11. KW: Im Kulturbereich ist Platz für alle + Schwarz-Rote Koalitionsverhandlungen: Und die Kultur? Eine erste Einschätzung

Themen im Newsletter:

  1. Im Kulturbereich ist Platz für alle
    + Schwarz-Rote Koalitionsverhandlungen: Und die Kultur? Eine erste Einschätzung
  2. Schwerpunkt in Politik & Kultur 3/25: Teilhabe in der Kultur
  3. Einladung: Eine europäische Nachhaltigkeitsstrategie für die Kulturpolitik?
  4. Der Kulturraum Friedhof in einer diversen Gesellschaft
  5. Buchempfehlung: Mein kulturpolitisches Pflichtenheft
  6. Text der Woche: „Wunderbare Entdeckung für deutsche Leser. Die Dichterin Alda Merini und ihre Notate aus der Psychiatrie“ von Johann Hinrich Claussen
  7. Zum Schluss …

 


 

Sehr geehrte Damen und Herren,

 

das Kulturangebot in Deutschland ist groß und vielgestaltig. Es wird von öffentlichen Kultureinrichtungen, von Kulturvereinen, von Kulturstiftungen oder von Kulturunternehmen verantwortet. Es ist traditionell, avantgardistisch, experimentell, mundartsprachlich, international. Es ist zum Lachen, zum Nachdenken, zum Ärgern, zum Mitfühlen, zum Reflektieren. Es spricht die verschiedenen Sinne an. Lädt zum Verweilen oder auch zum Mitmachen ein.

 

Eines ist das Kulturangebot in Deutschland aber ganz sicher nicht: Leitkultur. Dafür ist es zu verschiedenartig. Es ist vielmehr ein Zeichen der kulturellen Vielfalt, die durch die Menschen, die in Deutschland leben, egal ob lange, dauerhaft, kurz oder vorübergehend, geprägt wird.
Kulturanbieter wollen möglichst viele, am liebsten alle Menschen mit ihren Angeboten ansprechen. Diejenigen, die Programme entwickeln, diejenigen, die Kunst machen, sind fest davon überzeugt, dass eigentlich jedermann begeistert sein müsste.

 

Dennoch mangelt es einigen Einrichtungen nach wie vor an Barrierefreiheit, bestehen weiterhin Hürden, Institutionen zu besuchen. Seien es finanzielle Hürden, Sprachbarrieren oder weil das Angebot nicht ansprechend ist. Es ist wichtig und richtig, bestehende Hürden abzubauen. Der Zugang zu Kultur ist ein Menschenrecht, d. h. jeder, der Interesse hat, muss sich an Kunst und Kultur erfreuen können. Ohne Ausnahme, alle.

 

Wenn man die Diskussionen um Teilhabe verfolgt, kann allerdings der Eindruck entstehen, dass alle Besucherinnen und Besucher willkommen sind bis auf diejenigen, die schon da sind. Besonders oft hört man das Schlagwort, wir wollen die Stadtgesellschaft einbinden, was sich erst einmal gut anhört. Fragt man dann nach, wird oft deutlich, dass man eine sehr exklusive Vorstellung von dieser „Stadtgesellschaft“ hat. Die Alten, die weniger Diversen, die ohne Hochschulabschluss gehören oft nicht dazu.

 

Kulturanbieter stehen gerade mit Blick auf Teilhabe vor der Quadratur des Kreises, die nicht neu ist: Sie müssen das bestehende Publikum weiterhin binden und zugleich ein neues gewinnen. Die Kulturpolitik und die Kulturverwaltung sind insbesondere gefordert, die Kulturlandschaft vor Ort in den Blick zu nehmen. Abgesehen von der Anforderung der physischen Barrierefreiheit, also Zugangsmöglichkeit mit dem Rollstuhl, Induktionsschleife, Audiodeskription, barrierefreie Leitsysteme usw., der alle nachkommen sollten, sollten Kulturanbieter auch die Möglichkeit haben, sich an ein kleines, besonders interessiertes Publikum zu richten. Insbesondere wenn es um die öffentliche Kulturförderung geht, die daran festhalten sollte, „zu fördern, was es schwer hat“.

 

In Sonderheit öffentlich geförderte Kultureinrichtungen haben nicht nur die Möglichkeit, sondern geradezu die Pflicht, auch jener Kunst Raum zu bieten, die nur wenige Menschen anspricht. Kunst ist nicht leicht konsumierbar, und Kunst braucht nicht immer die pädagogische Vermittlung. In größeren Gemeinden besteht die Chance, dass aufgrund der zumeist vorhandenen unterschiedlichen Kultureinrichtungen, die einen sich eher an ein breites Publikum richten und die anderen zielgruppenspezifisch agieren. Beides rechtfertigt öffentliche Kulturförderung, beides ermöglicht Profilierung, beides findet seinen Platz und beides bietet Platz für alle.

