Hakenkreuze in Computerspielen? Deutscher Kulturrat fordert differenzierte Debatte

Berlin, den 24.08.2018. Der Deutsche Kulturrat, der Spitzenverband der Bundeskulturverbände, fordert auf, die in den letzten Tagen entstandene Diskussion zur Freigabe von verfassungsfeindlichen Symbolen in Computerspielen differenziert zu führen.

 

Die Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK) hat am 09.08.2018 eine Änderung der Praxis zur Altersfreigabe von Spielen bekannt gegeben, in denen Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen verwendet werden. Sie teilte mit, dass die Sozialadäquanzklausel des § 86 Abs. 3 des Strafgesetzbuches (StGB) durch die USK-Gremien bei der Prüfung von Computerspielen mit einbezogen werden. Diese Änderung wurde durch eine veränderte Rechtsauffassung der zuständigen Obersten Landesjugendbehörde, dem Ministerium für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration NRW, möglich. In die Entscheidung waren die anderen Obersten Landesjugendbehörden, das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz sowie das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend eingebunden.

 

Im Klartext heißt dieses, dass der Computerspielebereich dem Filmbereich gleichgestellt wird, für den es bereits seit vielen Jahren eine entsprechende Regelung gibt. Konkret bedeutet das, wenn ein Computerspieleentwickler in seinem Spiel verfassungsfeindliche Symbole verwenden und dieses auf den deutschen Markt bringen will, er die Einzelfallprüfung bei der USK durchlaufen muss. Ein fünfköpfiges Gremium, bestehend aus vier Jugendschutzexperten und einem Ständigen Vertreter einer Obersten Landesjugendbehörde, entscheidet über den Antrag. Das letzte Wort hat der Ständige Vertreter einer Obersten Landesjugendbehörde, der bei einer möglichen Überstimmung durch die Jugendschutzexperten zwei weitere Gremien anrufen kann.

 

Grundlage einer Freigabe eines Computerspiels, in dem verfassungswidrige Symbole verwandt werden, ist die Sozialadäquanzklausel des § 86 Abs. 3 des Strafgesetzbuches (StGB). Hier wird ausgeführt, dass verfassungswidrige Symbole verwandt werden dürfe, „wenn das Propagandamittel oder die Handlung der staatsbürgerlichen Aufklärung, der Abwehr verfassungswidriger Bestrebungen, der Kunst oder der Wissenschaft, der Forschung oder der Lehre, der Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens oder der Geschichte oder ähnlichen Zwecken dient.“

 

Beispiele aus dem Filmbereich, in denen in Deutschland verfassungsfeindliche Symbole gezeigt werden dürfen, sind die mehrfach ausgezeichneten Filme Inglourious Basterds von Quentin Tarantino und Schindlers Liste von Steven Spielberg. Im Computerspielebereich kommt die Neuregelung erstmals bei dem Spiel „Through the Darkest of Times“ zum Einsatz. In diesem Spiel kämpfen die Gamer als Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus.

 

Der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, Olaf Zimmermann, sagte: „Verfassungsfeindliche Symbole wie Hakenkreuze oder der Hitlergruß haben in der Regel in Computerspielen nichts zu suchen. Aber in Ausnahmefällen und nur nach Einzelfallprüfung durch die USK ist es richtig und notwendig, dass Computerspiele genau wie Filme, die der Aufklärung und dabei der Abwehr verfassungswidriger Bestrebungen dienen, auch verfassungsfeindliche Symbole nutzen dürfen, um den geschichtlichen Kontext nachvollziehbar zu machen. Es ist verständlich, dass manche Beobachter bei der Verbindung von Computerspielen und verfassungsfeindlichen Symbolen Sorgen äußern. Doch ist es gerade in diesem speziellen Fall notwendig, differenziert mit diesem Thema umzugehen.“

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