Gute Haushalter

Unsere Aufgabe: die Welt verbessern

Franz von Assisi ist wahrlich so etwas wie ein heiliger Patron aller Menschen, die heute in der Ökologie forschen und arbeiten. Dieser Begründer des Franziskanerordens verwies in immer neuen Variationen darauf, dass die Aufmerksamkeit gegenüber der Schöpfung und gegenüber den Ärmsten und Einsamsten zusammenhängen.

 

Franziskus liebte die Fröhlichkeit, war ein Mystiker und ein Pilger und hat in großer Einfachheit und Harmonie mit Gott, „mit den anderen, mit der Natur und mit sich selbst“ gelebt. Die Sorge um die Natur, die Sorge für mehr Gerechtigkeit gegenüber den Armen und das Engagement für eine Weltgesellschaft ist sein unerledigtes Vermächtnis.

 

Die Naturkreisläufe des Lebens sorgen für das ökologische Gleichgewicht. Das Wasser für die vielfältigen Lebenskreisläufe, für das Wachsen und Gedeihen der Pflanzen, für den Durst von Tier und Mensch, für Landwirtschaft und für Güterproduktion bilden eine Einheit. Wasser ist zur mehr und mehr sich verknappenden und weltweit umkämpften Ressource geworden. Die Wüsten wachsen, Quellen versiegen, fruchtbarer Ackerboden und selbst Oasen verdorren, Urwälder werden abgeholzt, gigantische Flussläufe verschmutzt oder es wird ihnen durch Staudämme buchstäblich „das Wasser abgegraben“, das Menschenrecht auf sauberes Wasser wird Millionen Menschen bereits heute vorenthalten.

 

Die Lebenszyklen werden mit herrschaftlichem Zynismus im inzwischen hemmungslos global agierenden Kapitalismus verletzt, etwa durch das Abholzen von Urwäldern ohne jede Nachhaltigkeit, schon gar nicht mit Nachpflanzen. Die Überfischung selbst der Weltmeere ohne Fangquoten droht, die Schöpfung wird vernutzt, das Artensterben wird explosionsartig zunehmen, die Folgen der vom Menschen verursachten Kohlendioxidausstöße wird die Welt bedrohlich erwärmen, die Permafrost-Regionen werden auftauen und Unmengen an Methan in die Atmosphäre der Erde entlassen, was wiederum zu einer weiteren Erwärmung führen wird. Die Armen der Welt bekommen die Folgen unseres herrschaftlichen Zivilisationsweges zu spüren.

 

Die westlich geprägte Zivilisationsform unterliegt einem Wachstumsfetischismus. Alle Dinge der Welt werden inzwischen unter dem finanziellen Nutzen und Nutzwert bemessen. Wir sind unwiderruflich Teil und Teilhaber einer Welt des Krachs, des allüberall Dröhnenden und des uns überflutenden gänzlich sinn- und bedenkenlosen Gewäschs. Geplapper statt der Gespräche, Singsang statt des Gesangs, Lichtinstallation statt Sonnenuntergang…

 

Wo die Welt zum bloßen Objekt gemacht wird, der man einen angeblichen Nutzen abzugewinnen vermeint, das ist die Welt des entfremdeten, des von den eigenen Wurzeln abgerissenen Daseins. Alles Nichtmenschliche ist die der Herrschaft unterwerfbare res extensa, meinte Descartes, nicht ahnend, was er damit ausgelöst, angerichtet hat.

 

Der Mensch hat sich zu bescheiden, was allerdings nicht identisch sein muss mit einem Glücksverzicht. Dem extensiven Leben ist ein intensives entgegenzusetzen. In der Entfaltung der Spiritualität des Menschen ist der besondere Reichtum des Lebens zu entdecken, statt in der Ideologie des immer schneller, höher, mehr, weiter, größer zu verharren. Eine kluge Selbstbegrenzung steht an. Schließlich ist „die Erde des Herrn und was darinnen ist“ (Psalm 24).

 

Wir haben 1989 in der „Ökumenischen Versammlung für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung“ festgehalten, dass es galt und gilt, ein neues Verhältnis zur Armut anderer wie zum eigenen Reichtum, zur Mitwelt und zum Machtgebrauch zu finden. Kirchen und Christen sollen und können vereint zu Promotoren einer neuen Weltverantwortung aller werden.

 

Der Mensch habe nach biblischem Verständnis die Erde zu bebauen und dabei zu bewahren. Es geht ums Elementare, um Trinkwasser für Mensch und Tier, um Energieerzeugung und -verbrauch, der möglichst wenig schädlich ist für die Atmosphäre, es geht um einen Ackerboden, der überall Brot bringt, um die Meere, die nicht weiter überfischt werden, um Nutztiere, die beim „Produzieren“ nicht gequält werden, um den Vogelgesang und den Menschen, der die Musik des Lebens in sich spürt und berauschende Musik zu machen weiß. Das Leben ist schön. Das Leben, unser Leben, ist endlich. Aber diese Welt dürfen wir nicht durch unsere Lebensart ans Ende bringen.

 

Daher fordern die aktuellen Entwicklungen nicht nur Christen, sondern alle Menschen heraus, für Selbstbegrenzung gegen die herrschende Wachstumsideologie und konsequenten Einsatz gegen den herrschaftlichen, zerstörerischen und irreversibel schädlichen Umgang mit der Natur, die wir Menschen anthropozentrisch zur „Umwelt“ erklärt haben und die total zum beherrschbaren Ding gemachte Welt rücksichts- und voraussichtslos buchstäblich verbrauchen. Gemeinsam werden wir mahnen zu Demut und Bescheidenheit, zur Dankbarkeit für das Leben.

 

Auch der Atheist Karl Marx hatte geschrieben: „Wir sind als Menschen dazu aufgerufen, als gute Haushalter künftigen Generationen die Welt in verbessertem Zustand zu hinterlassen.

 

Noch ist Zeit. Aber sie wird zur Frist, wenn es nicht zu einem entschiedenen Umsteuern in der ganzen Welt wie bei uns vor Ort kommt.“

 

Dieser Text ist zuerst erschienen in Politik & Kultur 1/2018.

Friedrich Schorlemmer
Friedrich Schorlemmer ist Theologe. Er war bis 2007 Studienleiter an der Evangelischen Akademie in Wittenberg.
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