 

Teilhabe von Kultur oder auch „Kultur für alle“ heißt nicht, dass jeder alles mögen und nutzen muss. Wesentlich ist, dass alle Menschen die Chance haben, ein Kulturangebot in Anspruch zu nehmen. Dazu zählt, dass sie davon erfahren, also die Öffentlichkeitsarbeit und das Angebot inklusiv sind. Dazu gehört, dass sie es sich leisten können müssen, also Ermäßigungen bei den Eintrittspreisen angeboten werden. Wer dann bereit ist, sich überraschen zu lassen, wird feststellen, dass im Kulturbereich Platz für alle ist.

 

Ihr

 

Olaf Zimmermann
Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates
twitter.com/olaf_zimmermann

 

PS: Schwarz-Rote Koalitionsverhandlungen: Und die Kultur? Eine erste Einschätzung.

  • Was wird bei Schwarz-Rot in der Kulturpolitik wichtig?
  • Was verrät die Besetzung der Verhandlungsteams bei den Koalitionsverhandlungen?
  • Kommt jetzt das Bundeskulturministerium?
  • Wer wird Kulturstaatsminister oder Kulturstaatsministerin?

 

Gestern Abend habe ich im Deutschlandfunk in einem Gespräch mit Vladimir Balzer eine erste Einschätzung gewagt. Hier können Sie das Gespräch nachhören (13. März 2025, 23:08 Uhr, Länge 13:32 Minuten).

 


 

2. Schwerpunkt in Politik & Kultur 3/25: Teilhabe in der Kultur

 

In der neuen Ausgabe von Politik & Kultur, der Zeitung des Deutschen Kulturrates, geht es um kulturelle Teilhabe. Welche Voraussetzungen gelten für eine inklusive Kultur? Welche Formate, Projekte und Ziele verfolgen unterschiedliche Kultureinrichtungen? Wie ist der Zusammenhang zwischen kultureller Bildung und Teilhabe? Wie sieht es aus mit kultureller Teilhabe für Erwachsene und für Senioren?

 

Autorinnen und Autoren sind:

 

 

  • Hier finden Sie alle Texte des Schwerpunktes.

 

  • Die März-Ausgabe von Politik & Kultur mit dem Schwerpunkt „Verbindungen schaffen: Teilhabe an Kultur“ kann hier als E-Paper (PDF-Datei) heruntergeladen werden.
  • Die Ausgabe 3/25 von Politik & Kultur in Papierform kann hier versandkostenfrei im Online-Shop des Deutschen Kulturrates bestellt werden.

 


 

3. Einladung: Eine europäische Nachhaltigkeitsstrategie für die Kulturpolitik?

 

Datum: Mittwoch, 19. März 2025
Uhrzeit: 18:00 bis 20:30 Uhr
Ort: Vertretung der Europäischen Kommission, Unter den Linden 78, 10117 Berlin

 

In der Dialogveranstaltung des Netzwerks Nachhaltigkeit in Kunst und Kultur (2N2K Deutschland) und der Europäischen Akademie Berlin geht es – gemeinsam mit dem Deutschen Kulturrat und der Deutschen Bundesstiftung Umwelt – um die Frage, welche Schwerpunkte die neue Bundesregierung über die weiterentwickelte nationale Nachhaltigkeitsstrategie setzen sollte.

 

Welche Bedeutung hat der Kulturbereich in der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie?; Welche Nachhaltigkeitsstrategie wird die künftige Kulturpolitik verfolgen?; Was kann hier auch der neue Kulturindikator in der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie leisten?

 

Das Programm:

 

18:00 Uhr Eröffnung der Veranstaltung

 

Grußworte

 

  • Barbara Gessler, Vertretung der Europäische Kommission in Deutschland (angefragt)
  • Dr. Christian Johann, Europäische Akademie Berlin (EAB)

 

Empfehlungen für die Kultur- und Umweltpolitik

 

  • Margarethe Kreuser, Initiative Culture4Climate (C4C)

 

Podiumsdialog

 

  • Constanze Fuhrmann, Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) (angefragt)
  • Dr. Ralf Weiß, Netzwerk Nachhaltigkeit in Kunst und Kultur (2N2K)
  • Olaf Zimmermann, Deutscher Kulturrat
  • Moderation: Kristina Kara

 

  • Hier können Sie sich anmelden.
  • Die Anmeldung ist bis zum 18.03.2025 möglich. Die Teilnahme ist begrenzt

 


 

4. Der Kulturraum Friedhof in einer diversen Gesellschaft

 

Seit März 2020 zählt die Friedhofskultur in Deutschland zum Immateriellen Kulturerbe. Die UNESCO-Auszeichnung würdigt die Friedhöfe nicht nur als Orte individuellen Trauerns und Erinnerns, sondern auch als bedeutende, vielfältige Kulturräume – beispielsweise als größte Skulpturenparks, biodiverse Naturoasen oder lebendige Geschichtsbücher.

