Antworten der SPD auf die 14 Forderungen des Deutschen Kulturrates

#1
Kulturelle Integration als Chance für gesellschaftlichen Zusammenhalt gestalten
Die Vielfalt von Lebensformen, Kulturen und Weltanschauungen bereichert Deutschland als Einwanderungsland und muss sich auch im Katalog der Kulturellen Bildung wiederfinden. Die Zuwanderung fördert die kulturelle Vielfalt unseres Landes und begründet eine große Chance, ist aber zugleich auch Herausforderung für den innergesellschaftlichen kulturellen Dialog. Kulturarbeit fördert Begegnungen und damit die Entwicklung von Empathie und Zugehörigkeit. Diese Arbeit muss dafür deutlich mehr Menschen als bisher erreichen, um den Dialog zwischen den Kulturen zu stärken. Wir wollen daher z. B. die Soziokultur und Bibliotheken als Begegnungsraum stärken. Generell muss die kulturelle Vielfalt noch besser in den Kultureinrichtungen, Programmen und Strukturen (Personal) verankern. Nur konkrete Erfahrungen und Begegnungen können dafür sorgen, dass Ängste vor dem Fremden und Anderen nicht weiter zu einer spürbaren Verunsicherung unserer Gesellschaft führen, sondern in Vertrauen in das gesellschaftliche und menschliche Miteinander münden. Kulturinstitutionen und Kulturprojekte können durch ihre Arbeit starke Motoren dieser Verständigung sein. Die Förderetats des Bundes sollen künftig auch strukturbildende Projekte unterstützen, z B. für die interkulturelle Öffnung von Kultureinrichtungen. Die weitere Öffnung der Kulturinstitutionen, z. B. mit Blick auf migrantische Publikumsgruppen und deren Einbeziehung in die Entwicklung und Konzeption eigener kultureller Projekte vor Ort, die auch zum Lernen und zum Erfahren der Menschen in Deutschland dienen, müssen flächendeckend unterstützt werden. Ebenso müssen existierende Best-Practice-Beispiele identifiziert, vernetzt und veröffentlicht sowie begleitende Grundlagenforschung initiiert werden. Neue Herangehens-weisen und Formate werden wir systematisch erschließen.

 

#2
Gerechten Welthandel umsetzen
Die SPD setzt sich für fairen Handel ein. Handelspolitik ist nicht nur ein Instrument der Wirtschaftsförderung. Im Kern geht es um die Frage, nach welchen Regeln wir in einer globalisierten Welt leben wollen. Nationale Alleingänge und Protektionismus versprechen keinen Erfolg. Unser Ziel ist es, in allen Handels-, Investitions- und Wirtschaftspartnerschafts-abkommen Regeln für die verbindliche Einhaltung und Umsetzung menschenrechtlicher, ökologischer, verbraucherpolitischer und sozialer Standards wie der ILO-Kernarbeitsnormen mit konkreten Beschwerde-, Überprüfungs- und Sanktionsmechanismen zu vereinbaren.

 

An der Durchsetzung unserer Forderungen arbeiten wir intensiv und halten daran – trotz zum Teil großem Widerstandes der Industrie und konservativer Politik –weiterhin fest. Für die SPD gilt bei internationalen Freihandelsabkommen die Einhaltung von Standards und hohen Schutzniveaus auch für den Kultur- und Mediensektor. Bestehende Rahmenregelungen und Förderinstrumente auf nationaler und europäischer Ebene dürfen durch Abkommen nicht angetastet werden. Das gilt für wichtige kultur- und medienpolitische Errungenschaften wie Urheberrecht, öffentlich-rechtlicher Rundfunk, Buchpreisbindung oder Filmförderung. Deswegen setzt sich die SPD dafür ein, dass in Freihandelsabkommen Ausnahmen für den kulturellen Bereich und audiovisuelle Dienste berücksichtigt werden. Wir fordern, dass die Verhandlungen um Freihandelsabkommen wie TTIP und CETA mit größtmöglicher Transparenz geführt werden müssen. Geheimhaltungs-vorschriften und Intransparenz dürfen eine öffentliche Debatte nicht verhindern. Dabei sind die Ergebnisse einer laufenden, umfassenden Folgeabschätzung unter Beteiligung der Zivilgesellschaft zu berücksichtigen.

