Häuser für die Narretei: Kitzingen

Fasching, Fastnacht, Karneval – ein Deutsches Fastnachtmuseum (DFM) würde man eher in Düsseldorf oder Köln vermuten. Tatsächlich jedoch befindet es sich im beschaulichen unterfränkischen Kitzingen und zeigt sich seit November 2013 nach einer völligen Neukonzeption modern, multimedial und mit einem Augenzwinkern.

 

Als das Museum im Falterturm im Jahr 2010 überraschend geschlossen wurde, war zunächst unklar, was mit der Sammlung geschehen sollte. In den 1960er Jahren von Hans-Joachim Schumacher ins Leben gerufen, verfügte das Museum immerhin über einen beachtlichen Sammlungsbestand von Hunderten Exponaten. Bernhard Schlereth, damals leitender Direktor des Museums, initiierte und begleitete ein Mammut-Projekt unter privater Trägerschaft: Das DFM sollte als solches in Kitzingen bestehen bleiben und nach kompletter Überarbeitung in ein neues Gebäude überführt werden.

 

So entstand ein moderner Museumskomplex, der sich heute über drei Gebäudeteile erstreckt: Zwei sich gegenüberstehende denkmalgeschützte Altbauten werden durch einen modernen Verbindungsbau miteinander verknüpft. Die Präsentation lebt von diesem Kontrast von Altem und Neuem, von Tradition und Innovation.

 

Weitläufige, elegante Ausstellungsräume in zurückhaltender Farbgebung rufen stets Verwunderung und Staunen hervor. Im Raum »Elf Thesen« ist die museale Präsentation dem Raumeindruck gar nachgeordnet. Hier soll eine nahezu sakral anmutende Innenarchitektur den vermittelten Inhalt unterstreichen: Bei Fasching, Fastnacht, Karneval handelt es sich um historisch gewachsene Brauchkomplexe, die ihren Brauchbestand als Schwellenfeste vor der Fastenzeit entwickelten und damit ausschließlich in einem christlichen Bedeutungszusammenhang zu interpretieren sind.
Das DFM sammelt als einziges Museum seiner Art Objekte mit Bezug zu Fasching, Fastnacht, Karneval ohne regionalen Schwerpunkt. Die Sammlung umfasst derzeit über 14.000 erfasste Objekte, darunter finden sich beispielsweise literarische und bildliche Zeugnisse und Dokumente wie Narrenliteratur, Fastnachtsspiele, Edikte, Flugschriften, Karnevalsschriften, Narrenbücher aus dem Mittelalter bis heute.

 

Die Dauerausstellung folgt nur im ersten Ausstellungsraum, der sich mit der historischen Entwicklung der Fastnacht seit dem Spätmittelalter bis in das 19. Jahrhundert hinein befasst, der klassischen Vitrinenpräsentation. Die Besonderheit der Sammlung besteht in der umfangreichen Masken- und Kostümsammlung, mit Kostümen und Häsern vom Rheinland bis an den Bodensee. Ein Highlight ist die beeindruckende Multimedia-Show, in der zwölf Figuren in einem schillernden Farbenrausch zum Leben erwachen.

 

Die anschließenden Ausstellungsräume befassen sich unter anderem mit den Themenbereichen Masken und Maskenschnitzkunst, Umzüge, Orden, Karneval weltweit, Gardetanz, politischer Karneval etc. Auf diese Weise wird allen Besucherinnen und Besuchern die Vieldeutigkeit der Brauchkomplexe in einem kurzweiligen Rundgang eindrücklich vor Augen geführt.

 

Dieser Text ist zuerst erschienen in Politik & Kultur 02/2020.

Daniela Sandner
Daniela Sandner ist die wissenschaftliche Museumsleiterin des Deutschen Fastnachtsmuseums.
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