KW 47: Corona: Versagen der Politik, Claudia Roth neue Kulturstaatsministerin, Bundesregierung – Wie grün wird die Kultur?, …

... Politik & Kultur 12/2021-01/2022 exklusiv vorab, Sonderfonds Kulturveranstaltungen: Informationen und Einladung zur Infoveranstaltung, Text der Woche

Sehr geehrte Damen und Herren,

 

irgendwie gehöre ich auch dazu, zum Politik-Establishment in unserem Land. In wenigen Wochen bin ich 25 Jahre Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates. Ich habe die Höhen und Tiefen der Politik, erst noch in Bonn und dann in Berlin, live miterleben dürfen. Doch jetzt hat mich ein tiefgreifender Zweifel über unsere politische Elite erfasst.

 

Das strukturelle Versagen der Politik in der Coronakrise raubt mir nachts den Schlaf. Im Winter 2019/2020 hat das Dilemma angefangen.

 

Die überdeutlichen Zeichen der herannahenden Seuche wurden von der Politik standhaft ignoriert. Es kann nicht sein, was nicht sein darf, war die vorherrschende Devise. Im Frühjahr traf die Pandemie die gesamte Gesellschaft und auch den Kulturbereich mit größter Wucht. Der erste Lockdown traf uns ins Mark, die ersten Hilfsmaßnahmen starteten. Menschen starben.

 

Ein bisschen Entspannung im Sommer, viele Kulturschaffende konnten aber weiterhin ihrer Arbeit nicht nachgehen. Dann der zweite Corona-Winter, noch härter, noch länger. Die gesamte Gesellschaft fror geradezu ein. Der Kulturbereich wurde flächendeckend auf Eis gelegt. Menschen starben.

 

Anfang des Jahres: ein Hoffnungs­schimmer. Impfstoffe kommen. Durch ein empörendes Versagen der Politik wurde viel zu wenig Impfstoff geordert. Die Politik gibt ein unglaublich dummes Versprechen ab: keine Impfpflicht in Deutschland. Menschen starben.

 

Im Sommer wieder etwas Entspannung, im Kulturbereich wächst die Hoffnung, wieder spielen zu können. Dann kommt die vierte Welle, noch härter noch dramatischer als alles vorher. 3G, 3G+, 2G, 2G+ und wieder schließen. Menschen sterben.

 

Mehr als 100.000 Menschenleben hat die Pandemie allein in Deutschland gekostet. In einer Art orwellschem Wortgeschwurbel wird gerne davon gesprochen, dass die Opfer mit und nicht an dem Virus gestorben seien.

Das ist genauso unsinnig, als würde man sagen, der Mensch ist mit Krebs gestorben und nicht an Krebs. Aber die Worte werden von der Politik gewählt, um den Eindruck zu vermitteln, dass die mehr als 100.000 Toten, meist ältere Menschen, sowieso nicht mehr lange gelebt hätten. Pure Verrohung.

 

Und jetzt sterben auch die Jüngeren, vielfach, aber nicht ausschließlich die Ungeimpften. Auch weil die Politik ihrer Verantwortung grob fahrlässig nicht nachgekommen ist. Es ist die zentrale Aufgabe des Staates, die Bürgerinnen und Bürger zu schützen. Nur deshalb hat der Staat das Gewaltmonopol. Die Politik muss die staatlichen Regeln setzen und versagt hierbei seit zwei Jahren kläglich.

 

Mit freundlichen Grüßen

 

Olaf Zimmermann
Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates
twitter.com/olaf_zimmermann

 


 

Claudia Roth von den Grünen wird neue Kulturstaatsministerin und damit Nachfolgerin von Monika Grütters (CDU)

 

Claudia Roth (66) gehört seit 1998 dem Deutschen Bundestag an. Von 2001 bis 2002 sowie von 2004 bis 2013 war sie eine von zwei Bundesvorsitzenden von Bündnis 90/Die Grünen. Seit Oktober 2013 ist sie Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages. Nun wird sie wohl die erste Kulturstaatsministerin von Bündnis 90/Die Grünen.

 

Lesen Sie auch unsere aktuelle Pressemitteilung „Claudia Roth soll Kulturstaatsministerin werden – Mit Claudia Roth wird ein Politikprofi dieses wichtige politische Amt übernehmen„.

