KW 5: Bundesregierung stellt Kulturampel auf Grün, Israel: Schwerpunkt in Politik & Kultur, …

... Medienbild im Wandel: Jüdinnen und Juden in Deutschland, Ausschreibung Webseitenerstellung, neue Mitarbeiterin, Text der Woche

Sehr geehrte Damen und Herren,

 

eine Überraschung war es schon, als im Koalitionsvertrag zu lesen war, dass Bündnis 90/Die Grünen in dieser Wahlperiode Die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) stellen. Lange Zeit schien es als ausgemacht, dass, sollte die SPD den Bundeskanzler stellen, sie auch dieses Amt besetzen und mit einem Bundesminister für Kultur und Medien aufwerten wird. Man konnte auch den Eindruck gewinnen, dass sich der Hamburger Kultursenator Carsten Brosda, seines Zeichens auch Vorsitzender des Kulturforums der Sozialdemokratie und Präsident des Deutschen Bühnenvereins, für das Amt warmgelaufen hat.

 

Doch dann kam alles anders. Nun also Claudia Roth als Staatsministerin für Kultur und Medien an der Spitze der BKM. Das heißt eine strukturelle Aufwertung des Amts fand nicht statt. Bündnis 90/Die Grünen hat aber nicht nur das Amt der Kulturstaatsministerin erhalten, sondern ist über den Wirtschaftsminister Robert Habeck auch für die Kultur- und Kreativwirtschaft zuständig und über die Bundesaußenministerin Annalena Baerbock für die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik.

 

Bündnis 90/Die Grünen hat letztlich fast die gesamte Verantwortung für den Kulturbereich an sich gezogen. In einer stillen Stunde wird uns Bundeskanzler Olaf Scholz sicher einmal erklären, warum der Sozialdemokratie der Kulturbereich bei der Ressortverteilung letztlich so egal war. Mit Claudia Roth hat zum dritten Mal in Folge ein Mitglied des Deutschen Bundestags das Amt der Kulturstaatsministerin inne. Aus meiner Sicht ist es gerade mit Blick auf die strukturelle Ansiedlung als Staatsministerin im Bundeskanzleramt besonders wichtig, dass sie im Parlament und damit in ihrer Fraktion bestens verankert und ein Politikprofi ist.

 

Dies ist besonders wichtig, weil im Koalitionsvertrag einige neue Vorhaben angekündigt werden. Neu ist auch, dass die Kulturpolitik im Inland und die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik in einem Kapitel behandelt werden und damit die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik nicht wie in den vorangegangenen Wahlperioden mit einem eigenen Kapitel im Koalitionsvertrag bedacht wird. Es ist also zu vermuten, dass Kulturpolitik im In- und Ausland stärker miteinander verzahnt werden. Roth selbst hat sich über viele Jahre besonders in der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik engagiert. Der neue Leitende Beamte im BKM und Stellvertreter von Roth, Andreas Görgen, war seit 2014 Abteilungsleiter Kultur und Kommunikation im Auswärtigen Amt, bringt also ebenfalls viel Expertise in der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik mit. Hier wird es sicherlich noch erheblichen Abstimmungsbedarf mit der Staatsministerin für Internationale Kulturpolitik im Auswärtigen Amt, Katja Keul, geben.

 

Mit Blick auf die Kulturpolitik im Inland wurden diverse Themen, die bereits in der letzten Wahlperiode entweder im Koalitionsvertrag benannt waren oder sich während der Wahlperiode als dringlich erwiesen haben, aufgeführt. Zu nennen sind hier die Verbesserung der sozialen Lage, mehr Einsatz für Geschlechtergerechtigkeit und Diversität im Kulturbereich, Fragen der Erinnerungskultur mit den drei Säulen Erinnerung an die NS-Zeit, Umgang mit der kolonialen Vergangenheit und dem Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten sowie Erinnerung an das SED-Unrecht und andere Themen mehr.

 

Zwei neue Strukturen sollen gebildet werden, um kulturpolitische Diskussionen zu befördern. Zum einen soll ein „Plenum der Kultur“ eingerichtet werden, an dem Bund, Länder, Kommunen, Verbänden sowie weitere Kulturakteure teilnehmen sollen. Wie genau dieses Kulturplenum aussehen soll, wer mitdiskutieren kann und soll, ob es zentral oder dezentral geplant, wer letztlich Absender und Adressat ist und vor allem was mit welcher Verbindlichkeit debattiert werden soll, ist bislang im Dunkeln geblieben. Nach meiner Einschätzung sind hier die Erwartungen in der Kulturszene, was die Wirksamkeit eines solchen Kulturplenums betrifft, sehr hoch.

