Das Deutsche Literaturarchiv Marbach

Das Deutsche Literaturarchiv Marbach (DLA) ist eine außeruniversitäre Forschungseinrichtung, die unter anderem 1.400 Vor- und Nachlässe, 36 Verlagsarchive, die größte Fachbibliothek für deutschsprachige Literatur weltweit, eine umfangreiche Sammlung literarischer Medien und zwei große Museen für Literatur beherbergt.

 

Zugang zum Archiv erhält, wer sich für Quellen deutscher Literatur- und Geistesgeschichte seit 1750 interessiert.

 

Die Ursprünge des DLA reichen auf die Schiller-Verehrung des 19. Jahrhunderts zurück; Marbach ist die Geburtsstadt des Autors. Mit der Gründung des DLA 1955 wurde das Haus zum Archiv der deutschsprachigen Literatur in der Bundesrepublik Deutschland ausgebaut. Der Bund und das Land Baden-Württemberg sind die primären Zuwendungsgeber des Deutschen Literaturarchivs Marbach.

 

Seit seinen Anfängen gehört das DLA zudem zu den wichtigsten Sammelstätten für Exilliteratur. Der Anspruch, Zeugnisse verbrannter und verfemter deutschsprachiger Literatur zu sammeln, leitete die Gründer des DLA und prägt die Erwerbungs-, Ausstellungs- und Veranstaltungspolitik des Hauses bis heute. Unter den Namen zur Nachkriegs- und Gegenwartsliteratur finden sich Paul Celan, Günter Eich, Hans Magnus Enzensberger, Marie Luise Kaschnitz, W. G. Sebald und Julia Franck, außerdem bedeutende Bestände von Gelehrten, Philosophen und Germanisten. Nach- und Vorlässe von Autoren und Philosophen werden erschlossen, was oft schon Forschen bedeutet, und umgekehrt die Bestände der Forschung erst zugänglich macht.
Das Collegienhaus mit 30 Appartements dient als Wohn- und Begegnungsstätte für forschende Gäste aus aller Welt.

 

Die Forschung im DLA entwickelt sich ausgehend von seinen Beständen und vielfach in Kooperation mit Universitäten oder anderen wissenschaftlichen Einrichtungen: Zum einen forscht das DLA empirisch und archivologisch, ausgehend von den Spuren, die seine Bestände im Hinblick auf Literatur, ihre Entwicklung, ihre Leser und die Prozesse der Literaturproduktion hinterlassen. Zum anderen treibt das DLA Ansätze der Digital Humanities voran – unter anderem, indem es sich mit der Produktion und Erforschung von Metadaten sowie mit Born-digitals auseinandersetzt.

 

Ein umfangreiches Veranstaltungsprogramm ermöglicht ästhetische Erfahrungsprozesse und ihre Reflexion im Umgang mit Sprache und Literatur. In den beiden Museen des DLA, dem Schiller-Nationalmuseum (SNM) und dem Literaturmuseum der Moderne (LiMo), sind Besucherinnen und Besucher eingeladen, in der Auseinandersetzung mit Manuskripten, Briefen, Fotos, Kunstwerken und Alltagsgegenständen in einen eigenen kreativen Prozess lesend und schreibend einzutreten. Dauerausstellungen zu Schiller und zur Literatur des 19. Jahrhunderts im SNM bzw. zur Literatur von 1899 bis heute im LiMo werden regelmäßig durch Wechselausstellungen ergänzt – bis zum 22. November 2020 ist die Ausstellung „Narrating Africa“ zu sehen

 

Dieser Text ist zuerst erschienen in Politik & Kultur 03/2020.

Sandra Richter
Sandra Richter ist Direktorin des Deutschen Literaturarchivs Marbach.
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