23. KW: Welterbe

Mehr als ein Titel – Schutz des Welterbes geht alle an

  1. Welterbe: Mehr als ein Titel – Schutz des Welterbes geht alle an
  2. Schwerpunkt „Welterbe“ in Politik & Kultur 6/25
  3. Schreib für Hanau! Deine Worte für Zusammenhalt in Vielfalt
  4. Veranstaltungstipps auf dem Green Culture Festival
  5. Gastkolumne zu den aktuellen Herausforderungen in der Kulturpolitik
  6. 200 Jahre Börsenverein – Herzlichen Glückwunsch!
  7. Kulturmensch Sven Lehmann
  8. Kulturpolitische Buchempfehlungen für die Pfingsttage
  9. Text der Woche von Johann Hinrich Claussen

 


 

Sehr geehrte Damen und Herren,

 

seit 1978, dem ersten Eintragungsjahr, sind 1.223 Stätten weltweit auf der stetig wachsenden Liste des UNESCO-Welterbes verzeichnet. Von den 1.223 Welterbestätten sind 952 Kultur- und 231 Naturerbestätten.

 

Im Jahr 1978 wurde den ersten Stätten der Welterbetitel verliehen. Zu den ersten Weltkulturerbestätten gehören der Aachener Dom (Deutschland), die Felsenkirchen von Lalibela (Äthiopien), das Stadtzentrum von Quito (Ecuador), der Historische Nationalpark L’Anse aux Meadows (Kanada), das Historische Zentrum von Krakau (Polen), die Insel Gorée (Senegal) und der Nationalpark Mesa Verde (USA). Die ersten anerkannten Naturerbestätten sind der Nationalpark Simien (Äthiopien), die Galapagosinseln (Ecuador), der Nationalpark Nahanni (Kanada) und der Nationalpark Yellowstone (USA).

 

Dass die UNESCO-Welterbeliste nicht nur eine Liste der besonders »schönen« Erinnerungsstätten ist, wird daran deutlich, dass unter anderem auch Auschwitz-Birkenau – Deutsches nationalsozialistisches Konzentrations- und Vernichtungslager (1940-1945) (Polen) seit 1979 auf der Weltkulturerbeliste verzeichnet ist, ebenso wie das Nukleare Testgelände auf dem Bikini-Atoll (Marschallinseln) seit 2010 oder die im selben Jahr aufgenommene Welterbestätte Australische Strafgefangenenlager (Australien).

 

Drei Stätten wurden bislang von der Liste gestrichen, wozu leider auch eine deutsche Welterbestätte zählt. Gestrichen wurden die Kulturlandschaft Dresdner Elbtal (aufgenommen 2006, gestrichen 2009), das Wildschutzgebiet der Arabischen Oryx in Oman (aufgenommen 1994, gestrichen 2007) und Liverpool – eine maritime Handelsstadt in Großbritannien (2004, gestrichen 2021). Einzig die Kulturlandschaft Dresdner Elbtal wurde innerhalb eines Jahrzehnts in die Liste aufgenommen und wieder gestrichen – wegen des Baus der Waldschlößchenbrücke. Die Arroganz der damaligen Stadtoberen von Dresden – was brauchen wir schon den Titel, alle kommen auch so nach Dresden – ist mir noch gut in Erinnerung. Verkannt wurde, dass ein UNESCO-Welterbetitel weit mehr ist als ein netter Tourismusgag.

 

Die »Top Ten« der Länder mit Welterbestätten führt mit 60 Stätten Italien an, dicht gefolgt von China mit 59. Auf dem dritten Platz liegt schon Deutschland mit 54 Stätten und direkt danach Frankreich mit 53. Darauf folgt Spanien mit 50 Stätten, Indien mit 43, Mexiko mit 35, Großbritannien mit 34, Russland mit 32 und der Iran mit 28 Stätten. Diese Liste offenbart sogleich die Schieflage in der geografischen Verteilung der Welterbestätten. Unter den »Top Ten« sind einschließlich Russland sechs europäische Länder, aus Asien mit China, Indien und Iran drei und aus Süd- und Nordamerika ein Land. Weder ein afrikanisches Land noch Australien oder Ozeanien sind so stark mit Welterbestätten auf der UNESCO-Liste präsent.

 

Nicht umsonst wird daher bereits seit einigen Jahren von UNESCO-Mitgliedstaaten aus dem globalen Süden dringend angemahnt, bei der Nominierung und Aufnahme von Welterbestätte stärker darauf zu achten, dass die verschiedenen Weltregionen vertreten sind. Schließlich geht es um das Erbe der Menschheit und eben nicht um ein Tourismussiegel für herausragende europäische Kulturstätten.