 

Neu ist die Initiative Green Culture. Zwar hat bereits in der letzten Wahlperiode die BKM sehr nachdrücklich für mehr Nachhaltigkeit in der Kultur geworben und hier auch Förderakzente gesetzt. Jetzt soll eine zentrale Anlaufstelle „Green Culture“ geschaffen werden, die Beratung, Ressourcen und Wissen für die Transformation bieten soll. Auch hier ist bislang noch unbekannt, ob bereits bestehende Beratungs- und Vernetzungsstellen wie das bestehende von der BKM geförderte „Aktionsnetzwerk Nachhaltigkeit“ ausgebaut und gegebenenfalls neu akzentuiert oder ob das Rad noch mal neu erfunden werden soll. Offen ist ferner, ob die BKM künftig einen zusätzlichen Förderschwerpunkt hier setzen und diesen mit Finanzmitteln ausstatten wird.

 

Ein Sozialdemokrat ist dann doch noch übriggeblieben, der Verantwortung für die Kulturpolitik mitträgt. Bundesarbeits- und -sozialminister Hubertus Heil ist zuständig für die Stabilisierung der sozialen Lage der Künstlerinnen und Künstler. Im arbeitsmarkt- und sozialpolitischen Kapitel des Koalitionsvertrags werden umfangreiche Ausführungen zu den Vorhaben in dieser Wahlperiode gemacht, wie Veränderungen in der Arbeitslosenversicherung, damit sie besser für Selbstständige nutzbar wird, die Frage der Mindesthonorare oder auch die Stärkung der Künstlersozialversicherung. Die letzten beiden Aspekte finden auch im Kulturkapitel des Koalitionsvertrags Erwähnung.

 

Die Bundeskulturpolitik ist grün geworden. Grün ist bekanntlich die Farbe der Hoffnung, also lasst uns hoffen.

 

Ihr

 

Olaf Zimmermann
Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates
twitter.com/olaf_zimmermann

 


 

Israel: Ein Kulturporträt – Aktueller Schwerpunkt in Politik & Kultur

 

Israel, israelische Kunst und Kultur sind eine Entdeckung wert. Im aktuellen Schwerpunkt will Politik & Kultur, die Zeitung des Deutschen Kulturrates, in Zusammenarbeit mit der israelischen Botschaft in Berlin Lust auf diese Entdeckungen machen. Denn Kunst aus Israel ist nicht beliebig, sie irritiert. Sie ist oft getragen von der Auseinandersetzung um den eigenen Standpunkt, um den eigenen Ort, um den Platz in der Geschichte, in der Gesellschaft und im Hier und Jetzt. Sie ist daher hoch politisch.

 

Lesen Sie hier alle Beiträge des Schwerpunktes:

 

 


 

Politik & Kultur 2/22

 

Weitere Themen:

  • Gaia-X
    Künstler und Kulturunternehmen haben nichts zu verschenken: Was soll ein Datenraum Kultur bewirken?
  • 20. Legislaturperiode
    Deutscher Bundestag: Welche Kulturziele verfolgen die kulturpolitischen Sprecherinnen und Sprecher aller Fraktionen?
  • Internationales
    Pandemie in Indien: Corona verstärkt den gesellschaftlichen Zusammenhalt auf dem Subkontinent
  • Medien
    Der Fall Telegram: Der Einfluss sozialer Netzwerke und Messengerdienste auf die Meinungsbildung steigt weiter

 

Außerdem: Kultur-MK: Isabel Pfeiffer-Poensgen im Gespräch, Coronapandemie, Deutscher Bundestag – Ausschuss für Kultur und Medien: Katrin Budde im Gespräch, Kreativwirtschaft: k3d, Allianz Freie Künste, Initiative Urheberrecht, Kunstmarkt: Brücke-Sammlung, Politische Bildung, Fall Memorial, Porträt: Claudia Schmitz

 

 


 

Medienbild im Wandel: Jüdinnen und Juden in Deutschland

 

Die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, der Beauftragte der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland und den Kampf gegen Antisemitismus, der Zentralrat der Juden in Deutschland und die Initiative kulturelle Integration haben am 7. Oktober 2021 zum Thementag „Medienbild im Wandel: Jüdinnen und Juden in Deutschland“ eingeladen.

