„Bienvenue en France“

Frankreich will mit einer neuen Internationalisierungsstrategie die Zahl der ausländischen Studierenden erhöhen

In seiner viel beachteten Rede an der Sorbonne im September 2017 hob Präsident Emmanuel Macron die große Bedeutung der Hochschulen in seiner Reformagenda hervor. Er forderte mehr Austausch, bessere Sprachkenntnisse und eine verstärkte Internationalisierung bis hin zur Schaffung europäischer Netzwerkuniversitäten.

 

Gleichzeitig sollen die französischen Hochschulen attraktiver für ausländische Studienbewerber werden. Am 19. November 2018 stellten der französische Premierminister Édouard Philippe und die Hochschulministerin Frédérique Vidal die neue Internationalisierungsstrategie „Bienvenue en France“ vor. Bis 2027 soll sich die Zahl der internationalen Studierenden in Frankreich von 324.000 auf 500.000 erhöhen.

 

Noch ist Frankreich für internationale Studierende das attraktivste nicht englischsprachige Zielland und belegt nach den USA, Großbritannien und Australien insgesamt Platz vier als beliebtestes Gastland. Allerdings wächst die Zahl der internationalen Studierenden in Frankreich deutlich langsamer als etwa in Deutschland, Kanada, Russland oder China. Seine starke Position auf dem internationalen Bildungsmarkt will Frankreich deshalb verteidigen und weiter ausbauen und vor allem die Willkommenskultur an den Hochschulen verbessern. Die Hochschulen sollen unter anderem künftig mehr Studienmöglichkeiten in englischer Sprache anbieten. Gleichzeitig will Frankreich die komplizierten Visaverfahren vereinfachen und Verwaltungshürden vor Ort abbauen.

 

Die Maßnahmen der Strategie

 

Die Strategie schlägt ein Bündel sehr konkreter Maßnahmen vor:
Ab dem Wintersemester 2019 soll das Visumverfahren vereinfacht werden. Anträge internationaler Studierender sollen bevorzugt behandelt und über eine zentrale Stelle abgewickelt werden. Ab Mitte 2019 soll zusätzlich die Möglichkeit bestehen, ein Visum online zu erhalten, um damit den Gang zur Ausländerbehörde zu vermeiden.

 

Die Regierung kündigt an, zusätzliche Aufenthaltstitel zu schaffen, damit internationale Studierende nach erfolgreichem Studium für die Arbeitssuche in Frankreich bleiben oder dorthin zurückkehren können.
Die Hochschulen sollen zur besseren Betreuung der internationalen Studierenden sogenannte „Welcome Desks“ an den französischen Hochschuleinrichtungen einrichten, gleichzeitig soll das Angebot an Französisch-Sprachkursen, Lehrangeboten auf Englisch und Online-Sprachkursen verdoppelt werden.

 

Künftig sollen außerdem Hochschulen, die sich besonders für die Betreuung ihrer internationalen Studierenden engagieren, mit einem Label „Bienvenue en France“ ausgezeichnet werden.

 

Ab Januar 2019 wird für diese Maßnahmen eine Anschubfinanzierung von zehn Millionen Euro bereitgestellt. Außerdem soll mit einer gezielten Marketingkampagne die Werbung für den Bildungsstandort Frankreich vor allem in frankophonen Staaten, Schwellenländern wie China, Indien, Brasilien und Russland sowie im englischsprachigen Afrika verstärkt werden.

 

Studiengebühren für ausländische Studierende

 

Die Reform enthält aber noch weitere Elemente, die nicht auf die gleiche ungeteilte Zustimmung stoßen. Ab dem Wintersemester 2019 sollen nicht europäische Studierende erstmals Studiengebühren bezahlen. Für grundständige Studiengänge sollen die Gebühren 2.270 Euro, für Master- und Promotionsstudiengänge 3.770 Euro pro Studienjahr betragen.
Nicht betroffen von dieser Gebührenerhöhung sind neben den EU-Studierenden, Geflüchtete sowie internationale Studierende, die seit mehreren Jahren in Frankreich leben und/oder bereits in Frankreich eingeschrieben sind, sowie Studierende, die im Rahmen eines Partnerschaftsabkommens, z. B. mit Erasmus+, nach Frankreich kommen. Gleichzeitig verspricht die französische Regierung eine Verdreifachung der Stipendien für internationale Studierende von 7.000 auf 21.000 Stipendien pro Jahr, sodass nach Angaben des französischen Hochschul- und Forschungsministeriums nur ein Viertel der internationalen Studierenden von der Erhöhung der Studiengebühren betroffen sei.

 

Wie bei vielen Reformen der Regierung Macron werden auch in diesem Gesetzesentwurf zustimmungsfähige Maßnahmen mit umstrittenen Elementen kombiniert. Das Markenzeichen vieler Reformen von Präsident Macron ist das »Sowohl-als-auch«. Die vielfach geforderte Reform wird mit anderen Maßnahmen verbunden, die nicht auf die ungeteilte Zustimmung der Hochschulöffentlichkeit hoffen können. „En même temps“, d. h. gleichzeitig, ist eines der Lieblingsworte des Präsidenten. Die Einführung von Studiengebühren für internationale Studierende wurde in Frankreich sehr kontrovers aufgenommen und hat für viele Diskussionen und Proteste an französischen Hochschulen gesorgt. Die französische Hochschulrektorenkonferenz (CPU) begrüßte die Strategie zwar generell, steht der angekündigten Studiengebührenerhöhung allerdings sehr kritisch gegenüber und fordert insbesondere eine Debatte über die Kriterien der Studiengebührenbefreiung an den einzelnen Universitäten. Die geplanten Gebühren für Doktoranden wurden bereits zurückgenommen und es zeichnet sich ab, dass die bisher auf zehn Prozent begrenzte Quote für Gebührenbefreiung möglicherweise auf 15 Prozent erhöht wird.

 

Dieser Text ist zuerst erschienen in Politik & Kultur 4/2019.

Christian Thimme
Christian Thimme ist Leiter der Außenstelle des DAAD in Paris.
Vorheriger ArtikelUnter Beobachtung
Nächster ArtikelIndonesien will Ausbildungsqualität steigern