Die besondere Beziehung zwischen Urheber und Werk

Urheberpersönlichkeitsrecht I

Das Urheberrecht schützt den Urheber in seinen geistigen und persönlichen Beziehungen zum Werk (Urheberpersönlichkeitsrecht) und in der Nutzung des Werkes (Verwertungsrechte). Nachdem in den vorangegangenen Beiträgen auf die Verwertungsrechte der Urheber bereits eingegangen wurde, geht es heute um das Urheberpersönlichkeitsrecht. Das Urheberpersönlichkeitsrecht ist von den Persönlichkeitsrechten der Urheberin oder des Urhebers zu unterscheiden. Während Ersteres sich auf die besondere Beziehung zwischen Urheber und Werk bezieht, schützt Letzteres ganz allgemein die Rechte des Urhebers als Person, wie z. B. seine Ehre oder seinen Namen. Wer also ein Bild im Stil von Emil Nolde malt und vorgibt, dass es sich um ein Werk von Nolde handelt, verletzt nicht dessen Urheberpersönlichkeitsrecht. Die Erklärung liegt auf der Hand: Nolde hat das Bild nicht selbst gemalt. Dagegen kommt eine Verletzung seines Persönlichkeitsrechts durchaus in Betracht, wenn das (gefälschte) Bild als Originalwerk auf den Markt gebracht und damit das künstlerische Ansehen von Nolde beeinträchtigt wird (BGH, Urtil vom 8. Juni 1989 – I ZR 135/87).

 

Zurück zum Urheberrechtsgesetz. Dort werden explizit drei Urheberpersönlichkeitsrechte genannt: Das Veröffentlichungsrecht, das Recht auf Anerkennung der Urheberschaft und das Recht, Entstellungen des Werkes zu verbieten. Diese Aufzählung ist aber nicht abschließend. Es gibt noch eine Reihe von weiteren Befugnissen, die auf dem Urheberpersönlichkeitsrecht beruhen. Gleichwohl sind die genannten Rechte besonders wichtig.

 

Das Veröffentlichungsrecht bedeutet, dass der Urheber es selbst in der Hand hat zu entscheiden, ob und wie sein Werk in der Öffentlichkeit erstmals bekannt gemacht wird. So lag beispielsweise eine Verletzung des Veröffentlichungsrechts vor, als urheberrechtlich geschützte Briefe, die Günter Grass Ende der 1960er Jahre an den damaligen Wirtschaftsminister Karl Schiller geschickt hatte, im Jahr 2006 von einer Tageszeitung veröffentlicht wurden (Kammergericht, Urteil vom 27. 11. 2007 – 5 U 63/07). Nicht immer geht es bei einer Berufung auf das Veröffentlichungsrecht allerdings um die unmittelbaren Interessen des eigentlichen Urhebers. So haben sich z. B. öffentliche Stellen unter anderem auf das Veröffentlichungsrecht berufen, um zu verhindern, dass ein Gutachten über Glyphosat oder militärische Lageberichte aus Afghanistan gegen ihren Willen veröffentlicht werden. Ob dies – urheberpersönlichkeitsrechtlich – möglich ist, hängt nicht zuletzt davon ab, ob die Behörden überhaupt berechtigt waren, das Urheberpersönlichkeitsrecht des Verfassers geltend zu machen. Hier wird es rechtlich schwierig, weil im Grundsatz das Urheberpersönlichkeitsrecht – wie das Urheberrecht insgesamt – unübertragbar ist, aber dennoch unter bestimmten Voraussetzungen auch Vereinbarungen über das Urheberpersönlichkeitsrecht getroffen werden können.

 

Bei dem zweiten im Gesetz genannten Recht, dem Recht auf Anerkennung der Urheberschaft, geht es ebenfalls um ein zentrales Urheberpersönlichkeitsrecht. Hierunter fällt zunächst das Recht des Urhebers, sich dagegen zu wehren, dass sich Dritte als Schöpfer seines Werkes ausgeben. Es geht also um den Schutz vor Plagiaten, ein uraltes Thema, auch wenn man den Eindruck hat, dass es zuletzt vor allem im Zusammenhang mit Doktorarbeiten diskutiert wurde. Ein korrektes Zitat mit Angabe der Quelle ist natürlich kein Plagiat, sondern gesetzlich erlaubt.

 

Ausdrücklich erwähnt ist im Gesetz aber auch das Recht des Urhebers, zu bestimmen, ob sein Werk mit einer Urheberbezeichnung zu versehen und welche Bezeichnung zu verwenden ist. Das ist eine wichtige Befugnis; grundsätzlich sollte jede Urheberin und jeder Urheber auf einer Namensnennung bestehen. Dabei geht es nicht nur um die Anerkennung der Urheberleistung, sondern auch um bessere Möglichkeiten bei der Geltendmachung von Vergütungsansprüchen oder der Durchsetzung von Urheberrechtsverletzungen. Und wie verhält es sich mit Ghostwriter-Verträgen? Auch hier handelt es sich um – besonders weitreichende – Vereinbarungen über das Urheberpersönlichkeitsrecht, die unter bestimmten Voraussetzungen zulässig sein mögen; urheberrechtlich – und gelegentlich auch wettbewerbsrechtlich – bleiben sie aber zweifelhaft.

 

Das dritte im Gesetz genannte Urheberpersönlichkeitsrecht lässt sich vereinfacht auch als urheberrechtliches “Änderungsverbot” bezeichnen. Es ist in der Praxis von großer Bedeutung, weil Änderungen des Werkes bei bestimmten Verwertungen kaum zu vermeiden sind. Die Frage, was erlaubt und was verboten ist, ist deshalb nicht einfach zu beantworten. Der Versuch folgt trotzdem im nächsten Beitrag.

 

Dieser Text ist zuerst erschienen in Politik & Kultur 06/2020.

Robert Staats
Robert Staats ist Geschäftsführendes Vorstandsmitglied der VG Wort und Vorsitzender des Fachausschusses Urheberrecht des Deutschen Kulturrates.
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