 

#3
Nachhaltigkeit verwirklichen
Wir setzen uns für eine ambitionierte Verwirklichung der UN-Agenda 2030 ein. Dementsprechend muss Deutschland als eine der führenden Industrienationen bei der Umsetzung der Agenda 2030 eine international deutlich wahrnehmbare Vorreiterrolle einnehmen. Deutschland muss alle Anstrengungen unternehmen, um die Nachhaltigkeitsziele national bis 2030 zu erreichen. Wir haben uns dafür eingesetzt, dass die Bundesregierung die Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie im Januar 2017 verabschiedet hat; sie stellt die 17 großen Ziele der UN-Agenda 2030 in den deutschen Kontext. Diese gilt es nun ambitioniert umzusetzen in dem eine Kultur der Nachhaltigkeit in der gesamten Gesellschaft etabliert wird. Die Nachhaltigkeitsstrategie beleuchtet dabei erstmals die kulturelle Dimension der Nachhaltigkeit. Es sollen „die spezifische Perspektive von Künstlerinnen und Künstlern und Kultureinrichtungen“ sowie innovative Ansätze aus der Kreativwirtschaft einbezogen werden. „Kreativität und Fantasie“, Grundelemente von Kunst und Kultur, sollen „Hinterfragen und Rekonstruieren von Zusammenhängen“ ermöglichen. Kultureinrichtungen (Museen, Bibliotheken, Theater, Orchester usw.) kommt dabei eine wichtige Rolle zu, ebenso wie der kulturellen Bildung. Darüber hinaus sind Maßnahmen zur Sicherung der „gesellschaftlichen und kulturellen Teilhabe“ von Menschen in (relativer) Armut vorgesehen, vor allem die „Partizipation an Kunst und Kultur“, sowie Maßnahmen in der auf „Nachhaltigkeit ausgerichteten auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik“ Deutschlands sowie zur „interkulturellen Öffnung der Verwaltung.“ Dies ist die sozialdemokratische Linie in der Nachhaltigkeitsstrategie, die wir umsetzen werden. Die Verwirklichung der Nachhaltigkeits-entwicklungsziele der UN-Generalversammlung bzw. der deutschen Nachhaltigkeitsstrategie stellt letztlich eine sozial-ökologische Transformation im Sinne unserer sozialdemokratischen Überzeugungen und Ziele dar.

 

#4
Digitalisierung gestalten
Moderne Medien sind inzwischen wichtige Elemente eines kulturellen Gedächtnisses: Kultureinrichtungen, z. B. Museen, stellen ihre Sammlungen ins Netz und werben zunehmend im Internet für ihre Einrichtungen. Die digitale Präsenz wird für sie immer wichtiger. Die SPD wird die Rahmenbedingungen dafür schaffen, dass die Kulturein-richtungen in die digitale Zukunft geführt werden. Dazu gehören koordinierte Ansätze für die Langzeitverfügbarkeit, für individuell zugeschnittene digitale Strategien und insbesondere auch die konsequente Nutzung digitaler Möglichkeiten für die Produktion und Vermittlung kultureller Inhalte. Zentral für uns ist zudem die Mehrsprachigkeit digitaler Angebote, um den Herausforderungen der Integration, aber auch des Kulturtourismus, gerecht zu werden. Wir wollen die Deutsche Digitale Bibliothek stärken und zu einer eigenständigen Institution ausbauen, um die Aufgabe der Langzeitverfügbarkeit sowie die Schaffung gemeinsamer Standards im Bereich der Formate und Metadaten zu ermöglichen. Wir sehen die Digitalisierung als Hebel für eine niedrigschwellige Kulturvermittlung. Deshalb halten wir alle bundesgeförderten Häuser dazu an, ihre Angebote per Streaming verfügbar zu machen und werden geeignete Unterstützung dafür geben. Für eine angemessene Vergütung der Urheberinnen und Urheber sowie Rechteinhaberinnen und -inhaber muss dabei Sorge getragen werden. Vom Bund geförderte Inhalte müssen – wo rechtlich möglich – als Open Data unter Creative Commons-Lizenzen zur Weiternutzung zur Verfügung stehen.

 

Elektronische Veröffentlichungen wie E-Books und Online-Zeitungen wollen wir auf dieselbe Mehrwertsteuer-Stufe stellen wie ihr analoges Pendant.

