Referentenentwurf für ein Gesetz zur weiteren Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements: Stellungnahme des Deutschen Kulturrates

Berlin, den 21.01.2007. Der Deutsche Kulturrat, der Spitzenverband der Bundeskulturverbände, begrüßt, dass das Bundesministerium der Finanzen das Bürgerschaftliche Engagement mit dem nunmehr vorliegenden „Referentenentwurf für ein Gesetz zur weiteren Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements“ stärken und unterstützen will.

 

Bürgerschaftliches Engagement ist ein wesentlicher Bestandteil der demokratischen Gesellschaft. Der Zusammenschluss von Bürgerinnen und Bürgern in Vereinen und Assoziationen ist verfassungsrechtlich garantiert. Dies zeugt von der hohen Wertschätzung des Engagements der Bürgerinnen und Bürger für die Gemeinschaft.

 

Breite Bereiche des kulturellen Lebens beruhen auf bürgerschaftlichem Engagement. Zu denken ist etwa an die Kunstvereine, an Literarische Gesellschaften und Autorenvereinigungen, an Musikvereine, Amateurtheater usw. Darüber hinaus unterstützen Bürgerinnen und Bürger in Fördervereinen die Kultureinrichtungen vor Ort, sie setzen sich für den Denkmalschutz ein oder errichten Stiftungen zur Unterstützung von Künstlern bzw. künstlerischen Projekten. Ohne bürgerschaftliches Engagement wäre das kulturelle Leben ärmer.

 

Der Deutsche Kulturrat nimmt zu dem Referentenentwurf wie folgt Stellung:

 

Übungsleiterpauschale

Der Deutsche Kulturrat begrüßt die geplante Anhebung der so genannten Übungsleiterpauschale (§3 Nr. 26 EStG) von 1.848 Euro auf 2.100 Euro. Der Deutsche Kulturrat unterstützt darüber hinaus den Vorschlag der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag, den Kreis der Berechtigten auf Vereinsvorsitzende und andere Verantwortungsträger auszudehnen. Damit würde man der besonderen Verantwortung dieser Engagierten für die Vereine gerecht werden und zur Förderung des Gemeinwesens beitragen.

 

Erhöhung des Spendenabzugs

Der Deutsche Kulturrat begrüßt die geplante Erhöhung des Spendenabzugs auf 20% des Gesamtbetrags der Einkünfte bei Privatpersonen oder bei Unternehmen auf 2 Promille der Summe der gesamten Umsätze und der im Kalenderjahr aufgewendeten Löhne und Gehälter (§10b Absatz 1 a) EStG). Der Deutsche Kulturrat erhofft sich daraus eine stärkere Spendenbereitschaft.

 

Erhöhung des steuerlich absetzbaren Höchstbetrags für Spenden in eine Stiftung

Der Deutsche Kulturrat begrüßt, dass der steuerlich abziehbare Höchstbetrag für Spenden in den Kapitalstock einer Stiftung zum einen von 307.000 Euro auf 750.000 Euro erhöht werden und zum anderen – jedenfalls bei der Einkommensteuer – nunmehr auch für Zuwendungen an bereits bestehende Stiftungen gelten soll (§ 10b Absatz 1a EStG). Damit werden Anreize für Stifter geschaffen, beträchtliche Summen einer Stiftung zur Verfügung zu stellen. In den vergangenen Jahren ist die Zahl der Stiftungen deutlich gestiegen und es ist anzunehmen, dass auch in den nächsten Jahren viele weitere Stiftungen errichtet werden. Mit einer gemeinnützigen Stiftung wird dauerhaft Kapital einem gemeinwohlorientierten Zweck zugeführt. Im Kulturbereich übernehmen Stiftungen wichtige Aufgaben bei der Förderung des künstlerischen Nachwuchses, der Künstlerförderung sowie von künstlerischen Projekten. Die Bereitschaft von Stiftern ihr Geld, dauerhaft oder für immer einem gemeinnützigen Zweck zuzuführen, kann durch die geplante Neuregelung weiter gestärkt werden. Der Deutsche Kulturrat bedauert jedoch, dass der Bundesfinanzminister seine Zusage aus dem 10-Punkte-Programm „Hilfen für Helfer“ nicht eingelöst hat, die Möglichkeit des Spendenabzugs zu verdoppeln. Bislang können einmalig 307.000 Euro und über zehn Jahre hinweg 20.450 Euro steuerlich geltend gemacht werden. Insgesamt also eine Summe von 511.000 Euro. Bei einer Verdopplung des steuerlich absetzbaren Höchstbetrag in eine Stiftung bei gleichzeitigem Wegfall der Möglichkeit über zehn Jahre 20.450 Euro steuerlich geltend zu machen, hätte der steuerlich abziehbare Höchstbetrag bei über 1,2 Mio. Euro liegen müssen.

 

Weiter fordert der Deutsche Kulturrat die Streichung des Satzes 2 des § 10b 1a EStG des Referentenentwurfs. Dieser Satz würde eine Benachteiligung der Förderstiftungen nach sich ziehen, die nicht im Sinne der Förderung des Stiftungswesens und speziell der Förderung des gemeinnützigen Sektors durch Stiftungen sein kann.

