41. KW: Ein heroischer Kampf um die Freiheit, gepaart mit Friedfertigkeit

  1. Ein heroischer Kampf um die Freiheit, gepaart mit Friedfertigkeit
  2. Wertewandel 1989 – 2025: Schwerpunkt in Politik & Kultur Oktober 2025
  3. Achtung: Gute Nachrichten!
  4. Wir müssen über Werte reden!
  5. Deutscher Kulturrat zu Vielfalt in der Sprache sowie zum Steuerrecht
  6. Jetzt beim bundesweiten Schulwettbewerb „Schreib für Hanau! Deine Worte für Zusammenhalt in Vielfalt“ mitmachen!
  7. JaAberUnd: „Alles Pixel – Was hat Retrocomputing mit Kultur zu tun?“
  8. Empfehlung: Die App zum Grünen Band
  9. Text der Woche: „Zeitgemäße Erinnerungskultur“ von Katrin Göring-Eckardt MdB
  10. Zum Schluss

 


 

Sehr geehrte Damen und Herren,

 

aktuelle Diskussionen um Ostdeutschland und die mittelosteuropäischen Staaten drehen sich sehr oft um die Frage, wie es sein kann, dass gerade in diesen Ländern autoritäre Parteien einen so großen Zuspruch finden, obwohl ihre Freiheitsbewegungen in den 1980er Jahren so stark waren. Bei der Bundestagswahl konnte anhand der Wahlergebnisse die ehemalige deutsch-deutsche Grenze nachgezogen werden.

 

Der Potsdamer Historiker Frank Bösch hat in dem viel beachteten Buch »Zeitenwende: 1979« herausgearbeitet, dass nicht 1989 als Umbruchsjahr gesehen werden sollte, sondern vielmehr der Blick auf ein Jahrzehnt zuvor gerichtet werden sollte. 1979 ist nicht nur das Jahr, in dem die Sowjetunion in Afghanistan einmarschierte, im Iran die Islamische Republik errichtet wurde und China auf den Weltmarkt drängte, es ist auch das Jahr, in dem sich die Proteste in Polen ausweiteten. Die Streiks in Danzig und die Gründung der polnischen Gewerkschaft Solidarność, sie sind die Vorboten für jenen Aufbruch, der dann mit dem Fall der Mauer auf den Höhepunkt zulief. Es schien für einen Moment, als sei das Ende der Geschichte erreicht, als sei die Blockkonfrontation am Ende, als sei eine friedliche Entwicklung möglich.

 

Auch in der DDR kam die Oppositionsbewegung nicht aus dem Nichts. Schon lange vorher hatten sich Menschen engagiert, hatten sich für Demokratisierung und mehr Mitsprache eingesetzt oder hatten sich einfach dem System entzogen. Gerade im Kunst- und Kulturbereich gab es nicht wenige, die nicht »mitmachten«.

 

Bei einer Journalistenreise 1987 lernte ich Künstlerinnen und Künstler in Leipzig kennen, die nicht dem Verband Bildender Künstler angehörten und damit offiziell nicht künstlerisch tätig sein durften. Sie lebten im Widerstand gegen den Staat, sie wollten einfach ohne Zwang frei künstlerisch arbeiten.

 

Der damalige Text, den ich im Auftrag der Zeitschrift „Kunst Köln“ anfertigte, war meine allererste Veröffentlichung. Hier können Sie den bald 40 Jahre alten Artikel nachlesen.

 

Als junger Galerist habe ich einige dieser widerständigen Künstlerinnen und Künstler in meiner Galerie in Köln ausgestellt. Viele ihrer eindrucksvollen Werke waren ohne DDR-Hintergrund schwer zu entschlüsseln, da sie es verstanden, subkutan Botschaften zu setzen. Die meisten dieser Künstlerinnen und Künstler konnten später im vereinigten Deutschland nicht reüssieren. Sie waren zu wenig stromlinienförmig, zu wenig angepasst, zu sehr auf sich und ihre Arbeit konzentriert, und, das gehört auch zur Wahrheit dazu, der Widerstand gegen den SED-Staat war auch eine Quelle der künstlerischen Inspiration. Mit dem Sterben des verhassten Regimes starb auch bei einigen die künstlerische Kraft.

