Urheber- und Leistungsschutzrecht in der Informationsgesellschaft

Bonn, September 1998
* Die Stellungnahme wurde vom Sprecherrat des Deutschen Kulturrates vom 29.9.1998 verabschiedet.

 

I. Vorbemerkung

1. Die Technik wird in nächster Zukunft die Speicher- und Übertragungskapazitäten von Informationen aller Art nochmals dramatisch steigern. Dies gilt für Offline-Produkte (CD ROM, DVD etc.) ebenso wie für die insbesondere durch ISDN geschaffenen On-line-Möglichkeiten (TV, Radio oder Music on demand, Pay-per-view, Zugang zu digitalen Datenbanken oder virtuellen Bibliotheken etc.). Damit wird automatisch der Bedarf an „Inhalten“ immer größer. Bei diesen Inhalten wird es sich in der Regel um urheberrechtlich geschützte Werke aller Art handeln (Texte, Bilder, Musik, Filme). Nur wenn im Rahmen der neuen technischen Möglichkeiten auch genügend attraktive Inhalte (Programme) angeboten werden, werden sie auf ausreichende Akzeptanz bei den Nutzern stoßen. Es gilt:
„Inhalte werden nur dann in ausreichender Weise angeboten werden, wenn Rechte an geistigem Eigentum ausreichend geschützt werden. Verleger und Betreiber werden nur dann in innovative Dienste investieren, wenn sie sich sicher sind, daß die neuen Mittel zur Übertragung von Informationen und/oder zur Erbringung von Diensten ein angemessenes Maß an Schutz für den intellektuellen und industriellen Aufwand gewährleisten.“

Diese präzise den Kern treffende Quintessenz ist dem „Grünbuch zur Konvergenz der Branchen Telekommunikation, Medien- und Informationstechnologie und ihren ordnungspolitischen Auswirkungen“ der Europäischen Kommission vom 3.12.1997 entnommen. Dabei ist bemerkenswert, daß diese Aussage nicht etwa von der für Urheberrecht zuständigen Generaldirektion XV der Kommission stammt, sondern von der für Telekommunikation zuständigen GD XIII. In der Tat liegt ein angemessener Urheberrechtsschutz in der digitalisierten Informationsgesellschaft eben nicht nur im Interesse der Urheber und anderer Rechteinhaber, sondern insbesondere auch im Interesse der Nutzer und damit letztlich auch der Informationsvermittler. Ein funktionierendes Urheberrecht ist nicht Hindernis, sondern im Gegenteil Voraussetzung für eine günstige Entwicklung der Informationsgesellschaft.
Entgegen mancher Prognosen wird das Urheberrecht im Informationszeitalter also nicht verschwinden, sondern immer mehr an Bedeutung gewinnen.

 

2. Der Urheberrechtsverkehr wird immer internationaler. Angesichts der globalen Vernetzung spielt der geographische Standort einer Datenbank, eines Satellitensenders etc. keine Rolle mehr. Um den national wie europäisch relativ hohen Urheberrechtsschutzstandard zu halten und durchzusetzen, sind deshalb alle Bemühungen um eine internationale Stärkung des Urheberrechts und der Rechtsposition der Urheber und Rechteinhaber zu unterstützen. Der bisher schon erreichte acquis communautaire der Europäischen Union ist daher ebenso zu begrüßen wie das TRIPS-Übereinkommen von 1994 (Übereinkommen über handelsbezogene Aspekte über Rechte des geistigen Eigentums) und die beiden WIPO-Verträge vom Dezember 1996 (WIPO Copyright Treaty und WIPO Performers and Phonogram Producers Treaty). Bei allen internationalen Initiativen ist allerdings darauf zu achten, daß das Schutzniveau als solches angehoben wird und nicht etwa nur der Grundsatz der Inländerbehandlung oder eine Meistbegünstigungsklausel ohne Bezug auf die urheberrechtliche Basis etabliert wird. Nur in ersterem Fall kann erwartet werden, daß auch außerhalb der EU-Staaten das nationale Schutzniveau angehoben wird; in letzterem Falle bestünde die Gefahr, daß lediglich Rechteinhaber aus Staaten mit niedrigem Schutzniveau als „Trittbrettfahrer“ vom national oder europäisch hohen Schutzniveau profitieren.

