KW 3: Niedergang der öffentlichen Infrastruktur, Engagement gegen Rassismus, Politik & Kultur

Themen im Newsletter:

  1. Lesetipp: Museum der Zukunft, Jüdischer Alltag, Modekultur – Themenvielfalt in Politik & Kultur
  2. Engagement gegen Rassismus: „HANAU – Schultheater für Zusammenhalt in Vielfalt“
  3. Lesetipp: Erinnerungskultur in der Stadt
  4. Dokumentation: „Friedhof als Fokus von Kulturpolitik: Geht das?“
  5. Politik & Kultur Dezember/Januar
  6. Text der Woche: »Ich habe nie das Exil für mich gewählt« Die myanmarische Schriftstellerin und Aktivistin Ma Thida im Gespräch

 


 

Sehr geehrte Damen und Herren,

 

wer den Niedergang der öffentlichen Infrastruktur hautnah erleben will, für den ist Berlin ein guter Beobachtungsort. Die öffentliche Verwaltung funktioniert nur, wenn überhaupt, teilweise. Wer zeitnah einen Termin beim Bürgeramt, so heißt euphemistisch die Stelle, bei der man in Berlin einen Pass oder Ähnliches beantragen muss, bekommt, kann sich wie ein Lottogewinner fühlen.

 

Der öffentliche Nahverkehr ist marode und ständig kommt es zu Zugausfällen und Sperrungen von Streckenabschnitten. Nun dürfen wir in Berlin am 12. Februar sogar noch einmal die Bezirksvertretungen und das Abgeordnetenhaus, also den Landtag, wählen, weil im vorletzten Jahr selbst die Durchführung der Wahl in den Sand gesetzt wurde. Ob auch die Bundestagswahl zumindest teilweise wiederholt werden muss, werden die Gerichte entscheiden. Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) prüft gerade, ob die neuerliche Wahl in Berlin von internationalen Beobachtern begleitet werden muss, um sicherzustellen, dass die demokratischen Prinzipien eingehalten werden. Es ist zum Schämen.

 

Marode sind in Berlin, und nicht nur dort, besonders die Schulen, Krankenhäuser, aber auch viele Kultureinrichtungen, wie Bibliotheken, Museen, Theater und Soziokulturelle Zentren. Doch statt die vielen Missstände, auch bei der kulturellen Infrastruktur, zu beseitigen, wird die Kultur in Berlin als Lückenfüller in einer verfehlten Baupolitik verheizt.

 

So hat der parteilose Berliner Wirtschaftssenator Stephan Schwarz gerade die grandiose Idee, das seit neun Jahren leerstehende Internationale Congress Centrum (ICC) einfach mit Kultur zu befüllen. Schwarz sagte, der Senat wünsche sich eine Nutzung für Kunst und Kultur, allerdings mit der Möglichkeit, auch Kongresse durchzuführen. Wenn nichts mehr geht, dann geht Kultur, scheint hier die Devise zu sein. Kultur als beliebige Zwischennutzung, die weichen muss, wenn lukrativere Nutzungen in Aussicht stehen. Weniger Wertschätzung für Kultur geht kaum noch.

 

Nun ist Berlin beileibe nicht die erste und einzige Stadt, die ehemalige Betriebseinrichtungen zu Kulturorten umwandeln will. Statt den Bestand endlich (auch energetisch) zu sanieren und, wenn es Bedarf nach neuen Kulturorten gibt, neu und zeitgemäß zu bauen, wird die Kultur auch an anderen Orten in Deutschland gerne in Schrottimmobilien abgeschoben. Gerade Industriegebäude aus der Gründerzeit werden, wenn der wirtschaftliche Zweck entfallen ist, zu Kulturorten umgewandelt. Oft sind sie dafür nur unuzureichend geeignet, was wir jetzt gerade in der Energiekrise schmerzlich merken.

 

Der Niedergang der öffentlichen Infrastruktur in Berlin und anderswo betrifft aber beileibe nicht nur den Kulturbereich. Städte können im wahrsten Sinne des Wortes verwahrlosen und diese Verwahrlosung färbt auch auf ihre Bürger ab. In diesem Sinne sind die Ausschreitungen in Berlin in der Silvesternacht auch ein Teil dieser Entwicklung und die Schuld liegt nicht nur individuell bei den straffällig gewordenen Jugendlichen.

 

Ihr

 

Olaf Zimmermann

Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates
twitter.com/olaf_zimmermann

 


 

1. Lesetipp: Museum der Zukunft, Jüdischer Alltag, Modekultur – Themenvielfalt in Politik & Kultur

 

Jede Ausgabe von Politik & Kultur widmet einem Thema einen ausführlichen Schwerpunkt. Aus verschiedenen Perspektiven wird differenziert und kritisch auf das jeweilige Thema geblickt.