 

Entscheidend für die Welterbestätten ist aber nicht nur die Aufnahme als Welterbestätte, sondern der dauerhafte Erhalt und die Vermittlung des Welterbes. Der Titel ist eine dauerhafte Verpflichtung, das Erbe der Menschheit zu schützen, zu bewahren und zu vermitteln. Hierfür sind natürlich auch ausreichend finanzielle Mittel notwendig. Und wofür liegt eine Förderung des Bundes mehr auf der Hand als für Orte der Weltkultur, deren Bedeutung über den regionalen Bereich weit hinaus gehen.

 

Im ersten Entwurf des Koalitionsvertrages der neuen Bundesregierung stand deshalb noch folgerichtig: »Wir werden … den Reichtum des UNESCO-Welterbes erhalten.« Im verabschiedeten Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD dann kein Wort mehr davon.

 

Ihr

Olaf Zimmermann
Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates
twitter.com/olaf_zimmermann

 


 

2. Schwerpunkt „Welterbe“ in Politik & Kultur 6/25

 

In der neuen Ausgabe von Politik & Kultur, der Zeitung des Deutschen Kulturrates, geht es schwerpunktmäßig um das UNESCO-Welterbe, um materielles und immaterielles Kulturerbe. Am Beispiel von Weimar, Dessau-Roßlau, Stralsund und Wismar und dem Aachener Dom berichten die Verantwortlichen über praktische Erfahrungen und Auswirkungen der Anerkennung als Weltkulturerbe. Es geht um die Entwicklung der Welterbekonvention und um unterschiedliche geografische Gewichtungen, die es auszugleichen gilt. Über das Grüne Band als Natur- und Kulturraum wird aus Kultur- wie aus Natursicht berichtet.

 

Im Schwerpunkt „Lebendiges Erbe“ schreiben folgende Autorinnen und Autoren:

 

  • Maria Böhmer, Präsidentin der Deutschen UNESCO-Kommission
  • Barbara Klepsch, Sächsische Staatsministerin für Kultur und Tourismus und Präsidentin der Kulturministerkonferenz
  • Brigitta Ringbeck, bis 2022 Beauftragte der Kultusministerkonferenz (KMK) sowie Leiterin der Koordinierungsstelle Welterbe im Auswärtigen Amt
  • Friederike Hansell, seit 2022 Beauftragte der KMK für das UNESCO-Welterbe
  • Caroline Jäger-Klein, Präsidentin von ICOMOS Austria und Universitätsprofessorin für Architekturgeschichte an der Technischen Universität Wien
  • Hubert Weiger, Ehrenvorsitzender des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND) und dessen Beauftragter für das Grüne Band Deutschland und Europa
  • Marlen Meißner, Leiterin der Abteilung »Erbe Natur Gesellschaft« bei der Deutschen UNESCO-Kommission
  • Sven Scherz-Schade, freier Kulturjournalist für Print, Hörfunk und Online
  • Jan Richarz, Dombaumeister des Aachener Doms
  • Steffi Behrendt, Leiterin des Amts für Kultur, Welterbe und Medien der Hansestadt Stralsund
  • Nadine Willing-Stritzke, Kulturamtsleiterin von Dessau
  • Ulrike Köppel, Leiterin des Stadtmarketings der Stadt Weimar
  • Ludwig Greven, freier Journalist und Autor
  • Olaf Zimmermann, Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates und Herausgeber von Politik & Kultur

 

Hier finden Sie alle Texte des Schwerpunktes.

 


 

3. Schreib für Hanau! Deine Worte für Zusammenhalt in Vielfalt

 

Bundesweiter Schulwettbewerb zum Kreativen Schreiben gegen Rassismus und Ausgrenzung ausgelobt

 

Der Wettbewerb ist Teil des Aktionstags Hanau, den der Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien gemeinsam mit der Initiative kulturelle Integration ins Leben gerufen hat, um die Namen der Opfer des Anschlags in Hanau vom 19. Februar 2020 nicht zu vergessen und ein deutliches Zeichen gegen jegliche Form von Rassismus und Ausgrenzung zu setzen. Kern des Aktionstags ist ein Wettbewerb an Schulen. Nach dem Schultheatertreffen „HANAU – Schultheater für Zusammenhalt in Vielfalt“ (2023), dem Kunstwettbewerb „Junge Kunst für Hanau“ (2024) und zuletzt dem Musikwettbewerb „Ohren auf für Hanau!“ (2025), steht nun das Kreative Schreiben im Zentrum des diesjährigen Schulwettbewerbs.

