Kulturschulen

Auf dem Weg zu einer neuen Lernkultur

Auf dem Weg zur Kulturschule
Wenn also eine nachhaltige und wirksame Veränderung der schulischen Rahmenbedingungen als Prozess der Identitätsbildung jeder Schule stattfindet, dann sind Wertschätzung und Partizipation aller Beteiligten – Schulleitung, Lehrerkräfte, Schülerinnen und Schüler, Eltern, Verwaltungspersonal, Hausmeisterinnen und -meister, pädagogische Fachkräfte und Kulturpartner – die Voraussetzung. In Anlehnung an den „Index für Inklusion“ (deutschsprachige Ausgabe: Ines Boban; Andreas Hinz (2003): Index für Inklusion. Lernen und Teilhabe in Schule der Vielfalt entwickeln) lassen sich fünf Fragen formulieren, an denen sich der Prozess einer kulturellen Schulentwicklung orientieren kann:

 

  • Was sind Barrieren für ein Lernen mit Kunst und Kultur in unserer Schule?
  • Für wen ergeben sich in unserer Schule Barrieren für ein Lernen mit Kunst und Kultur?
  • Was kann dabei helfen, Barrieren für ein Lernen mit Kunst und Kultur in unserer Schule zu überwinden?
  • Welche Ressourcen sind in unserer Schule vorhanden, um Lernen mit Kunst und Kultur zu unterstützen?
  • Wie können zusätzliche Ressourcen mobilisiert werden, um Lernen mit Kunst und Kultur in unserer Schule zu unterstützen?

 

Die besondere Qualität dieser Fragen besteht nicht nur darin, dass sie alle in der Schule handelnden Menschen einbezieht. Sie ermöglichen darüber hinaus einen veränderten Umgang mit der Unterschiedlichkeit von Kultur und Schule, indem sie die Unterschiede als Möglichkeit zur Weiterentwicklung des Schullebens aufgreifen.

 

Damit die Einbindung der Kunst- und Kulturprojekte in den Prozess der Identitätsbildung der jeweiligen Schule gelingen kann, sind demnach entsprechende Grundwerte und Handlungsprinzipien zu berücksichtigen, in deren Zentrum das Verständnis von Bildung als Prozess der Selbstkultivierung steht (nach Tom Braun; Max Fuchs, Viola Kelb (2010): Auf dem Weg zur Kulturschule I. Bausteine zu Theorie und Praxis der Kulturellen Schulentwicklung. S. 249f. sowie Tom Braun (2010): Lebenskunst lernen in der Schule. Mehr Chancen durch Kulturelle Schulentwicklung. S.101):

 

  • Die Schule wird als fortlaufend lernende Organisation verstanden, wobei es – gerade bei dem Prozess der kulturellen Schulentwicklung – um kulturelles Lernen mit den Mitteln der Kunst geht.
  • So wie sich die Bildung des/r Einzelnen als ein Prozess der Kultivierung vollzieht, so ist auch der Prozess der Schulentwicklung ein Prozess der Selbstkultivierung der Institution.
  • Im Prozess der kulturellen Schulentwicklung müssen im Sinne der Inklusion die Lernprozesse der Individuen und der Institution als einander bedingend berücksichtigt werden.
  • Kulturelle Schulentwicklung wird als ein partizipativer Prozess gestaltet, der die Erfahrungs- und Mitgestaltungsmöglichkeiten aller intensiviert.
  • Nicht nur die Organisation der Einzelschule ist als ein soziales System zu verstehen. Auch der/die Einzelne muss im Prozess der Schulentwicklung im Wechselspiel der verschiedenen Persönlichkeitsdimensionen (Kognition, Emotion etc.) berücksichtigt werden.
  • Der Prozess der ‚Selbstkultivierung’ der Schule verlangt einen schulinternen Prozess der Selbstreflexion der eigenen Schulkultur als symbolische Ordnung, die das Handeln der sich in der Schule bewegenden Menschen beeinflusst und die zugleich von ihnen gestaltet wird. Hierbei benötigen Schulen eine Moderation und Beratung durch qualifizierte Fachkräfte.
  • Weil der Prozess der kulturellen Schulentwicklung eine Einbindung der Kunst- und Kulturprojekte in die Identitätsarbeit der Schule beabsichtigt, erfolgt er von Beginn an unter Einbeziehung ästhetisch-künstlerischer Zugänge.

 

Dieser Text ist zuerst erschienen auf dem Internetportal „Kultur bildet.“ des Deutschen Kulturrates im November 2013.

Tom Braun
Tom Braun ist Geschäftsführer der Bundesvereinigung Kulturelle Kinder- und Jugendbildung (BKJ) und des Rates für Soziokultur und Kulturelle Bildung im Deutschen Kulturrat.
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