 

Senkung des Satzes mit dem für unrichtige Zuwendungsbestätigungen gehaftet wird

Der Deutsche Kulturrat begrüßt, dass der Satz, mit dem Vereinsvorstände für unrichtige Zuwendungsbestätigungen und im steuerlichen Sinne fehlverwendete Mittel haften, von 40% auf 30% gesenkt wird (§10b Absatz 4, Satz 3 EStG). Dieser Satz wäre den tatsächlichen Steuerbelastungen angepasst.

 

Verbesserter Sonderausgabenabzug für Mitglieder von Kulturfördervereinen

Der Deutsche Kulturrat begrüßt die eindeutige Klarstellung in der Gesetzesbegründung, dass Körperschaften zur Förderung kultureller Einrichtungen grundsätzlich Kunst und Kultur fördern und eine eventuelle Gewährung von Vergünstigungen für den Besuch der geförderten Einrichtung der Beurteilung als Förderung von Kunst und Kultur nicht entgegenstehen. Der Deutsche Kulturrat erwartet im übrigen, dass bei der Prüfung, inwieweit kulturelle Betätigungen in erster Linie der Freizeitgestaltung dienen, die zuständigen Finanzämter vor Ort – wie bisher – gemeinwohlorientiert berücksichtigen, dass die Fördervereine eine gesellschaftlich relevante Dimension haben. Gerade im ländlichen Raum sichern die verschiedenen kulturellen Vereine das kulturelle Leben. Sie sind oftmals die einzigen Kulturveranstalter vor Ort und sind ein Teil der örtlichen kulturellen Infrastruktur. Die geplante Klarstellung in der Gesetzesbegründung ist ein positiver Ansatz zum Abbau von Bürokratie.

 

Der Deutsche Kulturrat geht davon aus, dass die Kulturfördervereine selbst dafür Sorge tragen, dass kein Missbrauch mit dieser Regelung betrieben wird. Im Mittelpunkt der Tätigkeit eines Kulturfördervereins steht die Förderung der Kultureinrichtung und nicht eine mögliche Ersparnis bei Eintrittsgeldern.

 

Erhöhung der Steuerfreigrenze für die wirtschaftliche Betätigung von Vereinen

Der Deutsche Kulturrat begrüßt, dass im Referentenentwurf eine Erhöhung der Besteuerungsgrenze für die wirtschaftliche Betätigung von Vereinen von 30.678 Euro auf 35.000 Euro vorgesehen ist (§ 64 Abs. 3 AO; § 67a, Abs. 1 AO; § 23a UStG). Dieses ist ein Schritt in die richtige Richtung. Der Deutsche Kulturrat unterstützt den Vorschlag der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, den Betrag auf 40.000 Euro anzuheben und eine Dynamisierung vorzusehen.

 

Änderung der Abgabenordnung

Der Deutsche Kulturrat begrüßt, dass die Abgabenordnung mit dem vorliegenden Referentenentwurf klarer gegliedert werden soll. Dieses trägt zum Abbau von Bürokratie bei. Der Deutsche Kulturrat fordert, dass wie bisher der Denkmalschutz wieder unter die in der Abgabenordnung aufgeführten gemeinnützigen Zwecke aufgenommen wird. Darüber hinaus hält es der Deutsche Kulturrat für erforderlich, dass die Auflistung der gemeinnützigen Zwecke nicht abschließend ist. Die Steuerbegünstigung gemeinnütziger Zwecke muss fortlaufend den aktuellen Anforderungen angepasst werden, da ansonsten die Gefahr besteht, dass neue Entwicklungen aus der Zivilgesellschaft, die gemeinwohlorientiert sind, nicht berücksichtigt werden.

 

Über die aktuell vorliegenden Vorschläge zur Reform des Gemeinnützigkeits- und Spendenrechts hinaus hält es der Deutsche Kulturrat für erforderlich, folgende weitere Aspekte zu berücksichtigen:

  • die Einführung einer verbindlichen Aussage zur Gemeinnützigkeit einer Organisation nach Prüfung der Satzung durch die Finanzbehörden. Laut geltendem Recht wird ein vorläufiger Bescheid ausgestellt und erst nach Vorlage der Steuerunterlagen des letzten Geschäftsjahres die Gemeinnützigkeit vom Finanzamt im Nachhinein festgestellt. D.h. konkret eine zivilgesellschaftliche Organisation ist letztlich immer gemeinnützig gewesen und nicht aktuell gemeinnützig, dieses führt gerade bei ehrenamtlichen Funktionsträgern zu Problemen;
  • eine Klarstellung, dass Dachverbände auch nicht gemeinnützigen Mitgliedern gegenüber Leistungen erbringen dürfen, ohne dass die eigene Gemeinnützigkeit daran Schaden nimmt;
  • eine Lockerung der zeitnahen Mittelverwendungspflicht. Hier wäre daran zu denken, dass eine zeitnahe Mittelverwendung auch dann gegeben ist, wenn die Mittel im übernächsten Kalender- oder Wirtschaftsjahr verausgabt werden.
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