 

Infos zum Wettbewerb

 


 

4. Veranstaltungstipps auf dem Green Culture Festival

 

Nächste Woche findet das Green Culture Festival in der Zeche Zollverein in Essen statt. Unter dem Motto „Handabdruck der Kultur – Wer wollen wir gewesen sein?“ wird ein vielseitiges Programm geboten, mit zahlreichen spannenden Beiträgen, Workshops und Events. Ich darf auf zwei Veranstaltungen den Deutschen Kulturrat vertreten:

 

Stimmungsvoller Ausklang des ersten Tages mit Gästen aus Politik und Kultur

 

Am Donnerstagabend, den 12. Juni, findet eine festliche Soirée statt – mit Musik, Austausch, und verschiedenen Beiträgen, unter anderem von Kulturministerin Ina Brandes und Jakob Bilabel, Geschäftsführer der Green Culture Anlaufstelle. Auch ich werde an diesem Abend einen Impuls zur Rolle der Kultur im Kontext von Nachhaltigkeit geben.

 

Hier finden Sie weitere Information zur Veranstaltung.

 

 

Kunstformen der Natur

 

Unter dem Motto „Das Große im Kleinen entdecken“ gebe ich einen Einblick in die Kunstformen der Natur, die sich im Kleinen zeigt, in Lebewesen und in Pflanzen, die nur mit einer Lupe gesehen werden können.

 

Hier finden Sie weitere Information zur Veranstaltung.

 

 


 

5.  Gastkolumne zu den aktuellen Herausforderungen in der Kulturpolitik 

 

In diesem Mai begann vieles in der Kulturpolitik neu. Seit 6. Mai dieses Jahres ist Wolfram Weimer neuer Staatsminister für Kultur und Medien beim Bundeskanzler. Nachdem über 19 Jahre Abgeordnete des Deutschen Bundestags das Amt innehatten (Bernd Neumann 2005 – 2013, Monika Grütters 2013 – 2021, Claudia Roth 2021 – 2025), die in ihrer jeweiligen Fraktion verankert waren, ist nun wieder ein parteiloser Externer Kulturstaatsminister, der ähnlich dem ersten Kulturstaatsminister, Michael Naumann, aus der Welt des Wortes, der Medien und Bücher stammt. Wolfram Weimer hat sich, so ist zu hören, bereits seit längerem intensiv auf das Amt vorbereitet. Gut so, denn vor ihm liegen eine Reihe von Aufgaben.

 

In meinem Gastbeitrag für den Blog „ROTUNDE” der Evangelischen Akademie Tutzing gebe ich einen Überblick über die richtungsweisenden Entscheidungen, vor denen der neue Staatsminister für Kultur und Medien, Wolfram Weimer, steht.

 

  • Hier lesen Sie den ganzen Beitrag

 


 

6.  200 Jahre Börsenverein des Deutschen Buchhandels – Herzlichen Glückwunsch!

 

Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels feiert sein 200-jähriges Bestehen – als ältester Wirtschaftsverband Deutschlands und Stimme für Verlage, Buchhandlungen und den Zwischenbuchhandel. Wir gratulieren herzlich zu diesem besonderen Jubiläum!

In der aktuellen Ausgabe von Politik & Kultur widmen wir dem Börsenverein einen Fokus mit vielfältigen Einblicken in seine Arbeit.

Die Juni-Ausgabe mit dem Fokus „200 Jahre Börsenverein des deutschen Buchhandels“ steht hier als E-Paper zum Herunterladen bereit.

 

Veranstaltungstipp: Der heutige Jubiläumskongress

 

Gemeinsam mit Antje Flemming, Leiterin des Literaturhaus Hamburg und Julia Wissert, Intendantin am Schauspiel Dortmund diskutiere ich die Frage „Wie unabhängig sind unsere Kulturinstitutionen?

Hier finden Sie mehr Informationen zu der Podiumsdiskussion.