 

3. Wegen der Zunahme von Vermittlerdiensten aller Art gewinnt die Frage nach der Haftung für Urheberrechtsverletzungen besondere Bedeutung. Im Informations- und Kommunikationsdienstegesetz (IuKDG) wurde die grundsätzliche Verantwortlichkeit von Diensteanbietern für eigene Inhalte (Content Provider) konstituiert, während die Haftung der Diensteanbieter für fremde Inhalte (Access und Service Provider) stark eingeschränkt wurde (§ 5 Telekommunikationsdienstegesetz). Der Deutsche Bundestag hat der Bundesregierung aufgetragen, die Auswirkungen dieser Regelung nach zwei Jahren zu evaluieren. Es wird sorgfältig zu beobachten sein, ob diese für das Haftungssystem untypische Norm auch auf Urheberrechtsverletzungen angewandt wird. Insbesondere wenn der Content Provider im Ausland sitzt, sollte eine schärfere Haftung des (inländischen) Service- bzw. Access-Providers geprüft werden.

 

4. Zur Vorbereitung des nationalen Urheberrechts auf die Anforderungen der Informationsgesellschaft haben bereits zahlreiche Diskussionen und Hearings stattgefunden. V.a. aber gibt es zu diesem Thema auf nationaler Ebene folgende drei Papiere:

  • 2. Zwischenbericht der Enquête-Kommission „Zukunft der Medien in Wirtschaft und Gesellschaft – Deutschlands Weg in die Informationsgesellschaft“ vom 30.6.1997 (BT Drucksache 13/8110 und – ausführlich – in „Neue Medien und Urheberrecht“ Band 3 der Schriften-reihe „Enquête-Kommission: Zukunft der Medien“, Bonn 1997); die Enquête-Kommission wurde durch Beschluß des Deutschen Bundestags vom 5.12.1995 eingesetzt und hat ihre Arbeit zum Ende der 13. Legislaturperiode abgeschlossen.
  • Schricker (Hrsg.) Urheberrecht auf dem Weg zur Informationsgesellschaft, Baden-Baden 1997; es handelt sich um eine vom Bundesministerium der Justiz im Juli 1996 in Auftrag gegebene Studie.
  • Dreier, Urheberrecht und digitale Werkverwertung, Bonn 1997; es handelt sich um ein Gutachten im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung.

 

Alle drei Papiere sind wesentliche Vorarbeiten zu einer Anpassung des Gesetzes über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (UrhG) vom 9.9.1965 (zuletzt geändert durch das 4. UrhRÄG vom 27.3.1998) an die Möglichkeiten digitaler Nutzungen und damit an die Gegebenheiten und Notwendigkeiten des Informationszeitalters.

 

II. Grundsätze

Es besteht Einigkeit darüber, daß das Urheberrechtsgesetz keiner grundsätzlichen Reform bedarf, um den Anforderungen des Informationszeitalters zu genügen. Die Enquête-Kommission legt dem Gesetzgeber zu Recht „eher vorsichtige Anpassungen nahe“. Solche Anpassungen des UrhG im Detail sind freilich dringend geboten, um den neuen digitalen Nutzungsmöglichkeiten angemessen begegnen zu können. Dementsprechend soll darauf hingewirkt werden, daß auch der Grundgedanke des § 81 Urheberrechtsgesetz in den Richtlinienentwurf ebenso wie in andere internationale Verträge aufgenommen wird. Dabei ist eine Anpassung des § 81 Urheberrechtsgesetzes mit Rücksicht auf die Entwicklung der Informationsgesellschaft zu prüfen.

 

1. Auch wenn die überwiegende Meinung schon nach geltendem Recht davon ausgeht, daß jegliches Zurverfügungstellen von urheberrechtlich geschützten Werken in Online-Diensten aller Art als „öffentliche Wiedergabe“ i.S. von § 15 Abs. 2 UrhG einzustufen ist, muß dies aus Gründen der Rechtssicherheit klargestellt werden. Diese Regel ist jetzt in Art. 8 des WIPO-Urheberrechtsvertrags zementiert. Die Kommission der EG hat am 10.12.1997 einen Vorschlag für eine Richtlinie vorgelegt, in dem diese Vorgabe des WCT und WPPT präzisiert wird. Danach schließt das ausschließliche Recht der öffentlichen Wiedergabe auch die „öffentliche Zugänglichmachung der Werke in der Weise, daß sie Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich sind“, ein (Art. 3 Abs. 1). Neben dieser unabdingbaren Klarstellung präzisiert der Richtlinienentwurf „insbesondere in bezug auf die Informationsgesellschaft“ (Art. 3 Abs. 1) auch das Vervielfältigungsrecht und das Verbreitungsrecht auf begrüßenswerte Weise.
Im Hinblick auf die erwünschte Internationalisierung des Urheberrechts (s.o. I. 2.) verdient eine europaweite Vereinheitlichung der Regelung von Online-Nutzungen den Vorzug. Wir begrüßen, daß auch das Bundesministerium der Justiz in seinem „Diskussionsentwurf eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Urheberrechts“ eine neue Vorschrift (§ 19 a) vorschlägt, in der ausdrücklich ein „Übertragungsrecht“ geschaffen wird. Damit wird gewährleistet, daß die dringende Umsetzung der WIPO-Verträge in wesentlichen Punkten zügig und unabhängig von Verzögerungen in der Beratung der EU-Richtlinie ermöglicht wird.