 

Die zukünftige Kulturstaatsministerin, Claudia Roth, hatte Ende September gemeinsam mit Erhard Grundl MdB in einem Beitrag für die Wochenzeitung Die Zeit ihre Vorstellung zur Bundeskulturpolitik skizziert.

 

Claudia Roth ging in dem Beitrag mit der Kulturpolitik der Großen Koalition ins Gericht und konstatieren, dass strukturelle Probleme unbearbeitet blieben. Als liegengebliebene Themen benannte sie die soziale Sicherung der Künstlerinnen und Künstler sowie der Solo-Selbständigen im Kulturbereich, „fehlende Maßnahmen gegen strukturelle Diskriminierung und rechten Terror“, unzureichende Schritte zur Überwindung des Gender Pay Gaps sowie ein zunehmend unkritisches Preußenbild. Speziell mit Blick auf das Humboldt Forum wurde der Großen Koalition mangelndes Unrechtsbewusstsein und Empathie vorgeworfen.

 

Als Gegenmodell wurde von Roth entworfen, dass gendergerechte Mindesthonorare und eine Quote für Geschlechtergerechtigkeit auf allen Entscheidungsebenen staatlicher Kultureinrichtungen eingeführt werden sollen und dass gesellschaftliche Veränderungen stärker reflektiert und die Kultureinrichtungen sich vermehrt den Gruppen, die bislang noch nicht zum Publikum zählen, öffnen müssen.

 

Ferner sah sie die Aufgabe des Bundes, Kommunen und Länder stärker bei der Kulturförderung zu unterstützen. Die Kulturförderung soll strukturell erneuert und das Zuwendungsrecht reformiert werden. Weiter muss nach ihrer Auffassung mehr in die internationale und europäische Vernetzung investiert und den Einschränkungen von Meinungs- und Kunstfreiheit im Ausland energischer entgegengetreten werden.

 

Darüber hinaus sieht sie die Rolle der Kulturpolitik als Möglichmacherin, die sich in die „Klima-, Umwelt, Wirtschafts-, Städtebau, Außen- und vor allem Sozialpolitik“ einbringt und eine verlässliche Partnerin der Künstlerinnen und Künstler und der Kultureinrichtungen ist.

 

 


 

Bundesregierung – Wie grün wird die Kultur?

 

Das Thema der „Kulturzeit“ vom 26.11.2021: Die Kultur im Koalitionsvertrag – Gespräch mit Olaf Zimmermann

 

 


 

Politik & Kultur 12/21-01/22 vorab eklusiv für die Leserinnen und Leser des kulturpolitischen Wochenreports

 

Ganz aktuell steht der Koalitionsvertrag im Fokus: Olaf Zimmermann und Gabriele Schulz ziehen auf Seite 3 eine erste Bilanz. Viele Forderungen des Deutschen Kulturrates wurden aufgenommen, aber ein Bundeskulturministerium wird es nicht geben.

 

Themen der Ausgabe:

 

  • Das Ende eine Ära
    Was bleibt nach 16 Jahren CDU-Kulturpolitik? Und was kommt jetzt?
  • Pop & Populismus
    Braucht die Musik eine Selbstkontrolle, um antisemitischen, sexistischen und rassistischen Tendenzen entgegenzuwirken?
  • Europa
    Kulturprojekt Europa: Wie wollen wir in Zukunft auf unserem Kontinent zusammenleben?
  • Medien
    Jahresrückblick: Von der Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks bis zur Filmförderungsgesetz-Novelle

 

Weitere Themen: Antisemitismus im deutschsprachigen Hip-Hop, Selbstkontrolle und Medienschutz, Möller meint: Russland und der Fall Memorial, Frauen in der Kunstwelt, Goethes Welt Brasilien: Leben im Einklang mit der Natur, Katja Wildermuth im Porträt, Keuchels Kontexte: Ganztag u.v.m.

 

  • Die Ausgabe 12/21-01/22 von Politik & Kultur, herausgegeben von Olaf Zimmermann und Theo Geißler, mit dem Schwerpunkt „Das Ende einer Ära: Was bleibt nach 16 Jahren CDU-Kulturpolitik? Und was kommt jetzt?“ jetzt hier vorab als kostenfreies E-Paper (pdf-Datei) verfügbar

 


 

Sonderfonds Kulturveranstaltungen

 

Damit trotz der widrigen Umstände Kulturveranstaltungen durchgeführt werden können, hat der Bund einen Sonderfonds Kulturveranstaltungen in einer Größenordnung von 2,5 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Der Deutsche Kulturrat vertritt den Kulturbereich im Lenkungsausschuss des Fonds.

