Jetzt mehr Kultur in Radio, TV und Co

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk strukturiert das Programm um

 

WDR

 

Freie Künstlerinnen und Künstler, Theater, Opernbühnen und Museen, Kinos – sie alle werden durch die Covid-19-Krise vor eine gigantische Herausforderung gestellt. Kultur lebt vom gemeinsamen Erleben. Und dieses Miteinander liegt durch die aktuelle Krise am Boden. Nicht etwa, weil es kein Bedürfnis nach Kultur gäbe. Werfen Sie nur einen Blick in die sozialen Medien: Menschen setzen sich allein zu Hause ans Klavier oder an die Gitarre und streamen ihre Musik ins Netz; in Italien singen die Menschen vom Balkon herab miteinander. Kultur ist, ebenso wie verlässliche Information, ein entscheidendes Element unseres Zusammenlebens. Ein Bedürfnis, das auch ein Virus nicht aufhalten kann.

 

Die ARD legt großen Wert darauf, die vielen Facetten von Kultur in ihrem Programm zu zeigen und zu ihrer sinnstiftenden Funktion beizutragen. In der Corona-Krise haben wir die Verantwortung, eine neue Brücke zu schlagen zwischen Kulturschaffenden und Kulturliebhabern. Dafür haben die ARD-Sender verschiedene Aktionen gewählt: Sei es der MDR, der die Leipziger Buchmesse ins Programm geholt hat, nachdem die Messe abgesagt werden musste, sei es der rbb mit Übertragungen von gefährdeten Kulturevents.

 

Auch im WDR finden unsere Redaktionen ganz neue Wege, z. B. mit der „WDR 3 Kulturambulanz“. Diese Plattform soll ein Forum bieten für Künstlerinnen, Autoren und Kulturschaffende in NRW, z. B., wenn namhafte Autorinnen und Autoren im Homeoffice aus ihren Werken lesen. Unter #alleinimmuseum auf dem Instagramkanal @wdr3_im_museum können sich unsere Nutzerinnen und Nutzer mitnehmen lassen auf einen Rundgang durch verwaiste Museen. Von der Bundeskunsthalle in Bonn bis zum Zentrum für internationale Lichtkunst in Unna haben wir bei vielen Institutionen – trotz Schließung – offene Türen eingerannt. Mit weiterlachen.de schafft der WDR eine digitale Bühne für Kabarettistinnen und Comedians – und zu guter Letzt bereiten wir ein Experiment vor: Henry David Thoreaus „Walden“ als digitales Schwarmhörspiel, bei dem die Nutzerinnen und Nutzer ihren Teil zum großen Ganzen beitragen können.

 

Mit all dem wollen wir ein wenig Balsam auf die Seelen derjenigen geben, denen die aktuelle Situation Angst oder Sorgen bereitet. Aber uns ist nicht nur wichtig, dass die Kultur ihren Weg zu den Menschen findet – wir wünschen uns auch, dass die Kulturschaffenden heil aus dieser Krise herauskommen. Aus diesem Grund haben wir schnell in verschiedene Richtungen Signale gesetzt: Wir haben der Produzentenallianz, deren Mitglieder so wundervolle Spielfilme und Dokumentationen zu unserem Programm beitragen, schnell Unterstützung zugesagt. Ebenso wie unseren freien Autorinnen und Autoren und den Musikverlagen.

 

Alle Anstrengungen, die wir momentan machen, machen wir unter erschwerten personellen Bedingungen. Auch in den Sendern fordert Corona Tribut. Außenübertragungen sind weitgehend unmöglich, ebenso große Studioproduktionen. In den Sendern wechseln sich Teams ab, um die Ansteckungsgefahr zu verringern. Die gute Nachricht ist: Wir senden nach wie vor für die Menschen im Land. Wie viel wir unter diesen Bedingungen leisten können, müssen wir von Woche zu Woche neu bewerten – und hoffen dabei auf das Verständnis der Nutzerinnen und Nutzer.

 

Ein Gedankenanstoß zum Schluss. Vielleicht wird unser Miteinander, das zuletzt unter Hass und Spaltung so gelitten hat, an dem neuen Wir-Gefühl in Zeiten von Corona ein wenig genesen. Dieses Wir-Gefühl entsteht, wenn man sich aufmerksam zuhört. In einer Zeit, in der immer mehr Menschen andere niederbrüllen, möchte ich einen Wunsch äußern: Nutzen wir die viele Zeit zu Hause, um das Zuhören wieder zu entdecken. Vielleicht werden wir dann in einigen Monaten zurückblicken und merken, dass unser Miteinander ein anderes geworden ist – und hoffentlich ein besseres.

 

Tom Buhrow, Intendant des WDR und Vorsitzender der ARD

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