 

Games haben sich zu einem Kulturgut entwickelt. Unternehmen der Games-Branche sind wichtige Arbeitgeber. Die Branche steht in besonderem Maße in einem internationalen Wettbewerb. In verschiedenen europäischen und außereuropäischen Ländern wird die Entwicklung von Unternehmen der Games-Branche durch Steuervorteile gefördert. Das schafft jenen Unternehmen wirtschaftliche Vorteile gegenüber deutschen Anbietern. Wir setzen uns daher dafür ein, dass auch in Deutschland die Entwicklung von innovativen und hochwertigen Computer- und Videospielen dauerhaft gefördert wird. Den Deutschen Computerspielpreis wollen wir fortführen und ausbauen. Konsequenterweise muss die Zuständigkeit für diesen Preis wieder zu der oder dem Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien zurückverlagert werden.

 

#5
Kulturelle Bildung voranbringen
Wir wollen in einer „Nationalen Bildungsallianz“ alle Kräfte bündeln. Bildung ist eine gemeinsame Aufgabe von Bund, Ländern und Kommunen. Darüber hinaus wollen wir eine vollständige Aufhebung des Kooperationsverbotes. Überall da, wo es sinnvoll ist, muss der Bund helfen können, Bildung besser zu machen.

 

Kunst und Kultur sollen allen Menschen zugänglich sein. Für uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten ist Teilhabe ein entscheidender Grundsatz, gerade auch in der Kulturpolitik. Um Kreativität als „Rohstoff des 21. Jahrhunderts“ freizusetzen, werden wir dafür sorgen, dass Bund, Länder und Kommunen ihre Förderungen gerade im Bereich der Kulturellen Bildung besser vernetzen. Mit Blick auf die Kulturelle Bildung setzen wir uns für das lebenslange Lernen ein. Unser Ziel ist es, die bisher stark segmentierten Bildungsbereiche zu verzahnen und Kindertagesstätten, Schul-, Berufs- und Hochschulbildung sowie allgemeine und berufliche Weiterbildung zu einem aufeinander aufbauenden und vor allem durchlässigen Gesamtsystem zu integrieren. Im schulischen wie außerschulischen Kontext muss Kulturelle Bildung noch stärker als bisher verankert werden. Wir fordern eine bundesweite Initiative zur Stärkung künstlerischer Fächer im Schulunterricht. Kulturelle Bildung darf dabei nicht allein auf die Kernfächer Musik- oder Kunstunterricht „reduziert“ werden. Kulturelle Bildung muss in die zentralen schulischen Steuerungs- und Unterstützungsinstrumente der Schulentwicklung implementiert und Teil des fächerübergreifenden Schulprofils werden. Schülerinnen und Schüler profitieren nachweislich von solchen Impulsen mit Blick auf ihre Persönlichkeitsentwicklung. Nicht zuletzt im Ganztagsschulbereich muss die Zusammenarbeit mit Künstlerinnen und Künstlern intensiviert werden. In dieser Hinsicht ist das von der Bundeskulturstiftung gestartete Programm „Kulturagenten für kreative Schulen“ vorbildlich und muss verstetigt sowie in die Fläche gebracht werden. Im außerschulischen Bereich sind Musik- und Kunstschulen, Amateurtheater, Einrichtungen der Amateurmusik wie Chöre, Orchester und Musikvereine, soziokulturelle Zentren, Bibliotheken sowie künftig auch Digitalwerkstätten als wichtige Zentren Kultureller Bildung entscheidend zu stärken. Um dem Funktionsauftrag der öffentlichen Bibliotheken in einer digitalen Welt gerecht zu werden, werden wir ihnen gesetzlich das Recht einräumen, elektronische Bücher zu lizensieren und damit dem „E-lending“ zu fairen Konditionen den Weg ebnen.

 

#6
Geschlechtergerechtigkeit leben
Gleichstellungspolitik ist und bleibt ein zentrales Thema der SPD – auch in Kunst und Kultur. Hier geht es darum, dass mehr Frauen Führungs-verantwortung in Kultureinrichtungen übernehmen und Gleichheit bei der Bezahlung herrscht. Allein bei der derzeitigen Lohnungleichheit von 24 Prozent zwischen freiberuflichen Künstlerinnen und Künstlern ist noch viel zu tun!

