Landkreise jetzt für das „Danach“ stark machen

Kommunale Kultureinrichtungen sind systemrelevant

Natürlich kämpft das Corona-virus nicht gegen die Kultur, ebenso wenig gegen die Wirtschaft, den Sport oder die Politik: Nein, es greift Gesundheit und Leben an. Aber die Kultur und die in der Kultur tätigen Menschen sind durch die mittelbaren Folgen der Epidemie massiv betroffen. Dies stellt natürlich ein gesamtstaatliches Thema dar, und es ist gerade auch für die Landkreise eine erhebliche Herausforderung.

 

Die Corona-Pandemie hat massive Auswirkungen auf das öffentliche wie das private Leben, auf die Aufgaben der öffentlichen Hand, auf Wirtschaft und Kultur und auf alles, was unser gesellschaftliches Zusammenleben angeht: Und damit sind wir schon bei der Kultur. Daher stellen sich die Landkreise nicht nur ihren auf den ersten Blick vordringlichen Aufgaben als Gesundheitsamt oder allgemeine Ordnungsbehörde, sondern auch den dahinterliegenden, grundlegenden gesellschaftlichen Herausforderungen. Es gilt nämlich, auch die immateriellen Grundlagen zu sichern, indem beispielsweise Kulturschaffende sowie die entsprechenden Dienste und Einrichtungen über die Krise hinweg wirtschaftlich und strukturell gesichert werden. Nach der Krise muss es auch ein „Danach“ für diese Kulturlandschaft geben – und das so kraftvoll wie möglich.

 

Das Virus zeigt die Verletzlichkeit der Menschen insgesamt und jedes Individuums, aber auch unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens auf. Sogar Experten der Wirtschaft fragen sich auf einmal, ob Grenzen der Globalisierung erreicht sein könnten. Es könnte wohl sinnvoll sein, bestimmte Produkte nicht ausschließlich an völlig anderen Teilen der Welt produzieren zu lassen. All dies gilt für die Kultur in ganz anderer Weise. Denn zwar leben wir richtigerweise von und unter kulturellen Einflüssen aus der ganzen Welt. Diesen Einfluss dürfen wir nicht einschränken, er gefährdet nichts und niemanden und bereichert uns alle. Aber Kultur und kulturelles Leben findet insbesondere in lokalen und regionalen, in überschaubaren Räumen statt.
Das Leben in Landkreisen und in den kreisangehörigen Städten und Gemeinden ist mindestens so bunt, vielfältig und divers wie das Leben in Großstädten – und wie das Leben an sich. Aber allen Landkreisen in Deutschland ist gemein, dass der Erhalt der kulturellen Infrastruktur und der Schaffenskraft der Künstlerinnen und Künstler sowie aller Kulturschaffenden zentrale Bedeutung hat. Dabei lassen sich zwei wesentliche Bereiche unterscheiden:

 

Kommunale Einrichtungen der Landkreise

 

Hierbei handelt es sich z. B. um Musikschulen, Volkshochschulen, Bibliotheken, soziokulturelle Einrichtungen und vieles mehr. Hier gibt es schon jetzt in den Verwaltungen Beratungen über den finanziellen Ausgleich von entgangenen Einnahmen, über den Einsatz des fest angestellten Personals – ggf. an kurzfristig notwendigen anderen Einsatzorten oder Ähnliches. Diese Themen werden die Landkreise vor große Herausforderungen stellen, insbesondere finanzieller Art. Aber sie dürften keine existenzielle Bedrohung für diese Einrichtungen darstellen.
Wesentliches Problem im Zusammenhang mit diesen Einrichtungen und Diensten ist allerdings der Umgang mit den auf Honorarbasis beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Jeder Einzelfall ist anders, daher nur einige verallgemeinerungsfähige Aussagen hierzu: Der Deutsche Landkreistag hat die entsprechenden Fachverbände – Verband deutscher Musikschulen, Deutscher Volkshochschulverband usw. – nachdrücklich darin unterstützt, damit die auf Bundesebene getroffenen Regelungen gerade auch die betroffenen Honorarkräfte an diesen kommunalen Einrichtungen mit begünstigen.

 

Hier konnten wir auf die Unterstützung der Kulturstaatsministerin wie auch des Bundesarbeitsministers und weiterer Verantwortlicher in der Bundesregierung zählen. Dennoch muss weiter konkret in den Landkreisen daran gearbeitet werden, wie die Honorarkräfte, auf deren Arbeit wir in unseren Einrichtungen auch in Zukunft angewiesen sein werden, gehalten werden können und ihr wirtschaftliches Auskommen auch über eine Schließungszeit hinweg gesichert bleibt.

 

Kulturschaffende

 

Ein noch schwierigeres Feld sind diejenigen Künstlerinnen und Künstler, andere Kulturschaffende und auch Kultureinrichtungen, die im Regelfall keine direkte kommunale Unterstützung bekommen. Selbst wenn sie in Kulturentwicklungsplänen und kulturellen Bestandsaufnahmen der Landkreise aufgeführt sind, ist es schwierig, hier kurzfristig eine Unterstützung zu realisieren, die über den Schutzschirm des Bundes z. B. für Soloselbständige hinausgehen. Hierdurch können aber Institutionen nicht gesichert werden. Daher müssen entsprechende Konzepte der Landkreise, die gemeinsam mit der Zivilgesellschaft, den kreisangehörigen Städten und Gemeinden und den jeweiligen Landesregierungen erarbeitet werden, in diesen Fällen greifen. Ziel muss es sein, neben den betroffenen Menschen auch den Erhalt der Einrichtungen an sich zu ermöglichen und anschließend für die Zukunft „post Corona“ fit zu machen. Für das kulturelle Leben in den Landkreisen ist gerade diese Szene von besonderer Bedeutung.

 

Dieser Text ist zuerst erschienen in Politik & Kultur 04/2020.

Jörg Freese
Jörg Freese ist Beigeordneter des Deutschen Landkreistages.
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