 

Was waren diese besonderen Werte 1989? Gab es gemeinsame Werte? Ging es um Freiheit und Demokratie, oder stand für die DDR-Bürger die Freiheit des Reisens und des Konsumierens im Vordergrund? Wie schnell konnte aus »Wir sind das Volk« »Wir sind ein Volk« werden? Kam die Wiedervereinigung zu schnell? War sie eine Annexion der DDR?

 

Nach 35 Jahren deutsche Einheit am 3. Oktober dieses Jahres lohnt sich ein Blick zurück und zu reflektieren, welche Werte 1989 einen Aufbruch schufen, der so stark war, dass die sprichwörtliche Mauer fiel. Ich bin mir sicher, dass wir für die aktuellen Herausforderungen viel Kraft und Ideen aus der Besinnung auf die Werte 1989 schöpfen können. Die Mauer ist gefallen, ohne dass ein einziger Schuss viel, welch einmaliger heroischer Kampf um die Freiheit, gepaart mit Friedfertigkeit. Diese Werte sind bis heute ein weltweites Vorbild!

 

Im Schwerpunkt der Oktober-Ausgabe von Politik & Kultur geht es um das Thema „Wertewandel 1989 – 2025“. Dort beschäftigen wir uns aus unterschiedlichen Perspektiven und aus heutiger Sicht mit der Frage, welche Werte 1989 die damaligen Entwicklungen mitbestimmt haben, was diese Werte uns heute noch sagen bzw. ob und wie sie noch gelten oder sich verändert haben.

 

Ihr

Olaf Zimmermann
Geschäftsführer des
Deutschen Kulturrates

 


 

2. Wertewandel 1989 – 2025: Schwerpunkt in Politik & Kultur Oktober 2025

 

Die Autorinnen und Autoren sind:

 

  • Oliver Lepsius, Professor für Öffentliches Recht und Verfassungstheorie an der Universität Münster
  • Olaf Zimmermann, Herausgeber von Politik & Kultur und Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates
  • Axel Klausmeier, Direktor der Stiftung Berliner Mauer
  • Ilko-Sascha Kowalczuk, deutscher Historiker und Publizist
  • Marianne Birthler, Bürgerrechtlerin in der DDR und ehemalige Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR (BStU)
  • Ulrike Poppe, Gründungsmitglied des oppositionellen Netzwerks „Frauen für den Frieden“ in der DDR und erste brandenburgische Landesbeauftragte zur Aufarbeitung der Folgen der kommunistischen Diktatur (LAKD)
  • Florentine Schmidtmann, wissenschaftliche Referentin bei der Stiftung Berliner Mauer
  • Hartmut Dorgerloh, Generalintendant und Vorstandsvorsitzender der Stiftung Humboldt Forum im Berliner Schloss
  • Stephan Dorgerloh, evangelischer Theologe und Politiker
  • Sebastian Dorgerloh, Pflegedirektor und Mitglied der Betriebsleitung im Florence-Nightingale-Krankenhaus Düsseldorf-Kaiserswerth
  • Shelly Kupferberg, Journalistin und Moderatorin
  • Basil Kerski, Direktor des Europäischen Solidarność-Zentrums in Danzig
  • Markus Meckel, seit den 1970er-Jahren oppositioneller Politiker in der DDR sowie Mitinitiator der SPD
  • Jutta Braun, Historikerin und Leiterin der Abteilung »Regime des Sozialen« am Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam
  • Judith C. Enders, Initiative »Dritte Generation Ostdeutschland «, Verein Perspektive3
  • Moritz van Dülmen, Geschäftsführer der Kulturprojekte Berlin
  • Barbara Haack, Chefin vom Dienst von Politik & Kultur
  • Esther Schabow, Referentin für Erinnerungsarbeit, Kultur & Öffentlichkeit an der Kapelle der Versöhnung
  • Andrea Wieloch, Leiterin des Bereichs Ausstellung, Dialog und Kultur am neu gegründeten Zukunftszentrum für Deutsche Einheit und Europäische Transformation in Halle an der Saale
  • Patricia F. Blume, Buch- und Medienwissenschaftlerin; Universitätsbibliothek Leipzig
  • Judith Paletta und Martin Naundorf, Leiter/-innen des diesjährigen Auftakts für das nächste Festival OSTEN 2026
  • Grit Krause, freie Journalistin für den MDR und weitere Hörfunkanstalten

 

Hier können Sie alle Texte des Schwerpunkts online lesen

 


 
3. Achtung: Gute Nachrichten!

 

Der neue Bericht des Deutschen Kulturrates „Es geht voran. Sachstand Geschlechtergerechtigkeit in Kultur und Medien“ ist frisch aus der Druckerei gekommen und der Titel verrät die gute Nachricht: Es geht voran. Der Band macht aber auch deutlich: Es ist noch viel zu tun.