 

Unser Ziel ist die Parität! Wir wollen diese sowohl bei der Besetzung von Kommissionen, Jurys und Gremien im Kultur- und Medienbetrieb als auch bei der Vergabe von Förderungen und künstlerischen Aufträgen erreichen. So werden die weiblichen Perspektiven in Kunst und Kultur gestärkt. Positive Beispiele für mehr Gleichberechtigung in Kunst und Kultur wollen wir durch Auszeichnungen von Künstlerinnen stärken. Darüber hinaus steht die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf in der Kultur- und Kreativbranche auf unserer Tagesordnung. Unser klares Ziel ist eine Gleichberechtigung beider Elternteile, jedoch haben Frauen noch immer stärker mit der Doppelbelastung zu kämpfen. Wir wollen alle Kunst- und Kulturschaffenden mit Kindern unterstützen. Um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu ermöglichen, wollen wir Stipendien flexibler gestalten und Residenzpflichten lockern.

 

#7
Arbeits- und Sozialpolitik anpassen
Die soziale Absicherung aller Kulturschaffenden und Kreativen ist ein zentraler Bestandteil sozialdemokratischer Kulturpolitik. Mit der Künstlersozialversicherung hat die SPD vor 35 Jahren einen der wichtigsten Pfeiler der sozialen Absicherung vieler freiberuflicher Kunst- und Kulturschaffender gesetzt. Sie unterstützt deren Existenzsicherung, indem sie ihnen den Schutz einer gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung ermöglicht. Wir stehen zu diesem System – auch in Zukunft! Die solidarische Finanzierung der Künstlersozialversicherung durch Kulturschaffende, Verwerter und Staat ist für uns nicht verhandelbar. Wir werden prüfen, inwieweit bei der Künstlersozialversicherung der wechselnde Erwerbsstatus vieler Akteure des Kunst- und Kulturbereichs besser bedacht werden kann.

 

Wir setzen uns für gerechte Aushandlungsprozesse ein, um kulturelle Vielfalt und soziale Gerechtigkeit voranzubringen. Bei Bundeskultur-förderungen werden wir für gerechte Vergütung sorgen. Der Bund mit seinen öffentlichen Einrichtungen, insbesondere die Kultureinrichtungen des Bundes, müssen mit gutem Beispiel zur fairen Bezahlung von Angestellten und Honorarkräften vorangehen. Wir machen uns für Mindestvergütungen und Ausstellungsvergütungen stark und prüfen die Einführung eines Künstlergemeinschaftsrechts.

 

Die SPD setzt sich für eine Bürgerversicherung ein. Die spezielle Arbeits- und Lebensrealität von Kulturschaffenden und Kreativen erfordert dennoch eine besondere Beachtung in der sozialen Absicherung. Festanstellungen sind im Kultur- und Kreativbereich nicht der Normalfall und sie gehen zunehmend zurück. Flexible Beschäftigungsstrukturen, veränderte Erwerbsbiografien und die schwierigen Einkommens-verhältnisse machen es auch freiberuflichen Kunst- und Kulturschaffenden zunehmend schwer, Risiken von Krankheit, Pflegebedürftigkeit und Arbeitslosigkeit abzufedern und für das Alter vorzusorgen. Deshalb wollen wir Solo-Selbstständige möglichst umfassend in die verschiedenen Zweige der gesetzlichen Sozialversicherung einbinden. Spezifische Versorgungssysteme, die einen der gesetzlichen Rentenversicherung vergleichbaren Leistungsumfang bieten, z.B. die Künstlersozialkasse, sollen davon ausgenommen werden.

 

Den Zugang zum Arbeitslosengeld I für kurzbefristet Beschäftigte wollen wir erleichtern, indem wir die Rahmenfrist von zwei auf drei Jahre verlängern und die Anwartschaft von zwölf auf zehn Monate verringern. Bereits vorhandene Regelungen für kurzbefristet Beschäftigte wollen wir an die speziellen Erwerbsbiografien der Kunst- und Kulturschaffenden anpassen.

