Beim Zuschussrentenmodell besteht noch Klärungs- und Verbesserungsbedarf

Stellungnahme des Deutschen Kulturrates zur geplanten Zuschussrente

Berlin, den 09.12.2011. Der Deutsche Kulturrat, der Spitzenverband der Bundeskulturverbände, begrüßt das Ziel der Bundesregierung, denjenigen, die ihr Leben lang gearbeitet und vorgesorgt, aber dennoch nur eine sehr geringe Rente erworben haben, mit der geplanten Zuschussrente die Rente auf 850 Euro monatlich aufzustocken.

 

Der Deutsche Kulturrat sieht aber noch Klärungs- und Verbesserungsbedarf und benennt im Folgenden einige Aspekte:

 

  • Beitrags- oder steuerfinanzierte Leistung. Der Deutsche Kulturrat geht davon aus, dass es sich bei der Zuschussrente um eine steuerfinanzierte Leistung handelt, deren Voraussetzung Versicherungs- und Beitragszeiten in der Rentenversicherung sind. Er fordert die Bundesregierung auf, die Steuerfinanzierung der Zuschussrente gesetzlich klarzustellen.

 

  • Einkommensanrechnung. Das vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales vorgestellte Modell der Zuschussrente sieht für deren Berechnung eine Einkommensanrechnung der Altersrente sowie privaten Vorsorge vor. Der Deutsche Kulturrat appelliert an die Bundesregierung, unbürokratische Lösungen für die individuelle Berechnung der Zuschussrente zu finden.

 

  • Dreisäulenmodell – Betriebsrente. Die Zuschussrente baut auf einem Dreisäulenmodell aus gesetzlicher Altersrente, betrieblicher Rente und zusätzlicher privater Vorsorge auf. Freiberufliche Künstler und Publizisten, die im Rahmen des gesetzlichen Sozialversicherungssystems in der Künstlersozialversicherung versichert sind, können keine betriebliche Rente aufbauen. Auch andere im Kulturbereich Tätige arbeiten sehr oft in Betrieben, die keine betriebliche Rente ermöglichen. Um Missverständnisse zu vermeiden, bittet der Deutsche Kulturrat die Bundesregierung, klarzustellen, dass entweder eine betriebliche oder private Altersvorsorge für den Bezug der Zuschussrente vorausgesetzt wird.

 

  • Dreisäulenmodell – Private Vorsorge. Für die steuerlich geförderte private Altersvorsorge wird seit einigen Jahren geworben. Im Rahmen der Zuschussrente soll diese steuerlich geförderte private Altersvorsorge aber offenbar eine Voraussetzung für den Bezug der Zuschussrente werden. Damit entsteht eine neue Qualität an Verbindlichkeit für die private Altersvorsorge, die somit zu einer Art Pflichtversicherung werden würde. Der Deutsche Kulturrat fordert die Bundesregierung auf, dieses entsprechend klarzustellen und zu kommunizieren.

 

  • Künstlersozialversicherung. Die Künstlersozialversicherung hat erst im Jahr 1983 ihre Arbeit aufgenommen. Freiberufliche Künstler und Publizisten, die jetzt das Rentenalter erreichen, haben daher Probleme, die geforderten Versicherungsjahre zu erreichen. Der Deutsche Kulturrat fordert deshalb die Bundesregierung auf, unkomplizierte pauschale Übergangslösungen für diese Gruppe zu finden. Der Deutsche Kulturrat schlägt vor, in der Übergangsphase bis 2023 für Künstler und Publizisten die Anforderungen auf lediglich 35 Jahre an rentenrechtlichen Zeiten und 25 Jahre Pflichtbeiträge aus Beschäftigung, Kindererziehung oder Pflege zu reduzieren.

 

  • Berufsmäßig kurz befristet Beschäftigte. In einigen Kultur- und Medienberufen ist die kurz befristete sozialversicherungspflichtige Beschäftigung berufstypisch. Ein Beispiel hierfür ist die Film- und Fernsehbranche, in der von Redakteuren oder Mitarbeitern einer Produktionsgesellschaft abgesehen alle an einer Film- oder Fernsehproduktion Beteiligten nur kurz befristet sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind. Die bisherigen Regelungen der Rahmenfrist für den Bezug von Arbeitslosengeld I führen dazu, dass die regelmäßig eintretende Arbeitslosigkeit in dieser Branche trotz hoher Beiträge nicht abgesichert ist. Erschwerend kommt hinzu, dass aufgrund des fehlenden Bezugs von Arbeitslosengeld I in Zeiten der Arbeitslosigkeit keine Versicherungsjahre in der Rentenversicherung erworben werden. Dieses kann sich negativ auswirken, wenn diejenigen mit geringer eigener Altersrenten vom Bezug der Zuschussrente ausgeschlossen werden, da sie zu geringe Versicherungszeiten aufweisen. Der Deutsche Kulturrat fordert die Bundesregierung auf, hier zügig eine Regelung zu treffen.

 

Weiter weist der Deutsche Kulturrat darauf hin, dass die Situation vieler Solo-Selbständiger im Kulturbereich nach wie vor unbefriedigend ist. Sie können sich zwar freiwillig in der gesetzlichen Rentenversicherung versichern, ihr Einkommen ist aber oft zu gering, um Beiträge leisten zu können. Diese Gruppe ist trotz lebenslanger Erwerbstätigkeit von Altersarmut bedroht. Hier steht es an, zeitnah Lösungen zu finden. Der Deutsche Kulturrat sieht hierin auch kein Partikularinteresse des Kultur- und Medienbereichs. Vielmehr zeichnen sich in diesen Branchen bereits seit mehreren Jahren Entwicklungen bei den Beschäftigungsverhältnissen ab, die inzwischen auch andere Branchen betreffen.

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