 

Der Bericht enthält Daten zur Geschlechtergerechtigkeit im Bereich von Kultur und Medien:

 

  • Wie steht es mit Frauen in Führungspositionen und der Partizipation von Frauen an der individuellen Künstlerinnen- und Künstlerförderung?

 

Neben zahlreichen Daten und Fakten enthält der Band Artikel von 38 Autorinnen und Autoren aus Verbänden, der Kulturverwaltung, der Kulturförderung und der Wissenschaft. Sie schreiben über die Situation in den einzelnen Bundesländern und die Lage in verschiedenen Sparten des Kulturbetriebs. Sie verdeutlichen, was bereits geschieht, um Geschlechtergerechtigkeit zu verwirklichen, und zeigen Handlungsbedarfe auf, um die Situation weiter zu verbessern.

 

Gabriele Schulz, Olaf Zimmermann (Hg.)
Es geht voran – Sachstand Geschlechtergerechtigkeit in Kultur und Medien
328 Seiten, ISBN- 978-3-947308-68-2, 22,80 Euro

 

 

  • Im Shop des Deutschen Kulturrates können Sie den Bericht bestellen
  • Hier geht es zur Buchvorschau
  • Hier können Sie eine ausführliche Rezension des mdr lesen

 


 
4. Wir müssen über Werte reden!

 

Diesen Mittwoch haben wir gemeinsam mit der Stiftung Berliner Mauer und Deutschlandradio unsere Oktoberausgabe vorgestellt und über das Schwerpunktthema „Wertewandel 1989-2025“ diskutiert.

 

Unsere Podiumsgäste diskutierten rege darüber, welche vielen kleinen Schritte in Richtung Freiheit zur Friedlichen Revolution führten und warum es auch heute, ebenso wie zur Zeit der Wende, unverzichtbar ist, über Werte wie Freiheit, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie zu sprechen.

 

Die Diskussion wurde von Deutschlandradio aufgezeichnet und wird in Kürze ausgestrahlt.

 


 

5. Deutscher Kulturrat zu Vielfalt in der Sprache sowie zum Steuerrecht

 

Steuerpolitik ist ein zentrales Instrument der indirekten Kulturförderung

Der Deutsche Kulturrat begrüßt, dass die Bundesregierung in dieser Legislaturperiode einen Schwerpunkt auf den Abbau von Bürokratie legen will. Vereinfachungen im Steuerrecht können einen wesentlichen Beitrag hierzu leisten. Sie können Kulturunternehmen und -einrichtungen, Künstlerinnen und Künstler, Kulturvereine, Verbraucherinnen und Verbraucher und nicht zuletzt die Verwaltung in Kommunen und Ländern sowie im Bund entlasten. Sie tragen zu Transparenz und Verständlichkeit und damit zur Akzeptanz steuerrechtlicher Regelungen bei.

 

  • Hier können Sie die vollständige Stellungnahme zum Steuerrecht 2025 lesen, und hier geht es zu den Steuerpolitischen Vorschlägen zum Jahressteuergesetz 2024.

 

Vielfalt in der Sprache schützen und fördern – Resolution des Deutschen Kulturrates zu geschlechtergerechter Sprache

Vor 20 Jahren hat Deutschland die UNESCO-Konvention zur kulturellen Vielfalt ratifiziert und sich damit verpflichtet, diese zu schützen und zu fördern. Zu kultureller Vielfalt gehört auch die Vielfalt der Sprache, die eine Möglichkeit ist, um die Bevölkerung in ihrer Vielfalt abzubilden und zu erreichen. Sprachliche Auseinandersetzungen in der Gesellschaft, zwischen Generationen und gesellschaftlichen Gruppen sind kein neues Phänomen, sie gehören zur lebendigen Demokratie. Maßnahmen zur Auflösung des strittigen Themas unterdrücken gesellschaftliche Diskussionen und Verständigungsprozesse.

