Corona versus Kultur – Newsletter Nr. 25

Sehr geehrte Damen und Herren,

 

Sie lesen gerade den 25. Corona versus Kultur Newsletter. Als Mitte März dieses Jahres der Lockdown in Deutschland begann, zeigte sich von einem Tag auf den anderen die Fragilität des gesamten Kulturbereiches. Wurde sich gestern noch auf die in wenigen Tagen stattfindende Leipziger Buchmesse gefreut, die Art Cologne vorbereitet, die neueste Inszenierung heiß erwartet und der Nachwuchs in die Musikschule gebracht, war dies alles heute nicht mehr möglich.

 

Theater, soziokulturelle Zentren, Musikschulen, Museen, Literaturhäuser, Clubs, Bibliotheken und so weiter und so fort mussten schließen. Zahlreiche Künstlerinnen und Künstler standen unmittelbar vor dem Aus. Ohnehin oft am Rande des Existenzminimums lebend, hatten und haben sie keine Reserven, um Einnahmeausfälle zu überbrücken. Dass die Seuche innerhalb von wenigen Tagen die ökonomischen Bedingungen der Künstlerinnen und Künstler und der kleinen kulturwirtschaftlichen Unternehmen zum Zusammenstürzen bringen konnte, zeigt, wie dünn das Eis der ökonomischen Absicherung der Frauen und Männer, die im Kulturmarkt arbeiten, ist. Die erschreckenden Zahlen kann man in unserer neuen Studie „Frauen und Männer im Kulturmarkt: Bericht zur wirtschaftlichen und sozialen Lage“ nachlesen.

 

Am 16. März starten wir mit dem 1. Corona versus Kultur Newsletter. Zwei Tage später, am 18. März lud Bundesarbeitsminister Hubertus Heil zu einem Krisengespräch ein, an dem auch Kulturstaatsministerin Monika Grütters, Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier und Staatssekretär Wolfgang Schmidt aus dem Bundesfinanzministerium teilnahmen. Ich konnte bei diesem Gespräch die Probleme im Kulturbereich ansprechen und habe eine schnelle und umfängliche Unterstützung der kulturellen Infrastruktur und der frei-beruflichen Künstlerinnen und Künstler gefordert.

 

Das erste Soforthilfeprogramm des Bundeswirtschaftsministeriums, das dann Ende März 2020 aufgelegt wurde, sah keine sektorspezifischen Lösungen vor. Alle Unternehmen sowie Unternehmer und Unternehmerinnen konnten die Soforthilfe beantragen. Solo-Selbständige aus allen Sektoren erhielten einen verbesserten Zugang zur Grundsicherung, der u.a. die Vermögensprüfung bis zu einem Barvermögen von 60.000 Euro pro Person aussetzte und die Alterssicherung nicht antastete. Außerdem wird man in der verbesserten Grundsicherung als Selbstständige oder Selbständiger nicht als arbeitssuchend geführt und deshalb auch nicht zwangsvermittelt.

 

Doch war klar, dass diese Maßnahmen nicht ausreichen würden. Der Deutsche Kulturrat hat daher einen zusätzlichen Kulturinfrastrukturfonds gefordert, der sich an den gesamten Kulturbereich richtet und darauf abzielt, dass die Kulturstrukturen erhalten bleiben. Die Mittel des Kulturinfrastrukturfonds, das war unsere Idee, sollten durch die künstlerischen Fonds, die Bundeskulturverbände und die Kulturstiftung des Bundes vergeben werden. Sie verfügen über die entsprechende Sach- und Fachkenntnis und können die Bedarfe adäquat einschätzen. Am 20. April konnte ich für diese Idee im Kulturausschuss des Deutschen Bundestages werben und erhielt fraktionsübergreifende breite Unterstützung.

 

Am 2. Juli war es endlich so weit: Der Deutsche Bundestag verabschiedete den Nachtragshaushalt 2020 und der Weg für den Kulturinfrastrukturfonds mit einem Volumen von 1 Milliarde Euro war frei. Damit wurde ergänzend zu den bestehenden Kulturförderprogrammen der Länder sowie den Bundes-Soforthilfen, die Unternehmen und Solo-Selbständigen aller Branchen offenstehen, ein spezielles Förderprogramm ausschließlich für die Kultur aufgelegt. Dieses Programm soll den besonderen Anforderungen des Kultur- und Medienbereiches besser Rechnung tragen als die allgemeinen Programme des Bundeswirtschaftsministeriums. Das Programm heißt »Neustart Kultur«.

 

Von vorneherein war klar, dass die Unterstützung aus »Neustart Kultur« in erster Linie jenen Institutionen, Unternehmen und Organisationen zugutekommen sollte, die nicht vornehmlich öffentlich gefördert sind oder anders gesagt: „Neustart Kultur“ richtet sich insbesondere an die Kulturunternehmen sowie die Künstlerinnen und Künstler. Es ist also in weiten Teilen ein Kultur-wirtschaftsförderprogramm, das von der Kulturstaatsministerin verwaltet wird.

