Der materialspezifische Blick

Die Restaurierung von Denkmälern

Denkmäler und Kunstwerke aus Stein legen Zeugnis unserer Geschichte und Kultur ab. Doch wie erhält man dieses Zeugnis für kommende Generationen – auch rein formell? Denkmäler sind im Außenraum kontinuierlich Wetter- und Umwelteinflüssen ausgesetzt, sie verwittern jeden Tag ein wenig mehr. Restauratoren wie Wanja Wedekind helfen, das Kulturerbe zu bewahren. Theresa Brüheim spricht mit dem Experten für Steinkonservierung sowohl über die restauratorische Praxis als auch über die Bedeutung der Arbeit für Provenienz und Restitution.

 

Theresa Brüheim: Herr Wedekind, Restaurierung ist eine angewandte wissenschaftliche Disziplin, die werk- und kunsttechnische Fähigkeiten mit kunst-, natur- und materialwissenschaftlicher Kompetenz verbindet. Was bedeutet das in der restauratorischen Praxis?
Wanja Wedekind: Denkmäler befinden sich oftmals im urbanen Stadtraum und das zum Teil über Jahrhunderte. Sie sind der Witterung ausgesetzt, haben Industrialisierung und Kriege erlebt und sind deshalb in besonderer Weise hin und wieder restaurierungsbedürftig. Auf der anderen Seite sind Denkmäler natürlich auch politische Symbole und damit Veränderungen ihrer gesellschaftlichen Bedeutung und Verortung unterworfen. Kaum ein Denkmal im urbanen Stadtraum befindet sich heute noch an dem Standort, an dem es ursprünglich aufgestellt wurde; obwohl es eigentlich für Beständigkeit steht. Um beides, seinen Zustand und die möglichen Veränderungen in Substanz und Bedeutung zu verstehen und denkmalgerechte Konzepte zu entwickeln, ist ein umfangreiches Fachwissen notwendig – sowohl in ethischer, in ästhetischer als auch in praktischer Hinsicht.

 

Wie sieht Ihr Arbeitsalltag als Restaurator aus?
Zuerst fährt man zu dem Denkmal. Dort steht am Anfang die Bestands-erfassung. Das Denkmal wird genau betrachtet, die Zustände, Schäden und Materialien kartiert. Es werden noch anderweitige naturwissenschaftliche Untersuchungen und umfangreiche Archivarbeit getätigt. Daraus wird das Restaurierungskonzept entwickelt. Dabei ist es wichtig, den Außenraum zu allen Jahreszeiten zu beobachten, um die Spuren der Verwitterung und ihre Dynamik zu verstehen. Wenn man das Glück oder besser das Überzeugungsvermögen hat, beauftragt zu werden, führt man dieses Restaurierungskonzept dann aus.

 

Ein Beispiel für Ihre Arbeit ist die Restaurierung der Friedenssäule in Berlin. Wie sind Sie dabei vorgegangen? Wie lang hat der Prozess gedauert?
Überraschenderweise hat die Friedenssäule den Zweiten Weltkrieg
quasi unbeschadet überstanden, obwohl zu allen Seiten Bomben fielen. Bei der Restaurierung waren verschiedene Firmen beteiligt, ich habe mich in erster Linie um die Marmorteile gekümmert, die auf dem Mehringplatz äußerst exponiert waren. Es hatte eine starke Verwitterung stattgefunden, insbesondere an dem opulenten Kapitell auf dem eine Engelsstatue aufgesetzt ist. Das Kapitell war stark verschmutzt, mit dunklen Gipskrusten überzogen. Mittels Ultraschallmessungen haben wir den Zustand dieses Kapitells analysiert. Nach der Reinigung wurde eine spezielle Tränkungsmethode zur Festigung angewandt, die sogenannte Acrylharzvolltränkung. Vor der Festigung musste es sehr lange getrocknet werden. Das alles hat etwa ein halbes Jahr gedauert. Die ganze Baustelle nahm wesentlich mehr Zeit in Anspruch.

 

Sie haben auch die berühmte archäologische Felsenstadt Petra in Jordanien restauriert.
Genau, wir haben einige Felsfassaden in Petra mitrestauriert, die sich in semiariden Klimata befinden. Da hat man mit ganz anderen Problemen als bei der Berliner Friedenssäule zu kämpfen. Petra liegt in der Wüste, aber es regnet hin und wieder auch. Und dieser Regen ist eben ein Hauptproblem bei der Erhaltung, in ihm befinden sich bauschädliche Salze. Der Regen fließt über die Fassaden ab; dort, wo das Wasser in das Gestein einsickert und abtrocknet, kristallisieren Salze aus. Das greift die Fassaden sehr stark an, es entsteht ein Lochfraß. Gerade hat unsere Firma Applied Conservation Science wieder ein Angebot für eine Untersuchung der größten Felsfassade, dem Palastgrab, für die UNESCO abgegeben.

 

Sie erwähnten, dass für die Restaurierung eine Beobachtung des Denkmals zu allen Jahreszeiten nötig ist. Wie kann das bei Petra gewährleistet werden?
Bei einer Stätte wie Petra in Jordanien ist es sehr stark anzuraten, zu allen Jahreszeiten und Wetterbedingungen vergleichend zu beobachten; bei der Berliner Friedenssäule kann man hingegen auf Daten und Erfahrungen von ähnlichen Monumenten zurückgreifen. Nach Petra pilgern viele Wissenschaftler, da es ein Aushängeschild der eigenen Arbeit ist. Aber in der Regel fahren die nicht in der unwirtlichen Zeit, wie sie auch in der Bibel beschrieben wurde. Es kann dort sehr kalt, regnerisch und stürmisch werden. Eine Beobachtung zu dieser Zeit zeigt jedoch erst, welche Mechanismen zu diesen heftigen Schäden führen. Ich war dort mehrere Jahre beschäftigt und habe alle Phasen des Jahres erlebt.

Wanja Wedekind & Theresa Brüheim
Wanja Wedekind ist Restaurator und Sprecher der Fachgruppe Steinkonservierung im Verband der Restauratoren (VDR). Theresa Brüheim ist Chefin vom Dienst von Politik & Kultur.
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