 

Die soziale Sicherung von Kulturschaffenden, insbesondere von Solo-Selbstständigen, ist auch eine Frage der Ausbildung. Künstlerische Studiengänge dienen selbstverständlich zuallererst der Entwicklung der individuellen künstlerischen Persönlichkeit. Doch zusätzlich sind fundierte Kenntnisse über den Kulturmarkt unabdingbar. Ein umfangreiches Wissen über Berufsperspektiven, rechtliche Rahmenbedingungen, Finanzen und Finanzierung inklusive Förderprogramme und Selbstmanagement ist Voraussetzung für ein erfolgreiches, professionelles Bestehen im Kunst- und Kulturbereich. Die bereits bestehenden Angebote in Career Centern der künstlerischen Hochschulen gilt es daher auszubauen. In Bund-Länder-Modellprojekten soll zudem erprobt werden, inwieweit Hochschulen und andere Bildungsinstitutionen Zusatzangebote für Alumni schaffen, mit denen sie gezielt auf die Anforderungen des Berufsalltags reagieren können.

 

#8
Gesetzliche Regeln zum Urheberrecht konsequent anwenden
Die digitale Welt stellt eine große Herausforderung für die Verbindung zwischen Urheberin und Urheber und dem eigenen Werk dar. Die Digitalisierung hat die Verwertungsketten massiv verändert. Ziel der Sozialdemokratie ist es, die Situation der Urheberinnen und Urheber zu verbessern und einen gerechten Interessenausgleich mit den Verwerterinnen und Verwertern zu erreichen. Wir wollen faire Vergütung, keine Verbote. Dazu soll auch das Prinzip der pauschalen Vergütung auf diejenigen ausgeweitet werden, die mit der Vermarktung von kreativen Leistungen im Internet Geld verdienen – beispielsweise Online-Plattformen. Urheberinnen und Urheber, Verwerterinnen und Verwerter sowie Intermediäre sind in der digitalen Welt mehr als jemals zuvor aufeinander angewiesen. Viele Nutzerinnen und Nutzer im Internet produzieren selbst Inhalte und werden damit ebenfalls zu Urheberinnen und Urhebern. Daher müssen wir die berechtigten Interessen der Nutzerinnen und Nutzer verstärkt berücksichtigen, ohne die angemessene Vergütung der ursprünglichen Urheberinnen und Urheber sowie Kulturschaffenden aus den Augen zu verlieren. Mit der Reform des Urhebervertragsrechts konnten wichtige Verbesserungen für Urheberinnen und Urheber erreicht werden. Gleichwohl bleibt eine strukturelle Unterlegenheit und es bedarf einer weiteren Stärkung ihrer individuellen und kollektiven Rechte. Wir wollen eine generelle Verbindlichkeit von gemeinsamen Vergütungsregeln und verbindliche Entscheidungen im Schlichtungsfalle. Das Verbandsklagerecht muss uneingeschränkt gewährleistet werden. Buyout-Verträge müssen dort, wo sie von beiden Seiten – Urheberinnen und Urheber bzw. Künstlerinnen und Künstler auf der einen, und Verwerterinnen und Verwerter auf der anderen Seite – für sinnvoll gehalten werden, zeitlich begrenzt möglich bleiben, aber sie dürfen nicht zur Regel werden. Wir stehen für ein wissenschafts- und bildungsfreundliches Urheberrecht. Autorinnen und Autoren und Verlage sind angemessen zu vergüten. Dafür müssen die Rahmenbedingungen angepasst werden.

 

Wir unterstützen die Bemühungen auf europäischer Ebene, ein modernes und zukunftsfähiges Urheberrecht in Europa zu schaffen. Der Anspruch der Urheberinnen und Urheber auf eine angemessene Vergütung muss dabei grundsätzlich eine stärkere Berücksichtigung finden. Die in Deutschland erreichten Standards des Urheberrechts dürfen nicht durch EU-Regeln aufgeweicht werden. Auf europäischer Ebene muss zudem dringend die Sicherung der Verwertungsgesellschaften als gemeinsame Institution von Autorinnen und Autoren sowie Verwerterinnen und Verwertern vorangetrieben werden. Die Buchpreisbindung ist für uns nicht verhandelbar. Die Bemühungen der EU zur Schaffung eines digitalen Binnenmarktes begrüßen wir. Der Austausch von digitalen Inhalten im Internet über Staatsgrenzen hinweg ist heute Alltag. Auch wenn der grenzüberschreitende Zugang zu rechtmäßigen Angeboten erleichtert und gefördert werden soll, darf dabei die Vielfalt des Kulturschaffens keinen Schaden nehmen. Deshalb setzen wir uns dafür ein, dass die Bedenken der Filmindustrie beim Thema Territorialität auf EU-Ebene berücksichtigt werden, um die wirtschaftlichen Grundlagen für kulturelle Vielfalt zu bewahren.

