Erwachsene im Museum

Museen als Orte der Erwachsenenbildung sind gleichzeitig Freizeit- und Erlebnisorte

Publikumsorientierte Museen nehmen diese Ausgangssituation ernst und berücksichtigen in ihren Häusern Kriterien, die zu einem gelungenen Freizeiterlebnis gehören: gute Erreichbarkeit und nutzerfreundliche Öffnungszeiten, leichte Orientierung und freundlicher Service vor Ort, einfache Zugänglichkeit zu den Inhalten ebenso wie angemessene Anstrengung, Befriedigung von Neugierde ebenso wie Selbstbestätigung, Kontemplation ebenso wie Austausch, Kommunikation, Erleben von Gemeinschaft. Freizeitforscher wie Matthias Horx ordnen diese Publikumsinteressen größeren gesellschaftlichen Phänomenen, so genannten Megatrends zu: Als solche definieren sie derzeit Individualisierung, Globalisierung und Authentizität ebenso wie Konnektivität und Downaging. Für Museen und ihre Angebote wirft dies Fragen auf: Wie verhalten sie sich zu den Megatrends, von denen sie gleichzeitig ein Teil sind? Können sie aus diesen Konzepten Erkenntnisse für ihre Programmgestaltung gewinnen? Sind sie zum Beispiel Orte, die aufgrund ihrer Originalobjekte und ihrer wissenschaftlichen Kompetenz Authentizität und authentische Erlebnisse bieten können? Wie wirken ihr gesellschaftlicher Bildungsauftrag, ihre Funktion als öffentliche und soziale Räume, in denen gegenwärtige politische und kulturelle Diskurse stattfinden?

 

Museen sind Lernorte, die ein Bildungsinteresse ihrer Besucherinnen und Besucher mit Unterhaltung, Aktivität und Beteiligung verbinden. Das Museum als Ort des offenen, non-formalen Lernens kommt den Interessen und Lernbedürfnissen erwachsener Besucher sehr gut entgegen. Es bietet viele Möglichkeiten lebenslangen Lernens. Erwachsene sind schon erfahrene Lerner, die selbstbestimmte Aneignung, interessegeleitetes Lern- und Anstrengungsbereitschaft sowie den Wunsch nach unterhaltsamer, emotionaler Zugangsweise mitbringen. Das Museum stellt Lernlandschaften bereit und gestaltet unterschiedliche Zugänge zu den Inhalten, die die Besucherinnen und Besucher nach ihren Interessen und Vorlieben auswählen können. Bei der Gestaltung dieser Zugänge spielen visuelle Attraktivität und Aufmerksamkeitslenkung, Gegenwartsbezug und Alltagsrelevanz eine Rolle. Für eine vertiefende Auseinandersetzung, Möglichkeiten der Überraschung ebenso wie der Bestätigung von vorhandenen Kompetenzen können Erwachsene auf ihr Erfahrungswissen und ihre Expertise zurückgreifen. Sie bringen Erinnerungen und Erfahrungen sowie den Wunsch und eine große Bereitschaft mit, diese mit anderen Besucherinnen und Besuchern zu teilen.

 

Zu den sozialen und politischen Chancen der kulturellen Erwachsenenbildung im Museum gehört die Selbstverortung in einer von Diversität und Individualität geprägten Gesellschaft. Museen sind Orte der kulturellen Aneignung und der Beteiligung an gesellschaftlichen und politischen Diskursen. Angebote der kulturellen Bildung, die sich gezielt an Erwachsene richten, finden schon in vielen Museen statt. Diese Programme können in Zukunft noch weiter ausgebaut werden.

 

Weitere Informationen

  • Zahlreiche weiterführende Beiträge zu den verschiedenen Zielgruppen unter den Erwachsenen, zum lebenslangen Lernen, zur Besucherforschung und zum Lernen im Museum finden sich hier: Handbuch Museumspädagogik. Kulturelle Bildung in Museen, hg. von Beatrix Commandeur, Hannelore Kunz-Ott, Karin Schad, München 2016.
  • Zur wissenschaftlichen Erforschung von Lernen im Museum bieten einen Einstieg: Falk, John H./Dierking, Lynn D., The Museum Experience Revisited. Walnut Creek, CA 2012; Hooper-Greenhill, Eilean, Museums and Education. Purpose, Pedagogy, Performance, Oxon/New York 2007.

 

Dieser Text ist zuerst erschienen auf dem Internetportal „Kultur bildet.“ des Deutschen Kulturrates im April 2018.

Simone Mergen
Simone Mergen ist Sprecherin des Arbeitskreises Bildung und Vermittlung im Deutschen Museumsbund e.V. und Bildungsreferentin in der Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland
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