Sprechen fürs Radio

Drei Fragen an Sonnja Helfrecht-Riedel

Deutliche Aussprache, bewusste Atempausen, besondere Betonung … machen besonders im Radio einen großen Unterschied. Sie entscheiden darüber, ob man gern zuhört, eine Sendung bis zum Ende verfolgt oder gleich wieder abschaltet. Die Atem-, Sprech- und Stimmlehrerin Sonnja Helfrecht-Riedel beantwortet drei Fragen zur Bedeutung der Stimme im Radio.

 

Frau Helfrecht-Riedel, Sie sind Atem-, Sprech- und Stimmlehrerin. Was machen Sie als solche?

Atem-, Sprech- und Stimmlehrer ist ein staatlich anerkannter Ausbildungsberuf, der viele Tätigkeiten im Bereich „Sprechen“ und „Stimme“ ermöglicht. Zum einen arbeite ich therapeutisch mit Menschen, die Schwierigkeiten mit der Stimme, der Artikulation, der Sprache oder dem Schlucken haben – analog der Logopädie. Zum anderen trainiere ich vor allem Menschen, die beruflich viel sprechen und präsentieren müssen – etwa Sprecher, Moderatoren, Politiker und Pädagogen. Unter meinen Kunden sind auch viele Persönlichkeiten der freien Wirtschaft. Salopp gesagt, präsentiert man ja ständig irgendetwas. Mit konzentriertem Coaching des eigenen Auftretens kann man hier schon mit wenig Aufwand große Verbesserungen erwirken, sei es in Haltung, Mimik, Gestik, Körpersprache, Stimmklang, Aussprache und Atmung.

 

Welche Rolle kommt der Stimme im Radio zu?

Die Rolle der Stimme im Radio ist essenziell! Man erkennt als Hörer sofort, ob man gerne zuhört und „dranbleibt“ oder gleich wieder weiterschaltet. Man sieht den Sprecher ja nicht, über die Stimme nimmt man aber sehr viel mehr wahr, als man ohnehin vermuten würde. Etwa, wie interessiert zeigt sich der Sprecher am Thema, setzt er ein leichtes, freundliches Lächeln auf oder nicht. Nehme ich ihm die Kompetenz ab, wirkt er sachlich oder emotional. Das alles hat Einfluss darauf, wie sympathisch uns der Sprecher im Radio dann wirklich ist. Und, man kennt das ja auch vom Telefonieren. Begegnet uns jemand mit Sympathie, reagieren wir auch gleich viel sympathischer. Wir nehmen unterbewusst auch viel mehr Dinge wahr, als wir meinen. Umso wichtiger ist es, um den Einsatz der Möglichkeiten der Stimme zu wissen.

 

Welche allgemeinen Tipps für das Sprechen im Radio gibt es?

Das in wenigen Sätzen auf den Punkt zu bringen, ist schwer, aber: Setzen Sie unbedingt Ihre Mimik und Gestik ein, auch wenn der Zuhörer nicht zu sehen ist. Denn dadurch wird Gesagtes viel lebendiger und authentischer. Achten Sie auf Pausen und sprechen Sie nicht zu schnell, aber auch nicht zu langsam. Lernen Sie frei (nur mit Stichpunkten) zu sprechen, denn ein ausformuliertes Skript kann schnell abgelesen klingen. Sprechen Sie in einer angenehmen, entspannten Stimmlage. Präsenz erhalten Sie durch eine prägnante Artikulation. Vermeiden Sie „Ähms“ oder andere Füllwörter, falls diese zur Gewohnheit werden. Stellen Sie sich Ihre Zuhörer vor, so als würden sie bei Ihnen im Studio sitzen. Das wird Ihre Betonung positiv beeinflussen. Mitunter ist das Thema aber sehr komplex und man muss von Fall zu Fall entscheiden, welche Schwerpunkte man im Coaching setzt. Grundsätzlich ist es im Coaching so: Vieles fällt uns selbst nicht auf, daher ist es immer hilfreich, sein Können einem Gegenüber zu präsentieren und dieses professionell bewerten zu lassen.

 

Dieser Text ist zuerst erschienen in Politik & Kultur 11/2021.

Sonnja Helfrecht-Riedel
Sonnja Helfrecht-Riedel ist Atem-, Sprech- und Stimmlehrerin.
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