 

Um dem Funktionsauftrag der öffentlichen Bibliotheken in einer digitalen Welt gerecht zu werden, werden wir ihnen gesetzlich das Recht einräumen, elektronische Bücher zu lizensieren und damit dem „E-lending“ zu fairen Konditionen den Weg ebnen.

 

#9
Kulturelles Erbe sichern, weitergeben und fördern
Das kulturelle Erbe Deutschlands verbindet die Menschen mit ihrer Heimat und macht zu einem großen Teil die Attraktivität unseres Landes in der Welt aus. Es wirkt in besonderem Maße identitätsstiftend. Wir sind in der Verantwortung, dieses Erbe zu bewahren und erfahrbar zu machen. Dafür muss es auch im Rahmen der kulturellen Bildung weitergegeben und vermittelt werden. Wir unterstützen daher das Europäische Kulturerbe-Jahr 2018, das vor allem Begeisterung für das materielle und immaterielle Kulturerbe hervorrufen soll.

 

Wir wollen die Denkmalschutzprogramme des Bundes fortsetzen und stärken. Die digitale Archivierung des kulturellen Erbes muss ausgebaut werden. Hierzu sind weitere Anstrengungen von Bund und Ländern z.B. in der Deutschen Digitalen Bibliothek notwendig. Gleichzeitig wollen wir materielle und immaterielle Kunst- und Kulturgüter sowie Künstlerinnen- und Künstlernachlässe als Quellen, Kommentare und Zeugen unseres kulturellen Gedächtnisses im Original bewahren. Wir setzen uns für eine deutlich ausgeweitete Bewahrung der künstlerischen Nachlässe – insbesondere auch der regionalen Künstlerinnen- und Künstlernachlässe – ein, die deutschlandweit gesichert werden müssen. Auch die Rettung des schriftlichen Kulturerbes ist von herausragender Bedeutung. Die Koordinierungsstelle für die Erhaltung des schriftlichen Kulturguts erfüllt bei der Frage nach Sicherung der überlieferten Bestände in Archiven und Bibliotheken und der Abstimmung zwischen den verschiedenen staatlichen Ebenen eine wichtige Funktion. Ihre Haushaltsmittel müssen dauerhaft verstetigt werden. Gleichzeitig bedarf es einer weiteren Aufstockung der Mittel, um die Sicherung des schriftlichen Kulturgutes umfassender voranzutreiben und dem dramatischen Zerfall entgegenzuwirken.

 

#10
Welterbestätten dauerhaft fördern
Wir sind uns der Einzigartigkeit, dem außergewöhnlichem universellem Wert der Welterbestätte in Deutschland bewusst. Wir unterstützen ihren Schutz und Erhalt. Gleichwohl ist der Schutz und die Pflege von Denkmälern nach der Kompetenzverteilung des Grundgesetzes Angelegenheit der Länder. Aus der Kulturhoheit der Länder erfolgt z. B. auch das Nominierungsrecht für potentielle UNESCO-Welterbestätten wie auch die vorrangige Zuständigkeit für die finanziellen Verpflichtungen, die sich aus der Aufnahmen von Stätten in die Welterbeliste ergeben. Nichtsdestotrotz hat der Bund die Länder immer wieder unterstützt. Etwa mit dem Investitionsprogramm Nationale UNESCO-Welterbestätten (2009 bis 2014 mit 220 Mio. Euro) oder auch mit der direkten Förderung einzelner Stätten (z.B. Museumsinsel Berlin, Bauhaus Dessau). Auch sind die Welterbestätten ihrem Wesen nach nicht einheitlich (Kultur- und Naturstätten). Die SPD tritt daher dafür ein, dass der Schutz und die Weiterentwicklung der UNESCO-Welterbestätten in Deutschland weiter professionalisiert werden und Bund, Länder und Gemeinden in ihrer jeweiligen Zuständigkeit bei der Umsetzung der Welterbekonvention durch ein nationales Kompetenzzentrum zum UNESCO-Welterbe unterstützt werden. In einem derartigen Kompetenzzentrum kann die Erfahrungs-, Beratungs- und Fortbildungskompetenz gebündelt werden sowie ein gegenseitiger Austausch erfolgen.

