KW 20: PEN = Bratwurstbude oder die Krise des Feuilletons

Sehr geehrte Damen und Herren,

 

der Streit im deutschen PEN ist ein Tiefpunkt im deutschen Kulturverbandswesen. Statt eine deutliche Stimme der Schriftstellerinnen und Schriftsteller zum Krieg in der Ukraine, den Auswirkungen von Corona oder der sich noch einmal dramatisch zuspitzenden Klimakrise zu geben, nur kleingeistiges Vereinsgemetzel.

 

Die Lust des Feuilletons den Niedergang der Schriftstellervereinigung so kleinteilig wie möglich zu berichten, hat oft mehr an Boulevardjournalismus erinnert als an eine ernsthafte Auseinandersetzung über die Gründe der Krise. Dieselben Feuilletons, denen das Kulturverbandswesen normalerweise keine Zeile wert ist, haben tagelang über die PEN-Mitgliederversammlung berichtet, als wäre die ohne Zweifel vollständig aus dem Ruder gelaufene Mitgliederversammlung des PENs das wichtigste Ereignis auf unserem Planeten.

 

Nachdem Deniz Yücel die Brocken hingeschmissen hat und den PEN eine »Bratwurstbude« nannte, kannte die Häme in den Feuilletons und darüber hinaus keine Grenze mehr. Vergessen wird in den Redaktionsstuben, dass ihr Kollege Yücel zum PEN Präsidenten gewählt wurde, weil die Schriftstellervereinigung ihren Wahrnehmungsschwäche gerade in der öffentlichen Debatte erkannt hatte und durch einen meinungsstarken Vorsitzenden beseitigen wollte.

 

Die Schriftstellerinnen und Schriftsteller haben in den letzten Jahrzehnten deutlich an gesellschaftlichem Einfluss verloren. Das hat aber weniger mit ihrer Sprachlosigkeit, als mit der grundsätzlichen Bedeutung von Meinungsäußerungen von Intellektuellen zu tun. Vor einigen Jahren konnte ein Gastbeitrag einer Schriftstellerin oder eines Schriftstellers in der Süddeutschen Zeitung oder der Frankfurter Allgemeinen eine gesellschaftliche Debatte auslösen. Das ist in Zeiten der weit bedeutenderen »Sozialen Medien« nur noch Vergangenheit. Die Orte des geistigen Diskurses sind teilweise vollständig verschwunden oder haben sich zumindest deutlich verschoben.

 

Die Krise des Feuilletons, hat letztlich die Krise im PEN mit ausgelöst. Schriftstellerinnen und Schriftsteller hadern mit ihrem Wahrnehmungsverlust in der Öffentlichkeit. Nur so ist zu erklären, dass der PEN Deniz Yüzel zu seinem Vorsitzenden wählte, obwohl er die Voraussetzungen für einen Vorsitzenden eines Verbandes, nämlich die Mitglieder auf ein gemeinsames neues Ziel zu vereinen, nicht mitbrachte. Man hat ihn gewählt, um endlich wieder einmal sichtbar zu sein. Das ist gelungen, aber der Schaden für den gesamten Kulturverbandsbereich ist groß.

 

Ihr

 

Olaf Zimmermann
Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates
twitter.com/olaf_zimmermann

 


 

Vorstand des Deutschen Kulturrates: Willkommen (zurück)!

 

Der Deutsche Kulturrat hat seit dem 23. März 2022 einen neuen Vorstand: Der Cellist Prof. Christian Höppner (Deutscher Musikrat) wurde zum Präsidenten gewählt. Er war bereits von 2013 bis 2019 Präsident des Deutschen Kulturrates. Der Designunternehmer Boris Kochan (Deutscher Designtag) wurde zum zweiten Mal infolge zum Vizepräsidenten gewählt. Die Bildende Künstlerin Dagmar Schmidt (Deutscher Kunstrat) wurde als neue Vizepräsidentin gewählt. Politik & Kultur stellt die neue Spitze vor.

 

  • Politik & Kultur hat der neue Vorstand in Ausgabe 5/22 eine Reihe von Fragen beantwortet. Die Antworten lesen Sie auf Seite 8.