 

Zwei Tage vor dem Jahrestag des Anschlags auf die Synagoge von Halle gingen Expertinnen und Experten der Frage nach, welche Bilder von Jüdinnen und Juden in der deutschen Öffentlichkeit bestehen. Die vorliegende Broschüre bietet einen Überblick aller Fragestellungen und Diskussionen des Thementags. Mit den QR-Codes ist es möglich, die aufgezeichneten Beiträge online  nachzuverfolgen.

 

Hg. v. Doron Kiesel, Natan Sznaider und Olaf Zimmermann
ISBN 978-­3-­947308-­48-­4
60 Seiten, 3,50 Euro (inkl. Versand)
 

Zum kostenfreien PDF-Download

Zum Online-Shop

 


 

Ausschreibung: Erstellung der Webseite „Gleichstellung in Kultur und Medien“ (Arbeitstitel) für den Deutschen Kulturrat

 

Auf der neu zu erstellenden Webseite „Gleichstellung in Kultur und Medien“ (Arbeitstitel) wird der Deutsche Kulturrat über Gleichstellungs- und Frauenfördermaßnahmen in Kultur und Medien informieren. Dazu gehören Studien, Netzwerke und Initiativen, Expertinnen-Datenbanken und Veranstaltungen.

 

Für die Gestaltung der Webseite wird ein Dienstleister gesucht, der alle folgenden Aufgaben übernimmt:

 

  • Design & gestalterische Entwicklung
  • Technische Entwicklung & Umsetzung
  • Technische Updates

 

Angebotsfrist: 21.02.2022

 

Zur Ausschreibung

 


 

Neue Mitarbeiterin: Anne Lisa Martin

 

Anne Lisa Martin arbeitet seit Februar 2022 im Referat für Geschlechtergerechtigkeit beim Deutschen Kulturrat.

Nach ihrem Studium der Innenarchitektur, Philosophie und Kunstgeschichte arbeitete Frau Martin zunächst im Bereich der Kulturvermittlung und Kulturmanagement in Berlin und Düsseldorf. Ausgehend von ihrem Interesse an Szenografie forschte sie in ihrem Studium zu der Verschränkung von Raum und Körpern in zeitgenössischer Medienkunst.

 

Sie war Mitgründern und Redakteurin des Online-Magazins entropics, das sich von 2019 bis 2021 mit machtkritischen Perspektiven und dekolonialer Theorie in der Kunst und -geschichte beschäftigte. Die Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Strukturen, das Interesse für feministische Diskurse und die Erfahrungen in der Kulturvermittlung festigten Ihren Wunsch einen Beitrag zur Verbesserung von Gleichberechtigung und Chancengleichheit zu leisten. Sichtbarkeiten für strukturelle Ungleichheiten zu schaffen und Dialoge anzuregen, versteht sie dabei als eine zentrale Herausforderung.

 


 

Text der Woche: Johann Hinrich Claussen „Diversität gleich Vielfalt?“

 

„Man soll sich in der Öffentlichkeit so äußern, dass keinesfalls eine Debatte entsteht.“ Dieser feine, nur leicht arrogante Rat stammt von Henning Ritter, einem Autor, den ich verehrt habe und dem ich viel verdanke. Seine „Notizhefte“ (2010) haben einen Ehrenplatz in meinem Bücherregal. Gerade habe ich diesen Band wieder zur Hand genommen. Denn ich pflege das Ritual, zum Jahreswechsel meine kleine Bibliothek durchzugehen und mich von Büchern zu verabschieden, die ich nicht mehr brauche. Das schafft Platz für neue. Vor allem sogenannte „Debattenbücher“ fliegen hinaus. Denn die meisten Debatten, die einen eben noch in Atem gehalten haben, sind es rückblickend nicht wert gewesen.

 

Johann Hinrich Claussen ist Kulturbeauftragter der Evangelischen Kirche in Deutschland.

 

Lesen Sie den Text hier!

Vorheriger ArtikelKW 4: Fehlerfrei, Bundesregierung stellt Kulturampel auf Grün, Israel: Schwerpunkt in der P&K, …
Nächster ArtikelKW 6: Gaia-X, Seo in Synagoge in Potsdam, …