Kultur der Qualität

Wie positioniert sich ein familiengeführter Design-Fachverlag heutzutage am Buchmarkt?

Welche Chancen und Herausforderungen bietet der Buchmarkt Ihrem Verlag?
In Bewerbungs- oder Teamgesprächen ist immer mein erstes Bild: Wir sind kein Dampfer, sondern ein Sportboot. Auf der einen Seite müssen wir einen starken, agilen Motor haben. Wir sind individuell und spontan, werden auf dem Wasser aber auch mal nass. In der Praxis bedeutet das, wenn uns heute ein Projekt begegnet, das schon relativ weit fortgeschritten ist, und die Autorin oder der Autor Zeit hat, dann geht es bei uns auch sehr schnell. Dann sagen wir nicht: »Nein, die Vorschau ist schon dicht. Die Vertreter sind schon gebrieft.« Wir haben gar keine Vertreter, weil das nicht mit unserer Spontanität zusammenpasst. Und dann entsteht ein Buch im Radikalfall auch mal recht schnell.

 

Z. B. wurde uns mal ein Kalender im August für das nächste Jahr angeboten. Die Kalenderreisen der Vertreter sind im Januar und die Sondernummer vom Börsenblatt zu Kalendern kommt auch schon im Mai oder Juni raus. Wir hatten aber das Gefühl, es in zwei Monaten pünktlich zur Frankfurter Buchmesse hinzubekommen und haben es gemacht. Und ehrlich: Wer interessiert sich schon wirklich für Kalender vor Oktober? Das könnte man in einem großen Verlag nicht machen, die Prozesse würden es nicht hergeben.

 

Außerdem sind die Beziehungen zu unseren Autorinnen und Autoren persönlicher. Oft gehen wir nach der Arbeit im Büro noch mit ihnen zu uns nach Hause. Dann gibt es ein Glas Wein, ein Stück Käse und man diskutiert weiter. Dabei kommt die eine oder andere Idee eben nicht am Besprechungstisch, sondern am Abendessenstisch, weil lockerer geredet wird, man sich mehr traut, zu spinnen und Grenzen auszuloten. Und plötzlich entsteht eine Idee wie die, dass ein Autor – ungelogen – 3.000 Bücher mit Aquarellfarbe mit der Hand anmalt. Auf der anderen Seite können wir im Vorschusspoker um die Buchmesse herum nicht mitspielen, also müssen wir agiler und kreativer sein – und das bleiben. Sobald wir uns zurücklehnen, geraten wir ins Fahrwasser der Großen.

 

Großverlage sind natürlich große Konkurrenz. Aber wie sieht es mit der Konkurrenz zu anderen Fachverlagen aus?
Wir haben sehr klare Mitbewerber, die sich an dieselbe Zielgruppe richten, mit einem letztlich vergleichbaren Angebot. Das ist – und das überrascht vielleicht – sehr, sehr gut, dass es sie gibt. Denn somit sind die Autoren frei und Konkurrenz belebt immer. Entsprechend gibt es ein Ringen um die gleichen Talente und Geldbeutel. Auch gegenüber dieser Konkurrenz versuchen wir, immer noch die schönsten Bücher zu machen – nicht immer, aber immer wieder, gelingt das. Man beobachtet sich extrem. Wenn wir eine Autorin oder einen Autor ablehnen, wissen wir genau, wo sie oder er als nächstes vorspricht. Das ist ein Mikrokosmos, in dem man sich sehr respektiert und auf Fairplay setzt.

 

Wo sehen Sie den Verlag Hermann Schmidt in Zukunft?
Auch wenn es altmodisch klingen mag, auf Dauer sehe ich uns in digitalen Zeiten und mit vollstem Respekt vor der Digitalisierung trotzdem Bücher machen. Ich glaube, dass wir das können und es neben anderen Ausgabeformen weiter Bücher geben wird.

 

Ich sehe uns weiter intensiv am Inhalt feilen. Vor lauter Ruf für das schöne Buch vergisst man manchmal zu sagen, dass natürlich nur ein guter Inhalt ein schönes Buch wert ist. Das ist eine Herausforderung, die durch viele kostenfreie oder -günstige digitale Inhalte immer wichtiger wird. Das geht auch nur, wenn wir weiter Herzblut und Leidenschaft reinpacken. Nur dann kann so ein Verlag eine Zukunft haben.

 

Vielen Dank.

 

Dieser Text ist zuerst erschienen in Politik & Kultur 5/2018.

Karin Schmidt-Friderichs und Theresa Brüheim
Karin Schmidt-Friderichs leitet mit Bertram Schmidt-Friderichs den gemeinsam gegründeten Verlag Hermann Schmidt in Mainz. Theresa Brüheim ist Chefin vom Dienst von Politik & Kultur.
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