 


 

Digitalisierung: Die Normierung von Kulturdaten

 

Wie finde ich unter Millionen digitalisierter Kultur und Wissensbeiträge passgenau, wonach ich suche? Wie kann ich nach meinen Interessen durch die digitale Welt stöbern? Ohne sogenannte „Normdaten“ wird das nicht gehen.

 

Im Fokus der Ausgabe 5/22 von Politik & Kultur beschäftigen wir uns deshalb mit diesem wichtigen, in der kulturpolitischen Debatte aber bislang vernachlässigtem Thema.

 

  • Kulturdaten über die GND vernetzen. Von Barbara Fischer, Leiterin des DFG-Projekts »GND4C – Die Gemeinsame Normdatei für Kulturdaten« an der Deutschen Nationalbibliothek
  • Normdaten im Bundesarchiv. Vom Präsidenten des Bundesarchivs Michael Hollmann
  • GAIA-X & Kultur. Von Matthias Jarke, Lehrstuhlinhaber i.R. für Informationssysteme der RWTH Aachen, er leitete bis 2021 das Fraunhofer-Institut für Angewandte Informationstechnik FIT in Sankt Augustin und Georgios Toubekis, wissenschaftlicher Angestellter und verantwortlich für den Wissensbereich digitale Kultur (eCulture) und Dokumentation Kulturelles Erbe am Fraunhofer-Institut für Angewandte Informationstechnik FIT
  • Deutsche Digitale Bibliothek & Normdaten. Von Gero Dimter, Vizepräsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz und stellvertretendes Vorstandsmitglied der Deutschen Digitalen Bibliothek (DDB)
  • NFDI4Culture. Von Torsten Schrade, Professor für Digital Humanities an der Hochschule Mainz, Leiter der Digitalen Akademie der Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz und Sprecher von NFDI4Culture

 

Die Beiträge aus dem Fokus finden Sie in Politik & Kultur 5/22 auf den Seiten 6 + 7.

 


 

Einladung: 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland

 

Diskussion zu „Wem gehört Erinnerungskultur? Wie geht sie weiter? Bilanzen aus dem Gedenkjahr“

 

  • Wann: 30. Mai 2022 / 18 Uhr
  • Wo: Stiftung Neue Synagoge Berlin – Centrum Judaicum, Oranienburger Straße 28-30, 10117 Berlin

 

Die letzten anderthalb Jahre standen im Zeichen der Erinnerung an 1700 Jahre Jüdisches Leben in Deutschland. Die Stiftung Neue Synagoge – Centrum Judaicum, der Deutsche Kulturrat und die Initiative kulturelle Integration laden Sie herzlich ein zu einer Diskussionsveranstaltung.

 

Nach Grußworten von

 

  • Klaus Lederer MdA, Senator für Kultur und Europa Berlin
  • Abraham Lehrer, Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland
  • Rita Schwarzelühr-Sutter MdB, Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium des Innern und für Heimat

 

diskutieren auf dem Panel unter der Moderation der Autorin Eva Lezzi:

 

  • Sharon Adler, Publizistin, Journalistin und Fotografin
  • Dr. Darja Klingenberg, Europa-Universität Viadrina, Frankfurt (Oder)
  • Anja Siegemund, Stiftung Neue Synagoge Berlin – Centrum Judaicum
  • Olaf Zimmermann, Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, Sprecher der Initiative kulturelle Integration

 

Wir freuen uns, Sie begrüßen zu können und bitten um Anmeldung.

 


 

Jetzt anmelden: Fünfte Jahrestagung der Initiative kulturelle Integration „Zusammenhalt gegen Rassismus“

 

  • Wann: Donnerstag, den 02.06.2022, 10.00 bis 15.45 Uhr
  • Wo: Tagungszentrum Hotel Aquino, Hannoversche Str. 5B, 10115 Berlin

 

„Rassismus ist ein gesamtgesellschaftliches, strukturelles Phänomen“, auf diese Feststellung haben sich die Mitglieder der Initiative kulturelle Integration in ihrer gemeinsamen Resolution „Gegen Rassismus und Ausgrenzung! Für Zusammenhalt in Vielfalt!“ geeinigt. Die Resolution entstand kurze Zeit nach dem rassistisch motivierten Attentat am 19. Februar 2020 in Hanau.