 

  • Hier können Sie die ganze Resolution des Deutschen Kulturrates zu geschlechtergerechter Sprache lesen

 


 

6. Jetzt beim bundesweiten Schulwettbewerb „Schreib für Hanau! Deine Worte für Zusammenhalt in Vielfalt“ mitmachen!

 

Noch bis zum 9. November 2025 sind Schülerinnen und Schüler aller Schulformen und ihre Lehrkräfte dazu eingeladen, am Schulwettbewerb zum Kreativen Schreiben „Schreib für Hanau! Deine Worte für Zusammenhalt in Vielfalt“ gegen Rassismus und Ausgrenzung teilzunehmen.

 

Die Kinder und Jugendlichen sind aufgerufen, sich mit Themen wie Rassismus, Antisemitismus, Rechtsextremismus oder anderen Formen von Ausgrenzung auseinanderzusetzen und sich über das Schreiben für eine offene, demokratische und vielfältige Gesellschaft starkzumachen. Dabei sind jegliche Textformen willkommen – ob Kurzgeschichten, Tagebucheinträge, Reden, Gedichte, Poetry-Slam-Texte, Songtexte oder vieles mehr.

 

  • Hier geht es zur Ausschreibung.

 


 

7. Jetzt als Video: „Alles Pixel – Was hat Retrocomputing mit Kultur zu tun?“

 

Alles Pixel – Was hat Retrocomputing mit Kultur zu tun?  Darüber wurde am 13. September 2025 im Rahmen Classic Computing 2025 des Vereins zum Erhalt klassischer Computer e.V. diskutiert – bei „JaAberUnd“, der Debatten-Plattform von Politik & Kultur, der Zeitung des Deutschen Kulturrats.

 

Es diskutierten:

  • Hans Hübner, Vorsitzender Verein zum Erhalt klassischer Computer e.V.
  • Clemens Krause, Computermuseum Stuttgart
  • Olaf Zimmermann, Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, Herausgeber von Politik & Kultur

Moderation: Barbara Haack, Leitung Kommunikation Deutscher Kulturrat

 

 


 

8. Empfehlung: Die App zum Grünen Band

 

Ein multimedialer Reiseführer entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze!

 

Die App „Grünes Band“ erzählt interaktiv, offline nutzbar, kostenlos und werbefrei die Geschichte von Teilung, Grenzöffnung und Wandel, unterlegt mit vielen Audios, historischen Fotos, Karten und Zeitzeugeninterviews. Es ist die bislang umfassendste mediale Gesamtpräsentation der innerdeutschen Grenze und des Grünen Bandes.

 

  • Hier gibt es mehr Informationen über die App
  • Hier kann die App im Google Play Store runtergeladen werden

 


 

9. Text der Woche: „Zeitgemäße Erinnerungskultur“ von Katrin Göring-Eckardt MdB

 

Das Grüne Band ist seit 1989 zu einem wunderbaren und so wertvollen Denkmal im wortwörtlichen Sinn herangewachsen, dass gerade jetzt, in einer Zeit, in der wir so viel über Grenzen nachdenken, eine gute Gelegenheit dafür zu sein scheint, ihm gebührend Aufmerksamkeit zu schenken. Der ehemalige 1.378 Kilometer langen Grenzstreifen, der sich vom Vogtland bis an die Ostsee zieht und an dem Stacheldraht, Wachposten, Steine und Mauern abgebaut wurden, ist zu einem Ort mit über 150 Naturschutzgebieten und der Heimat unzähliger bedrohter Arten geworden.

 

Ein Ort der Doppeldeutigkeit. Als Denkmal, als Biotop und als räumlicher Beleg dafür, was Grenzen anrichten können – in diesem Fall anrichten konnten – wird er heute in weiten Teilen zudem auch als Naherholungsgebiet genutzt. Win-win, würde ich sagen, und ein beispielloses Denkmal, in dem Erinnerungskultur und Naturschutz in Deutschland erstmals in dieser Form, als gemischte Welterbestätte, aufeinandertreffen.

 

Katrin Göring-Eckardt MdB ist kulturpolitische Sprecherin von Bündnis 90/Die Grünen

 

  • Hier lesen Sie den ganzen Beitrag.

 


10. Zum Schluss

 

Unser Präsident Prof. Christian Höppner (links) vertrat den Deutschen Kulturrat beim Festakt zum Tag der Deutschen Einheit am 3. Oktober in Saarbrücken. Hier im Gespräch mit Kanzleramtsminister Torsten Frei, MdB.

 

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