 

Der Sonderfonds besteht aus zwei Modulen:

 

Eine Wirtschaftlichkeitshilfe gewährleistet, dass Veranstaltungen auch dann durchgeführt werden können, wenn aus Gründen des Infektionsschutzes weniger Besucherinnen und Besucher zugelassen sind und somit weniger Tickets verkauft werden können. Deshalb gibt es einen Zuschuss auf die Einnahmen aus Ticketverkäufen, um die Finanzierungslücke solcher Veranstaltungen zu schließen.

 

Eine Ausfallabsicherung soll Veranstaltern zudem Planungssicherheit für größere Kulturveranstaltungen geben. Deshalb übernimmt der Sonderfonds für förderfähige Veranstaltungen im Falle coronabedingter Absagen, Teilabsagen oder Verschiebungen den größten Teil der Ausfallkosten.

 

Hier erhalten Sie aktuelle Informationen zur Beantragung der Sonderfondsmittel:

 

1. Allgemeine Fragen
2. Registrierung und Antragstellung (relevant für beide Module)
3. Wirtschaftlichkeitshilfe für Veranstaltungen bis zu 2.000 Teilnehmenden
4. Ausfallabsicherung für Veranstaltungen mit mehr als 2.000 möglichen Teilnehmenden
5. Welche Kosten sind im Rahmen des Sonderfonds für Kulturveranstaltungen förderfähig?

 

Noch weitere Fragen?
Service-Hotline 0800 6648430
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Wichtig: Einladung zur Informationsveranstaltung Unterstützung durch den Sonderfonds des Bundes für Kulturveranstaltungen bei 2G oder 2G+

 

Vor dem Hintergrund der sich aktuell wieder zuspitzenden Pandemie-Situation kommt es bundesweit erneut zu verschärften behördlichen Auflagen für öffentliche Veranstaltungen. Im Zusammenhang mit dem Sonderfonds des Bundes für Kulturveranstaltungen stellt sich für viele Veranstalter unter anderem die Frage, inwieweit die geplanten bzw. bereits in einigen Bundesländern vorgegebenen 2G(+)-Regelungen Auswirkungen auf die Antragstellung haben.

 

  • Daher laden die Bundesländer und der Deutsche Kulturrat am 2. Dezember 2021 von 14:00–15:30 Uhr zu einer weiteren Online-Infoveranstaltung ein.

 

In der Info-Veranstaltung präsentieren Vertreter der Länder gemeinsam mit dem Deutschen Kulturrat und der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien die Aktualisierungen des Programms und beantworten Fragen der Teilnehmenden – insbesondere mit Blick auf die neuesten Entwicklungen.

 

 

Die Infosession wird aufgezeichnet und im Nachhinein auf dem YouTube-Kanal von Kreativ Kultur Berlin zur Verfügung gestellt.

 

Eine tiefergehende Einführung in die Grundlagen des Förderprogramms wird es in dieser Infosession nicht mehr geben.

 

 


 

Text der Woche: Mariam Lau „Eine Art staatliches Hauptstadt-Mäzenatentum“

 

Mit dem Ende der Ära Merkel endet einstweilen auch die Prägung der aus dem Kanzleramt dirigierten Kulturpolitik durch die CDU – eine 16-jährige Geschichte voller Überraschungen und steilen Lernkurven für alle Beteiligten. Die Schaffung eines „Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien“ durch die rot-grüne Regierung Schröder im Winter 1998 sollte der Berliner Republik intellektuellen Glanz, kritisches Geschichtsbewusstsein und philosophische Begleitmusik verschaffen. Schröder wollte anknüpfen an die Zeit vor Helmut Kohl, als es zwischen Sozialdemokratie und Kulturszene enge Bande gab. Die Besetzung mit dem Kosmopoliten und Rowohlt-Verleger Michael Naumann, dann dem Philosophen Julian Nida-Rümelin und schließlich der Literaturwissenschaftlerin Christina Weiss setzten da mehr oder weniger gelungene Zeichen.

 

Mariam Lau ist Politische Korrespondentin im Politikressort der ZEIT.

 

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