 

Zwei Jahre später lädt die Initiative kulturelle Integration in Anwesenheit der Kulturstaatsministerin Claudia Roth sowie der  Integrationsbeauftragten der Bundesregierung Staatsministerin Reem Alabali-Radovan zu ihrer fünften Jahrestagung „Zusammenhalt gegen Rassismus“ am Donnerstag, den 2. Juni 2022 in Berlin ein.

 

In das Tagungsthema wird am Vormittag durch Impulse und die Diskussion mit der Kulturwissenschaftlerin und Autorin Dr. Mithu M. Sanyal und dem Soziologen und Erziehungswissenschaftler Prof. Dr. Aladin El-Mafaalani eingeleitet.

 

Der Nachmittag dient der vertiefenden Diskussion in vier Arbeitsgruppen zu den Themen „Rassismus und (Aus-) Bildung“, „Alltagsrassismus“, „Rassismus in den sozialen Medien“ und „Rassismus in der Kultur“. Die Jahrestagung wird eingerahmt von einer Ausstellung verschiedener Projekte und Initiativen rund ums Tagungsthema.

 

Wir laden Sie herzlich ein, an der fünften Jahrestagung der Initiative kulturelle Integration in Berlin teilzunehmen, mitzudiskutieren, Erfahrungen auszutauschen und Kontakte zu knüpfen.

 

 


 

Einladung: Fachtagung „Frauen in Führung“

 

Wann: 27. und 28. Juni 2022

 

Wo: Villa Elisabeth, Invalidenstraße 3 in Berlin-Mitte

 

Fünf Jahre nach Erscheinen der Kulturrats-Studie „Frauen in Kultur und Medien“ soll reflektiert werden, inwiefern sich die Situation von Frauen im Arbeitsmarkt Kultur und Medien geändert hat: Stehen andere Wirtschaftsbereiche mit Blick auf Frauen in Führungspositionen besser da? Was sind die Anforderungen an moderne Führung? Welche Wirksamkeit haben Frauennetzwerke und inwieweit ebnet Mentoring Frauen den Weg in Führungspositionen? Was bedeutet es, wenn in Segmenten von Kultur und Medien vor allem Frauen tätig sind bzw. Ausbildungen absolvieren? Wie können strukturelle Veränderungen hin zu mehr Vielfalt insgesamt und vor allem in der Führung erreicht werden?

 

Mit Referentinnen und Referenten aus Kultur, Wissenschaft und Politik u.a.: Ulrike Bahr MdBKatrin Budde MdBFatima ÇalışkanProfessorin Dr. Inés de Castro, Professor Christian HöppnerProfessorin Dr. Simone KauffeldBoris KochanProfessorin Dr. Regula RappDagmar SchmidtDr. Susanne SchüsslerGabriele Schulz, Professorin Dr. Aysel Yollu-Tok und Olaf Zimmermann.

 

Hier finden Sie das Tagungsprogramm.

 

Die Tagung findet analog statt: Villa Elisabeth, Invalidenstraße 3 in Berlin-Mitte.

 

Montag, den 27. Juni von 13:00 – 22:00 Uhr; Dienstag, den 28. Juni von 9:00 – 13:30 Uhr.

 

Ausgewählte Programmpunkte werden über die Webseite des Deutschen Kulturrates und auf unserem YouTube-Kanal als Live-Stream übertragen.

 

Bitte melden Sie sich hier bis zum 15. Juni 2022 an.

 

Die Teilnahme an der Veranstaltung ist kostenlos.

 

Die Räumlichkeiten der Villa Elisabeth sind leider nicht gänzlich barrierefrei. Sollten Sie Unterstützung benötigen, freuen wir uns über eine Kontaktaufnahme vorab.

 

Bei Bedarf möchten wir eine Kinderbetreuung anbieten. Sofern Sie diese in Anspruch nehmen möchten, setzen Sie sich bitte vorab mit uns in Verbindung.