 

Anlässlich des kleinen Jubiläums haben der Deutsche Kulturrat und das Kuratorium Immaterielles Erbe Friedhofskultur in Zusammenarbeit mit der Evangelische Kirche in Deutschland und dem Deutschlandradio gestern in die Turrell-Kapelle auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof in Berlin zu einer Podiumsdiskussion über die kulturpolitische Bedeutung dieser Kulturform eingeladen.

 

Es diskutierten:

  • Olaf Zimmermann, Geschäftsführer Deutscher Kulturrat
  • Britta Behrendt; Staatssekretärin für Klimaschutz und Umwelt Berlin
  • Tobias Pehle, Geschäftsführer Kuratorium Immaterielles Erbe Friedhofskultur
  • Kirsten Fehrs, Ratsvorsitzende Evangelische Kirche in Deutschland
  • Moderation: Dr. Hans Dieter Heimendahl, Kultur-Koordinator Deutschlandradio

 

Die Veranstaltung wurde aufgezeichnet und wird am Sonntag, den 16.3.2025 um 1:05 Uhr bei „Diskurs“ auf Deutschlandfunk Kultur ausgestrahlt. Danach ist die Diskussion hier über die Mediathek von Deutschlandfunk Kultur abrufbar.

 


 

5. Buchempfehlung: Mein kulturpolitisches Pflichtenheft

 

Vor dem Hintergrund der Koalitionsverhandlungen kann ein Blick in  „Mein kulturpolitisches Pflichtenheft“ vielleicht hilfreich sein. In dem Buch zeige ich, welche Themen unter welchen Rahmenbedingungen die Arbeit auf der Kultur(politik)baustelle heute bestimmen, oder bestimmen sollten.

 

Die Themenbereiche sind: Werte, Kunst, Medien, Handel, Bildung, Religion, Erinnerung, Digitales, Natur und Nachhaltigkeit.

 

Mein kulturpolitisches Pflichtenheft
978-3-947308-38-5, 216 Seiten, 19,80 Euro

 

  • Hier können Sie das Buch kostenfrei als PDF-Datei downloaden.
  • Hier können Sie das Buch versandkostenfrei im Online-Shop des Deutschen Kulturrates bestellen.

 


 

6. Text der Woche: „Wunderbare Entdeckung für deutsche Leser. Die Dichterin Alda Merini und ihre Notate aus der Psychiatrie“ von Johann Hinrich Claussen

 

In der Kunst wie im Leben ist es gut, wenn regelmäßig das Abseitige in die Mitte der Aufmerksamkeit gerückt wird. Doch das geschieht selten. Manchmal aber gibt es Wunder zu bestaunen. Wie zum Bespiel jetzt, wo die Deutschen endlich Alda Merini kennenlernen können. In Italien wird diese Dichterin seit Langem verehrt. Milva hat eine Reihe ihrer vertonten Gedichte in viele Ohren gesungen, so dass sie im Herzen Anker fanden. Zugleich steht Merini für ein schreckliches Kapitel der Medizingeschichte. Viele Jahre musste sie in psychiatrischen „Heil“-Anstalten verbringen – vor den Reformen der 1970er Jahre.

 

  • Hier lesen Sie den ganzen Beitrag.

 

Johann Hinrich Claussen ist Kulturbeauftragter der Evangelischen Kirche in Deutschland

 


 

7. Zum Schluss …

 

Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) wird finanziell gestärkt. Darauf hatten sich Bund und Länder bereits Anfang des Jahres geeinigt. Am Mittwoch haben Bundeskanzler Scholz und die Ministerpräsidentinnen und -präsidenten der Länder das zugehörige Finanzierungsabkommen unterzeichnet. Ab dem kommenden Jahr erhält die SPK damit 12 Millionen Euro zusätzlich.

 

Im Anschluss an die Ministerpräsidentenkonferenz hatte der Freistaat Sachsen zu einem festlichen Mittagessen anlässlich des 60-jährigen Jubiläums der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Israel geladen. Es waren gleich zwei sehr erfreuliche Ereignisse hintereinander.

 

Anschließend konnten wir einen Blick auf den noch in der Restaurierung befindlichen Pergamonaltar werfen. Im Frühjahr 2027 ist die Wiedereröffnung des Bauabschnittes A mit dem Nordflügel und dem berühmten Pergamonaltar geplant. Im Jahr 2037 soll das Haus wieder vollständig geöffnet sein.

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