 

#11
Kommunen stärken
Die SPD ist die Kommunalpartei. Wir sind Anwältin der Kommunen. Finanziell handlungsfähige Kommunen sind die Grundlage guter Lebensqualität vor Ort und lebendiger, lokaler Demokratie. Die SPD hat die Kommunen in der vergangenen Legislaturperiode wirksam entlastet und wieder handlungsfähiger gemacht, in dem der Bund die Kommunen mit rund 60 Milliarden Euro unterstützt hat. Ob in der Stadtbauförderung, beim Wohnungsbau oder bei der Entlastung von Sozialausgaben, wir haben konkret gehandelt. Daran werden wir anknüpfen. Wir wollen die Investitionskraft der Kommunen stärken, sie von Sozialkosten entlasten und helfen, ihre Altschulden abzubauen, damit auch die hoch-verschuldeten Kommunen ihre Handlungsfähigkeit zurückgewinnen. Die Finanzquellen der Kommunen sind auch künftig unverzichtbar. Deshalb werden wir die Grundsteuer verfassungsfest reformieren und die Gewerbesteuer stabilisieren. Das Ziel sind gleichwertige Lebensverhältnisse in allen Regionen, in Stadt und Land, in Ost und West, in Nord und Süd. Damit schaffen wir die Voraussetzung, dass die Förderung örtlicher Kulturangebote aufrechterhalten werden kann und die Kulturhaushalte nicht weiter geschmälert werden. Ein ausdifferenziertes Kulturangebot steht für Lebensqualität, sinnvolle Freizeit- und Beteiligungsmöglichkeiten vor Ort. Kulturförderung ist auch ein strategisches Element der Stadtentwicklung. Es gilt diese kulturelle Vielfalt und damit die Breite des Angebots in den Städten und Gemeinden zu bewahren und auszubauen. Die Kommunen kennen die Bedeutung der Kultur vor Ort und wollen diese grundsätzlich erhalten. Die SPD unterstützt sie dabei.

 

#12
Kulturpolitik in Europa gestalten
Nach Artikel 176 Absatz 4 des AEUV trägt die Europäische Union bei ihrer Tätigkeit aufgrund anderer Bestimmungen der Verträge den kulturellen Aspekten Rechnung, insbesondere zur Wahrung und Förderung der Vielfalt ihrer Kulturen. Damit richtet sich diese Norm mehr an die Union, als an einzelne Mitgliedsstaaten. So erfolgte auch durch die Kommission 1996 einen „Erster Bericht über die Berücksichtigung der kulturellen Aspekte bei der Tätigkeit der Europäischen Gemeinschaft“. Aus unserer Sicht gilt es zu prüfen, ob eine Neuauflage dieses ersten Berichtes erfolgen sollte, um insbesondere den Einfluss der europäischen Gesetzgebung auf die Kulturpolitiken aktuell zu bestimmen. Hieraus lässt sich dann ein fundierter Forderungsteil ableiten.

 

Die SPD steht klar zur Meinungs- und Kunstfreiheit, nicht nur in Deutschland und Europa, sondern weltweit. Wir engagieren uns auf mannigfache Weise gegen Angriffe und Tendenzen, diese Grundrechte einzuschränken bzw. nicht zu gewähren. In diesem Zusammenhang haben wir kürzlich im Bundestag einen Antrag zur Schaffung eines „Sonderbeauftragten der Vereinten Nationen zum Schutz von Journalistinnen und Journalisten“ eingebracht und verabschiedet. Darin heißt es: „Eine freie Presse und ein freier Rundfunk sind von besonderer Bedeutung für das Funktionieren eines demokratischen Staates und einer demokratischen Gesellschaft. Der alle Lebensbereiche betreffende Beitrag der Medien prägt die individuelle und öffentliche Meinungsbildung. Dementsprechend müssen die Freiheitsrechte der im Bereich von Presse und Rundfunk tätigen Personen und Organisationen gewahrt, deren Schutz sichergestellt und deren institutionelle Eigenständigkeit geschützt werden.“ Entsprechendes gilt für die Kunst- und Kulturfreiheit, sie ist stets der Gradmesser an dem sich die Freiheit eines Landes ablesen lässt. Wir werden uns auch weiterhin dafür einsetzen, dass diese essentiellen Grundrechte des Menschen weltweit gewährleistet und gewahrt bleiben.