 

2. Das Urheberpersönlichkeitsrecht (§§ 12-14 UrhG) wird angesichts der Manipulationsmöglichkeiten durch die digitale Technik an praktischer Bedeutung gewinnen, weil der Nutzer der Authentizität und Integrität eines Textes sicher sein will, den er aus dem Internet abruft. Schon das Online-Zurverfügungstellen eines Werkes, also z.B. das Einstellen in das Internet, ist jedenfalls eine „Veröffentlichung“ im Sinne von § 12 UrhG und darf daher nur mit Zustimmung des Urhebers erfolgen. Dem Künstler ist es bei dieser Art der Veröffentlichung natürlich auch unbenommen, freiwillig zu bestimmen, daß er sein Werk zu weiterer, beliebiger Verwendung „freigibt“ (vgl. die Public-Domain Software). Ohne solch ausdrückliche Bestimmung muß es beim vollen Urheberrechtsschutz bleiben.

 

3. Auch die generellen Regeln des Urhebervertragsrechts in §§ 31 ff. UrhG bedürfen keiner Anpassung. Insbesondere das Prinzip, daß diese Regeln auch für Urheber in Arbeits- oder Dienstverhältnissen anzuwenden sind (§ 43 UrhG), muß auch für digitale Nutzungen unangetastet bleiben. Die hiervon in § 69b UrhG geschaffene Abweichung rechtfertigt sich nur aus der Andersartigkeit des Produktes Computerprogramm im Verhältnis zu den übrigen urheberrechtlich geschützten Werken und nicht wegen andersartiger Nutzungsformen; sie muß daher eine Ausnahme bleiben.

 

4. Technische Hilfsmittel, um den Zugang zu Datenbanken zu steuern bzw. die Weiterverwendung von aus Datenbanken abgerufenen Informationen zu verfolgen, sind bereits in der Erprobungsphase. Der Gesetzgeber muß dafür sorgen, daß diese technischen Maßnahmen der Verschlüsselung (Encrypting) nicht umgangen, digital watermarks nicht beseitigt werden. Das Informations- und Kommunikationsdienstegesetz hat in Art. 3 mit dem Signaturgesetz einen ersten Schritt hierzu getan. Der schon zitierte EU-Richtlinienvorschlag (s.o. 1.) sieht in Art. 6 den Schutz solcher „technologischer Maßnahmen“ vor und sollte entsprechend in das deutsche UrhG übernommen werden.

 

5. „Die national wie international entstandenen Verwertungsgesellschaften werden auch im digitalen Kontext vielfältige Aufgaben erfüllen. Es werden gerade im Zusammenhang mit Multimedia auch neue Aufgaben entstehen wie etwa die Vermittlung von Rechtebündeln.“ Dieser Feststellung im o.a. 2. Zwischenbericht der Enquête-Kommission ist beizupflichten.

  • Die digitale Technik wird nicht nur das Verhalten der Nutzer verändern, sondern auch entscheidend die Tätigkeit der Verwertungsgesellschaften beeinflussen. Bei den bisher bekannten Arten der Massennutzung urheber-rechtlich geschützter Werke wie private Überspielung (Audio und Video) und Reprographie ist es unmöglich, die einzelnen Nutzungshandlungen zu registrieren. Die Tätigkeit der Verwertungsgesellschaften in diesem Bereich muß sich auf kollektive Verwaltung beschränken; nicht die tatsächliche Nutzung ist für Inkasso und Verteilung maßgeblich, sondern die objektive Möglichkeit der Nutzung. Demgegenüber ermöglicht die digitale Technik, jedenfalls im Online-Bereich, die Registrierung der einzelnen Nutzungsvorgänge und damit eine wesentlich individuellere Ausgestaltung sowohl des Inkassos (individuelle Preisgestaltung anstatt grob gerasteter Tarife) als auch der Verteilung (Zahlung für den einzelnen Nutzungsvorgang). Die Tätigkeit der Verwertungsgesellschaften wird sich von „kollektiver“ zu „zentraler“ Verwaltung bewegen.