 


 

„Nachhaltigkeit_Sozial-ökologische Transformation“ Gespräch mit Olaf Zimmermann, Deutscher Kulturrat

 

Dienstag, 24.05.2022,
19:00 Uhr,
per Zoom-online (Anmeldung) und
auf dem Youtubekanal von Protect the Planet.

 


 

Müssen, Können, Wollen – Ein Gespräch zum Green Deal im Theater

 

Der Transformationsprozess hin zu mehr ökologischer Nachhaltigkeit im Theater hat längst begonnen. Während auf politischer Ebene neue Rahmenbedingungen ausgehandelt und Förderkonzepte auf den Weg gebracht werden, engagieren sich Mitarbeitende in den Institutionen auf ihre je eigene Weise, bilden sich weiter, setzen Umdenkprozesse in Gang und stoßen dabei auch auf Herausforderungen und Widerstände.

 

Am vergangenen Samstag diskutierte eine kulturpolitische Gesprächsrunde Maßnahmen und Hindernisse auf dem Weg zu mehr ökologischer Nachhaltigkeit im Theater.

 

Es diskutieren:

 

  • Erhard Grundl MdB, Kulturpolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen
  • Dr. Lutz Nitsche, Referent des Vorstandes der Kulturstiftung des Bundes
  • Wiebke Leithner, Stellvertretende Kaufmännische Direktorin Burgtheater / Green Ambassador
  • Natalie Müller-Elmau, Koordinatorin 3sat
  • Olaf Zimmermann, Geschäftsführer Deutscher Kulturrat
  • Cécile Schortmann Moderation

 

Sehen Sie hier in der Mediathek der Berliner Festspiele die Aufzeichnung vom 14. Mai 2022.

 


 

Text der Woche: Helmut Hartung „Zu viel Masse statt Klasse. Unterhaltungsformate bei ARD und ZDF sollen sich am Kernprofil orientieren“

 

Um das „virtuelle Lagerfeuer, an dem sich große Teile der Bevölkerung wiederfinden, öfter als bisher zu entfachen“, sei die Produktion guter Unterhaltungsangebote „die kulturelle Königsdisziplin für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk“. Die Defizite von ARD und ZDF lägen keineswegs im Bereich der Hochkultur. Die Sender hätten vielmehr den Bereich der massenwirksamen Unterhaltungsprogramme kampflos den privaten Anbietern überlassen: „Wenn eine Sendung wie ‚Wetten dass..?‘ die letzte Innovation des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im Bereich Unterhaltung ist, sieht es mit dieser Kultur düster aus“.

 

Helmut Hartung ist Chefredakteur des Blogs www.medienpolitik.net.

 

 


 

Neuerscheinung: Dossier „On the Road“

 

Innovationen zu fördern, Neues anzustoßen, Veränderungen auf den Weg zu bringen, sind der Kern der Arbeit der Kulturstiftung des Bundes seit zwei Jahrzehnten. Sie verwirklicht dies in der Projektförderung und vor allem in ihren Programmen wie „Jedem Kind ein Instrument“, „Kulturagenten für kreative Schulen“, „Schrumpfende Städte“, „360°“, „Trafo“, „Zero“. Die Kulturstiftung des Bundes ist dabei selbst Treiberin für Veränderungen, für Innovationen in Kultureinrichtungen, in der Freien Szene und in der kulturpolitischen Themensetzung.

 

Die Kulturstiftung des Bundes ist dabei stets „On the Road“. Sie hat ihr Ohr an der Kulturszene. Zum 20-jährigen Jubiläum der Kulturstiftung des Bundes wird in diesem Dossier ihre Geschichte reflektiert, werden einige Programme hervorgehoben, wird Gelungenes gelobt und Leerstellen benannt. Ganz im Sinne des Stiftungszweckes Innovationen zu fördern oder anders gesagt: Veränderungen anzutreiben.

 

Hg. v. Olaf Zimmermann und Theo Geißler
ISBN 978-­3­-947308­-50-­7

72 Seiten, 4,20 Euro

 

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