 

  • Zeit: HEUTE, Freitag, 06.06.2025, 11:30 Uhr
  • Ort: Wilhelm Studios, Kopenhagener Str. 60-68, 13407 Berlin

 


 

7. Kulturmensch Sven Lehmann

 

Sven Lehmann (Bündnis 90/Die Grünen) ist neuer Vorsitzender des Ausschusses für Kultur und Medien im Deutschen Bundestag. Er engagierte sich zunächst in der Kommunalpolitik in seiner Heimatstadt Troisdorf im Rhein-Sieg-Kreis. Auch wenn er bereits seit 2017 Mitglied des Deutschen Bundestags ist, bleibt er der Stadt Köln treu. »Köln ist meine Lebensader«, sagt er; die Stadt sei ein Ort der Vielfalt. Hier engagierte er sich u. a. für den Erhalt der denkmalgeschützten Rodenkirchener Brücke.

 

Bereits 1999 trat Lehmann den Grünen bei, er wurde Sprecher der Grünen Jugend NRW, von 2010 bis 2018 war er Landesvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen NRW. Im Deutschen Bundestag setzt er sich insbesondere für die Rechte von LSBTIQ* ein. Bis 2021 war er Sprecher für Sozialpolitik und Queerpolitik der Grünen Bundestagsfraktion; 2021 wurde er zum Parlamentarischen Staatssekretär bei der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend berufen, im Januar 2022 außerdem zum Beauftragten der Bundesregierung für die Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt. Lehmann engagiert sich auch in der Kinder- und Familienpolitik. Er war eng an der Erarbeitung der Kindergrundsicherung in der Grünen Bundestagsfraktion beteiligt. Sein Motto: »Ich arbeite jeden Tag für eine gerechte und freie Gesellschaft, in der alle Menschen verschieden sein können – aber gleich an Rechten und Würde.«

 

Es sei ihm eine große Ehre, den Vorsitz im Ausschuss für Kultur und Medien zu übernehmen, erklärte er gleich nach seiner Wahl. »Kultur und Medien sind die Stützpfeiler unserer demokratischen Gesellschaft. Sie fördern Zusammenhalt, kritisches Denken und kreative Freiheit. Die Medien garantieren öffentliche Debatte und demokratische Kontrolle. Gerade in Zeiten, in denen der rechte Kulturkampf immer stärker betrieben wird, müssen wir die Freiheit und Vielfalt der Kultur sichern und die Rahmenbedingungen für Kunst, Medien und Erinnerungskultur weiter verbessern. In Zeiten gesellschaftlicher Umbrüche kann eine starke Kulturpolitik Brücken bauen und ein neues Miteinander fördern.« Wir wünschen einen guten Start und eine glückliche Hand im neuen Amt!

 


 

8. Kulturpolitische Buchempfehlungen für die Pfingsttage

 

Kunstfreiheit – Zehn Jahre Debatten in Politik & Kultur

Wie ist es um die Kunstfreiheit bestellt? Der Band versammelt Beiträge aus zehn Jahren und vermittelt dadurch einen Eindruck von den unterschiedlichen Debatten und Akzentsetzungen zur grundgesetzlich verbrieften Kunstfreiheit.

 

 

Ohne Kultur keine Nachhaltigkeit

2015 hat die Weltgemeinschaft die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung verabschiedet. In 17 Nachhaltigkeitszielen hat sie konkrete Zielvereinbarungen getroffen. In diesem Sammelband wird der Frage nachgegangen, wie der Kultur- und Naturbereich gemeinsam die UN-Nachhaltigkeitsziele voranbringen können.

 

 

Mein kulturpolitisches Pflichtenheft

In dem Buch zeige ich welche Rahmenbedingungen die Arbeit auf der Kultur(politik)baustelle heute bestimmen, oder bestimmen sollten. Die Themenbereiche sind: Werte, Kunst, Medien, Handel, Bildung, Religion, Erinnerung, Digitales, Natur und Nachhaltigkeit.

 

 


 

9. Text der Woche: Die Gretchen-Frage – Der neue Kulturstaatsminister und die Religion von Johann Hinrich Claussen

 

Nun zu Wolfram Weimer, dem neuen Kulturstaatsminister: Um ihn kennenzulernen, habe ich mir sein letztes Buch »Sehnsucht nach Gott. Warum die Rückkehr der Religion gut für unsere Gesellschaft ist« (2021) besorgt. Hier nun eine kleine Inhaltswidergabe des schlanken Werks. Vorweg, es ist kein Skandal, wenn ein Kulturstaatsminister ein positives Verhältnis zur Religion hat. Denn das Christentum ist in Deutschland erlaubt. Die Frage ist nur, was Herr Weimer unter Christentum versteht und wie dies seine Kulturpolitik bestimmen könnte.

 

Hier lesen Sie den ganzen Beitrag.

 

Johann Hinrich Claussen ist Kulturbeauftragter der Evangelischen Kirche in Deutschland

 

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