 

  • Die digitale Technik ermöglicht nicht nur die Registrierung jedes einzelnen genutzten Werkes, sondern auch die Feststellung des Nutzers. Der Beachtung des Datenschutzes kommt deshalb besondere Bedeutung zu. Gerade Verwertungsgesellschaften können Garanten für die Einhaltung des Datenschutzes sein.

 

  • Die Rechtebeschaffung für multimediale Produkte bereitet wegen der Vielzahl der benötigten Rechte erhebliche Schwierigkeiten in der Praxis. Die Nutzer fordern deshalb die Einrichtung von one-stop-shops. Allerdings gibt es alleine in Deutschland schon 10 Verwertungsgesellschaften. Um den Bedürfnissen der Praxis zu entsprechen, haben sich hier neun Verwertungsgesellschaften zur Clearingstelle Multimedia für Verwertungsgesellschaften zusammengeschlossen. Diese CMMV funktioniert wie folgt:

 

Aus diesem Ablaufschema ergibt sich, daß die CMMV zunächst nur als elektronischer Briefkasten agiert, während die Lizenzierung unmittelbar durch die Rechteinhaber erfolgt. Um die Rechtebeschaffung und damit das Anfüllen der Technik mit Inhalten zu erleichtern, sollte erwartet werden, daß die CMMV zukünftig in die Lage versetzt wird, auch selbst Rechte (Lizenzen) zu vergeben. Solche Zusammenschlüsse auf nationaler Basis reichen aber nicht aus, da das Repertoire immer internationaler wird. Es sind daher Projekte zu begrüßen, in denen nationale Clearingstellen supranational zusammenarbeiten. Unter diesen Gesichtspunkten gewinnt das Projekt VERDI (Very Extensive Rights Data Information) im Rahmen des Programms der Europäischen Union „Info 2000“ besondere Bedeutung.

 

III. Schranken

Im Zuge der erwünschten Rechtsvereinheitlichung wäre es zweckmäßig, wenn auch die Schranken des exklusiven Urheberrechts für digitale Nutzungen einheitlich definiert würden. Auf solche Rechtsvereinheitlichung zielende Vorschläge – wie jetzt in Art. 5 des o.a. Richtlinienvorschlags der Kommission – sind daher grundsätzlich zu begrüßen. Solange eine solche Rechts vereinheitlichung allerdings nicht Platz greift, sind die Schrankenbestimmungen in §§ 45 ff. UrhG vom nationalen Gesetzgeber neu zu justieren. Das Gleichgewicht zwischen den Interessen der Rechteinhaber und den Interessen der Nutzer ist neu auszutarieren. Dabei sind auch die Interessen und Aufgaben wichtiger Werkevermittler, insbesondere Bibliotheken und Bildungseinrichtungen, angemessen zu berücksichtigen. Vor allem aber muß dabei regelmäßig der legitime Vergütungsanspruch des Autors bewahrt, wenn nicht gestärkt werden. Wenn durch verbesserte Technik die Zahl der Nutzungen steigt, muß sich dies auch in der Höhe der Vergütung widerspiegeln. Es darf nicht angehen, daß Tarife für private Überspielung und Reprographie seit über 12 Jahren unverändert im Gesetz festgeschrieben sind, obwohl sich die Nutzung in diesem Zeitraum deutlich erhöht hat.
Im folgenden werden die Bestimmungen benannt, für die eine Anpassung notwendig ist, wobei der Deutsche Kulturrat begrüßt, daß der oben erwähnte Entwurf eines 5. UrhÄG einige seiner Vorschläge bereits aufgegriffen hat.

 

1. § 46 UrhG (Schulbuchprivileg)
Frühzeitige praktische Erfahrungen mit der digitalen Technik sind unerläßlich, um die Jugend für das Informationszeitalter fit zu machen. Projekte wie „Schulen ans Netz“ sind daher begrüßenswert. Die Nutzung von Werken im Rahmen neuer Technologien muß daher auch im Rahmen von § 46 möglich sein. § 46 sollte dahingehend erweitert werden, daß privilegierte Sammlungen zustimmungsfrei in geschlossenen Systemen online für Schulen zugänglich gemacht werden können.
Derzeit können in Schulbücher gemäß § 46 UrhG nur „erschienene“ Werke aufgenommen werden. Lediglich online zur Verfügung gestellte Texte etc. können daher im Rahmen von § 46 UrhG nicht genutzt werden, da sie im Sinne von § 6 Abs. 2 nicht erschienen sind. § 46 UrhG sollte auf Werke, die öffentlich wiedergegeben werden (§ 15 Abs. 2 UrhG) ausgedehnt werden, da immer häufiger wichtige Texte etc. nur noch online zur Verfügung stehen werden.