 

#13
Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik weiterdenken
Für die SPD ist die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik auch Friedenspolitik, die kulturell, weltanschaulich und religiös überlagerten Konflikten vorbeugt, die Nachhaltigkeit fördert und Vernunft stärkt. In diesem Verständnis von Willy Brandt, der sich im Besonderen für den Nord-Süd-Dialog und damit eine neue Dimension von Friedenspolitik eingesetzt hat, ist die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik angesichts der Vielzahl von Krisen und Konflikten wichtiger denn je. Kultur und Bildung sind gerade dort unverzichtbar, wo die Zivilgesellschaften durch gesellschaftliche Räume der Freiheit gestärkt werden können. Kulturarbeit agiert auf europäischer und internationaler Ebene jenseits ökonomischer Interessen und vermittelt unsere Werte der Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität – nach außen und nach innen, zugleich aber auch im analogen wie im digitalen Raum. In diesem Sinne wollen wir mit der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik Austausch, Dialog und Offenheit im vorpolitischen Raum sowie Vertrauen und Verständigung befördern. Das Einüben von Humanität durch Kultur und Bildung als Leitmotiv führen wir fort und stärken so die soziale Kraft der Kultur. Die Strukturen der Mittlerorganisationen aber auch all der verschiedenen Partner der Zivilgesellschaft eröffnen vielfältige Möglichkeiten zur Vernetzung, Koproduktion und Begegnung, sowie den Austausch im Bereich Jugend, Wissenschaft und Bildung. Die herausragenden interkulturellen und sprachlichen Kompetenzen des Netzwerkes der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik, ihrer Partner sowie der Mittlerorganisationen lassen sich auch bei der Integration von Geflüchteten in Deutschland einsetzen. Diese, von sozialdemokratischen Außenministern entwickelte, Bedeutung der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik als Teil unserer Außenpolitik wollen wir fortzusetzen und im Dialog mit Partnern und Akteuren weiterentwickeln.

 

#14
Stärkung der Bundeskulturpolitik
Der heutige kulturelle Reichtum Deutschlands knüpft eng an die historisch gewachsenen Kulturlandschaften in den Ländern und Regionen an. Diese Struktur des Kulturföderalismus ist in unserer Verfassung verankert und spiegelt sich in der Zuständigkeitsverteilung wider. Den Ländern kommt die generelle Zuständigkeit für die Kultur zu. Der Bund ist nur in einzelnen kulturellen Bereichen wie dem Urheber- und Verlagsrecht oder bei der „Repräsentation des Gesamtstaates in der Hauptstadt“ verantwortlich.

 

Um der Kultur eine deutlich wahrnehmbare Stimme in der Bundespolitik zu verschaffen, hat Bundeskanzler Schröder 1998 das Amt des Kulturstaatsministers geschaffen. Dies hat zu der von der SPD gewünschten Aufwertung der Kulturpolitik und der stärker gebündelten Zuständigkeit für kulturell relevante Bereiche in der Bundesregierung geführt. Das Amt hat sich klar bewährt und ist allgemein anerkannt. Dennoch ist angesichts der durchaus – auch aus Sicht der Länder – gewachsenen kulturpolitischen Mit-Verantwortung des Bundes die Forderung nach einem Ministerium nachvollziehbar. Entscheidend wird letztlich sein, dass die inhaltlichen Schwerpunkte der Regierung optimal durch den Zuschnitt der Ministerien umgesetzt werden können. Vor diesem Hintergrund gibt es noch keine Festlegung.

Die SPD hat die Verankerung des Staatsziels Kultur im Grundgesetz immer wieder gefordert: In der politischen Konstellation der 18. Wahlperiode war die Verankerung des Staatsziels Kultur nicht durchsetzbar. Auch aus unserer aktuellen Überzeugung muss Kultur als Staatsziel in das Grundgesetz aufgenommen werden.

 

Hier finden Sie die Antworten aller befragten Parteien im Vergleich.

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