nutzen die Krise für Experimente im Internet. YouTube und Instagram ersetzen dem Publikum den Gang ins Museum, die Vernissage und das Bühnenspektakel. Es ist ein gutes Zeichen, dass mehr und mehr Künstlerinnen und Künstler online zur kulturellen Entdeckungsreise durch Niedersachsen einladen. Dies bietet einen Ausblick darauf, was die Digitalisierung künftig in Theatern und Museen, in der Literaturszene oder im Bereich der kulturellen Bildung möglich machen wird.

 

Leider wird mit Online-Angeboten bislang noch kein oder kaum Geld verdient. Es würde mich freuen, wenn zukunftsweisende Angebote hohe Klickzahlen generieren würden, um den Künstlerinnen und Künstlern ein unüberhörbares Signal zu senden: „Wir schätzen eure Arbeit! Wir stehen euch bei! Wir freuen uns darauf, wieder gemeinsam Kunst und Kultur zu genießen und miteinander zu teilen!“

 

Ein Sprichwort sagt, dass man vieles erst dann vermisst, wenn es nicht mehr da ist. Auch wenn wir es nur mit einer temporären Unterbrechung des Publikumsbetriebs zu tun haben, wird in diesen Tagen doch deutlich, welchen Stellenwert Kultur in unser aller Leben hat: Kultur spendet Freude, Kultur stiftet Identität, Kultur definiert Heimat. Wir wollen mit unseren Anstrengungen und gezieltem Mitteleinsatz dafür sorgen, dass die Kulturszene in unserem Land breit, lebhaft und bunt ist!

 

Björn Thümler, Niedersächsischer Minister für Wissenschaft und Kultur

Vorheriger ArtikelIn Zeiten der Distanz sozial, solidarisch und systemrelevant bleiben
Nächster Artikel„Alles bricht weg“