 

Hygienekultur im Laufe der Zeit, Museum der Zukunft, Archäologie, documenta fifteen, gegen Rassismus und für Vielfalt, Jüdischer Alltag in Deutschland und Modekultur sind dabei nur einige Beispiele der vielfältigen Themenschwerpunkt.

 

  • Stöbern Sie hier durch unsere Themenvielfalt.

 


 

2. Engagement gegen Rassismus: „HANAU – Schultheater für Zusammenhalt in Vielfalt“ 

 

Kulturstaatsministerin Claudia Roth und die Initiative kulturelle Integration laden in Kooperation mit dem Bundesverband Theater in Schulen und dem Deutschen Theater vom 6. bis 8. Februar 2023 zu einem bundesweiten Schultheatertreffen ein.

 

Anlässlich des dritten Jahrestags des rassistisch motivierten Anschlags in Hanau am 19. Februar 2020 führen Schultheatergruppen aus ganz Deutschland kurze Szenen zum Themenbereich Antirassismus, Antisemitismus oder Rechtsextremismus am 7. Februar 2023 um 18 Uhr in den Kammerspielen des Deutschen Theaters Berlin auf. Das Projekt zielt auf das aktive Engagement von jungen Menschen gegen Menschenfeindlichkeit und Ausgrenzung.

 

  • Nähere Informationen finden Sie hier.

 


 

3. Lesetipp: Erinnerungskultur in der Stadt

 

Wie prägt Kolonialismus immer noch unsere Gegenwart? Wie kann erfolgreich eine Dekolonialisierung in der Stadt gelingen?

 

Das auf fünf Jahre angelegte Projekt „Dekoloniale Erinnerungskultur in der Stadt“ hat Halbzeit. Es zeigt am Beispiel von Berlin – dem administrativen und wirtschaftlichen Zentrum wilhelminischer Imperialpolitik –, welche Spuren und Einschreibungen des Kolonialen im städtischen Raum bis ins 21. Jahrhundert bestehen und wie diese aufgearbeitet werden können.

 

Politik & Kultur hat nachgefragt: Was wurde bisher erreicht? Wurden die Erwartungen an ein impulsgebendes Modellprojekt bestätigt? Was steht noch bis 2024 an und aus?

 

Lesen Sie hier die Antworten von Nadja Ofuatey-­Alazard (Each One Teach One), Tahir Della (Initiative Schwarze Menschen in Deutschland), Paul Spies (Stadtmuseum Berlin) und Christian Kopp (Berlin Postkolonial).

 


 

4. Dokumentation: „Friedhof als Fokus von Kulturpolitik: Geht das?“

 

Unsere Friedhofskultur ist identitätsstiftender, integraler Bestandteil unseres gesamtgesellschaftlichen Kulturverständnisses ­– und findet dennoch kaum größere kulturpolitische Beachtung. Woran liegt das, und was muss sich ändern, damit auch Friedhöfe ­ähnlich wie Theater und Museen in den kulturpolitischen Fokus rücken? Darüber durfte ich am Dienstag sprechen.

 

  • Schauen Sie 40 Minuten der Diskussion hier nach.

 


 

5. Politik & Kultur Dezember/Januar

 

Werfen Sie hier einen Blick in die aktuelle Ausgabe Politik & Kultur.

 

Themen:

 

  • Neustart Kultur
  • Hygienekultur im Laufe der Zeit
  • Fachkräftemangel in Bibliotheken
  • Dekoloniale Erinnerungskultur in der Stadt
  • Kulturszene in Japan
  • u.v.m.

 


 

6. Text der Woche: »Ich habe nie das Exil für mich gewählt« Die myanmarische Schriftstellerin und Aktivistin Ma Thida im Gespräch

 

Ma Thida wurde 1966 in Rangun im Süden Myanmars geboren, wo sie auch ihr Medizinstudium absolvierte. Als Ärztin und Redakteurin war sie an verschiedenen Demokratisierungsinitiativen in ihrem Heimatland beteiligt, was 1993 zu ihrer Verhaftung führte. Ihre Memoiren über die Zeit im Gefängnis erschien 2016 auf Englisch unter dem Titel »Prisoner of Conscience: My Steps through Insein«. Gegenwärtig lebt Ma Thida als Stipendiatin der Martin Roth-Initiative in Berlin. Patrick Wildermann spricht mit ihr über die Situation in Myanmar, ihren Mut und ihr Ziel, in ihr Heimatland zurückzukehren.

 

Ma Thida ist Autorin, Aktivistin und Stipendiatin der Martin Roth-Initiative. Patrick Wildermann ist freier Kulturjournalist.

 

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