Telemedienkonzepte von ARD und ZDF: Stellungnahme des Deutschen Kulturrates

Berlin, den 30.07.2009. Der Deutsche Kulturrat, der Spitzenverband der Bundeskulturverbände, hat im vergangenen Jahr den Entscheidungsprozess zum 12. Rundfunkänderungs-staatsvertrag begleitet. Er hat in seinen Stellungnahmen zur Digitalisierung der Medien sowie zum 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag unterstrichen, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk angesichts der Konvergenz der Medien und eines veränderten Nutzerverhaltens Entwicklungsmöglichkeiten im Internet benötigt. So nutzen gegenwärtig bereits die Angehörigen der Altersgruppe unter 30 Jahre das Internet stärker als die konventionellen audiovisuellen Übertragungswege Fernsehen und Radio.

 

Aus Sicht des Deutschen Kulturrates muss der gemeinwohlorientierte öffentlich-rechtliche Rundfunk die Chance haben, den Verbreitungsweg Internet nutzen zu können, damit er nicht in absehbarer Zeit von den Nutzern abgeschnitten wird. Dies gilt insbesondere für die Kernbereiche seines Auftrags Information, Kultur, Bildung und Unterhaltung. Der Deutsche Kulturrat begrüßt daher, dass seit Inkrafttreten des 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrags Telemedienstangebote zum originären Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gehören.

 

Zugleich hat der Deutsche Kulturrat deutlich gemacht, dass gegenwärtig die Auswirkungen der Veränderung der Medienlandschaft auf die Wertschöpfungsketten noch nicht ausreichend erforscht sind. In diesem Zusammenhang betont der Deutsche Kulturrat, dass die angemessene Vergütung der Urheber und Leistungsschutzberechtigten eine Voraussetzung für qualitätvolle Leistungen ist. Er sieht alle Anbieter, aber insbesondere den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in der Verpflichtung urheber- und leistungsschutzrechtlich geschützte Leistungen angemessen zu vergüten. Dieses gilt besonders mit Blick darauf, dass im Vergleich zu anderen Staaten in Deutschland relativ lange Verweildauern im Internet vorgesehen sind. Diese langen Verweildauern sind aus Sicht der Nutzer zu begrüßen und ermöglichen, dass die spezifischen Vorteile des Internets zu nutzen. Eine längere Nutzung urheberrechtlich geschützter Inhalte muss sich demnach in einer angemessenen Vergütung niederschlagen.

 

Bei den nunmehr vorliegenden Telemedienkonzepten der ARD und des ZDF bedauert der Deutsche Kulturrat die kurze Frist zur Stellungnahme. Diese wird hervorgerufen durch die staatsvertraglich gesetzte Frist, den Bestand an Telemedien bis zum 31.08.2009 durch die Rundfunkräte überprüfen zu lassen. Diese kurze Frist erlaubt zivilgesellschaftlichen Organisationen nicht, die vorgelegten Konzepte adäquat zu prüfen und einen entsprechenden Meinungsbildungsprozess durchzuführen. Die Möglichkeit zu den Telemedienangeboten Stellung nehmen zu können, erscheint auf den ersten Blick demokratisch, löst diesen Anspruch angesichts der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit aber nicht ein.

 

Es wäre daher angebracht – wie es der Wortlaut der entsprechenden Vorschrift im Rundfunkstaatsvertrag nahelegt – die vom Gesetzgeber formulierte Frist von sechs Wochen für Stellungnahmen Dritter tatsächlich als Mindestfrist und nicht als Ausschlussfrist verstehen und den zivilgesellschaftlichen Organisationen deutlich mehr Zeit zur Stellungnahme einzuräumen.

 

Ein Aspekt der Gemeinwohlorientierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sollte der Austausch mit der Zivilgesellschaft über künftige Angebote sein, daher sollten die von den Rundfunk- bzw. Fernsehräten eingeholten Gutachten zu den Telemedienkonzepten unmittelbar zugänglich gemacht werden, damit der Dialog mit der organisierten Zivilgesellschaft verstärkt wird.

 

Der Deutsche Kulturrat regt an, die bundesweiten Telemedienkonzepte den maßgeblichen Bundesverbänden unaufgefordert mit der Bitte um Stellungnahme zu übersenden, sodass auf diese Weise auch über die Befassung der Rundfunkräte hinaus ein Dialog zwischen dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk und der organisierten Zivilgesellschaft zu den geplanten Angeboten entstehen kann.

 

Der Deutsche Kulturrat sieht in den von den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten vorgelegten Telemedienkonzepten einen weiteren Anlass für einen kontinuierlichen Dialog zwischen organisierter Zivilgesellschaft und öffentlich-rechtlichem Rundfunk.

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