 

2. § 47 UrhG (Schulfunksendungen)
Schulfunksendungen im traditionellen Sinne haben entscheidend an Bedeutung verloren (ein Indiz hierfür ist, daß sie in den Statistiken der Rundfunkanstalten seit 1991 nicht mehr gesondert ausgewiesen werden). Andererseits gewinnen Programme für Bildung und insbesondere Weiterbildung („Telelearning“) immer mehr an Bedeutung; öffentlich-rechtliche Sender sind sogar dazu verpflichtet, im bestimmten Umfang Bildungsprogramme anzubieten. So hat jüngst der Bayerische Rundfunk mit „BR-alpha“ einen eigenen Bildungskanal ins Leben gerufen. § 47 sollte daher entsprechend dieser neuen Entwicklung erweitert werden, damit zukünftig auch Bildungsprogramme im weiteren Sinne zu Fortbildungszwecken aufgezeichnet und wiedergegeben werden können. Allerdings sollte im Gegenzug die Löschungspflicht wieder – wie vor der Novelle 1985 – am Ende des laufenden Schuljahres bzw. Jahres eintreten. Sollen die Aufzeichnungen länger aufbewahrt werden, ist – wie vorgesehen – hierfür eine angemessene Vergütung zu bezahlen.

 

3. § 49 UrhG (Pressespiegel)
Immer öfter werden Pressespiegel nicht mehr in Papierformat gefertigt, sondern in elektronischer Form: die interessierenden Artikel werden in einen zentralen Speicher eingescannt und können von den einzelnen Berechtigten auf ihren Bildschirmen abgerufen und gegebenenfalls auch ausgedruckt werden. Unter dem Gesichtspunkt der Informationsfreiheit und insbesondere einer raschen Information sollte in § 49 klargestellt werden, daß auch solche elektronischen Pressespiegel privilegiert sind.

 

4. § 53 UrhG (Vervielfältigungen zum privaten und sonstigen eigenen Gebrauch)
Um Mißbräuche zu verhindern, muß die bisher für (analoge) Vervielfältigungen in § 53 vorgesehene großzügige Regelung für digitale Vervielfältigungen deutlich eingeschränkt werden. Wie in einer gemeinsamen „Stellungnahme“ von Börsenverein des Deutschen Buchhandels, Deutschen Hochschulverband, VS in der IG Medien, VG Bild-Kunst und VG WORT gefordert, soll § 53 für digitale Vervielfältigungen wie folgt revidiert werden:

  • Ausnahmen können weiterhin zulässig sein für Vervielfältigungen zum (rein) privaten Gebrauch, da dieser auch im digitalen Umfeld nicht kontrolliert werden kann und soll.
  • Ausnahmen können weiter zugelassen werden zum persönlichen, nicht gewerblichen Gebrauch eines einzelnen Wissenschaftlers, soweit die Vervielfältigung zu diesem Zweck geboten ist. Nach Abwägung der Interessen der Beteiligten sollte im Hinblick auf die bestehende Rechtslage der persönliche Gebrauch eines einzelnen Wissenschaftlers auch im digitalen Umfeld privilegiert bleiben. Durch den Begriff „persönlich“ muß allerdings § 53 Abs. 2 Ziff. 1. insoweit eingeschränkt werden.
  • Zum Ausgleich für die kraft gesetzlicher Lizenz gemäß a) und b) gestatteten Vervielfältigungen ist in § 54a Abs. 1 UrhG klarzustellen, daß auch PCs wie elektronische Speichermedien für Vervielfältigungen im Rahmen von § 53 „bestimmt“ sind (und somit der Vergütungspflicht unterliegen).
  • Darüber hinaus soll die Möglichkeit, digitale Kopien für ein eigenes Archiv herzustellen, beibehalten werden.

 

5. § 56 UrhG (Vervielfältigung und öffentliche Wiedergabe durch Geschäftsbetriebe)
Geschäftsbetriebe müssen auch digitale Wiedergabe- und Aufnahmegeräte vorführen und reparieren können. § 56 ist daher auf Geräte zur digitalen Datenverarbeitung auszuweiten.

 

6. § 58 UrhG (Katalogprivileg)
Im Hinblick auf die tatsächliche Entwicklung sollte die Privilegierung von § 58 neben Werken der bildenden Kunst auch auf multimediale Werke ausgeweitet werden.

 

7. §§ 62 und 63 UrhG (Änderungsverbot und Quellenangabe)
Diese Bestimmungen, die unmittelbar Ausfluß des Urheberpersönlichkeitsrechts sind, müssen auch und gerade für digitale Nutzungen Gültigkeit behalten.

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