 

Die Mittelvergabe erfolgt aber nicht durch die Behörde der Kulturstaatsministerin (BKM) selbst, eine Agentur oder nachgeordnete Behörde, sondern, wie vom Deutschen Kulturrat gefordert, durch die bundesgeförderten Kulturfonds, die Kulturstiftung des Bundes sowie Bundeskulturverbände.

 

Ziel dieses spezifischen Vergabeweges ist es, die Erfahrungen aus der Praxis und die Nähe zu den potenziell Geförderten bereits in die Entwicklung der Förderprogramme einfließen zu lassen und die schnelle und zielgerichtete Mittelvergabe zu erleichtern.

 

Denn eines ist klar, eine Milliarde Euro sind nicht nur viel Geld, sie sollen auch möglichst zielgenau ausgegeben werden, um dem Kulturbetrieb, wie der Name schon sagt, einen Neustart zu ermöglichen.

 

Innerhalb kürzester Zeit mussten während der Sommerzeit von den Fonds, Verbänden und anderen Organisationen die Förderprogramme entwickelt und mit der BKM abgestimmt werden. Erst auf dieser Grundlage kann die Bewilligung durch das Bundesverwaltungsamt erfolgen und danach können die Verbände und Fonds mit ihren Ausschreibungen loslegen.

 

Erschwerend kam hinzu, dass die einzelnen Programmteile von „Neustart Kultur“ noch vom Bundesrechnungshof mit Argusaugen beäugt und genauestens überprüft wurden und werden, jeweils mit dem Argument, dass für Kulturförderung eigentlich die Länder zuständig seien.

 

Strukturell ist „Neustart Kultur“ so angelegt, dass das Hochfahren des Kulturbetriebs – und zwar insbesondere des nicht hauptsächlich öffentlich geförderten Kulturbetriebs – ermöglicht werden soll. Die Erwartung ist, dass hierdurch Aufträge für jene kulturwirtschaftlichen Akteure generiert werden, die nicht unmittelbar durch andere Förderprogramme adressiert werden. Ob diese Rechnung aufgeht, hängt von der Wirksamkeit der Förderinstrumente und den Geförderten selbst ab.

 

Eine aktuelle Kurzübersicht über den Stand des Vergabeverfahrens von „Neustart Kultur“ finden Sie hier.

 

Heute mit dem 25. Corona versus Kultur Newsletter feiern wir soetwas wie ein Jubiläum, wenn auch ein trauriges. Ich hoffe sehr, dass wir diesen Newsletter bald einstellen können, weil der Virus besiegt ist und wir endlich wieder in die Normalität zurück finden.

 

Ihr

 

Olaf Zimmermann
Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates
twitter.com/olaf_zimmermann

 

PS. Geben Sie bitte diesen „Corona versus Kultur – Newsletter“ weiter und verweisen Sie auf unser Webangebot.  Wer noch nicht zu den regelmäßigen Beziehern des „Corona versus Kultur – Newsletters“ gehört, kann sich einfach hier in den Newsletterverteiler des Deutschen Kulturrates eintragen.

 


 

NEUSTART KULTUR – Kulturinfrastrukturförderung

 

  • Hier finden Sie eine Übersicht der Programme nach Bewerbungsfristen geordnet (Stand: 07.10.2020).
  • Bitte beachten Sie, dass der Bewerbungsschluss für viele Maßnahmen zur Unterstützung pandemiebedingter Investitionen am 31.10.2020 endet.
  • Hier werden nach Sparten geordnet Projekte aus Neustart Kultur aufgeführt. Bei der Zusammenstellung wurden die Webseite des BKM sowie die Webseiten der Mittel vergebenden Institutionen genutzt. Innerhalb kürzester Zeit wurden von BKM und den beteiligten Verbänden, Stiftungen und Fonds Fördervorhaben entwickelt, damit die Hilfen möglichst schnell im Kulturbereich ankommen.

 


 

Hilfsmaßnahmen der Länder

 

Verschiedene Bundesländer haben inzwischen Hilfsmaßnahmen für Unternehmen aufgelegt, die auch von Unternehmen aus der Kultur- und Kreativwirtschaft genutzt werden können. Ebenso haben verschiedene Bundesländer Maßnahmen für öffentlich geförderte Kultureinrichtungen bzw. Projekte auf den Weg gebracht.   Nachfolgend sind die Vorschriften und Maßnahmen der Länder aufgeführt. Die Aufzählung wird fortlaufen aktualisiert.

 

Hier finden Sie eine tabellarische Übersicht der Länder-Hilfsmaßnahmen.

 

 


 

Weitere Hilfsmaßnahmen des Bundes

 

 


 

Corona versus Kultur – Newsletter

 

Hier finden Sie alle Corona versus Kultur Newsletter des Deutschen Kulturrates.

 

Wenn Sie den Corona versus Kultur – Newsletter regelmäßig erhalten möchten, können Sie sich einfach in den Newsletterverteiler des Deutschen Kulturrates eintragen.

 

 


 

Jetzt kostenfrei als E-Book: Frauen und Männer im Kulturmarkt – Bericht zur wirtschaftlichen und sozialen Lage

 

Corona hat alles verändert und Corona hat vieles sichtbar gemacht. Dass die Seuche innerhalb von wenigen Tagen die ökonomischen Bedingungen der Künstlerinnen und Künstler und der kleinen kulturwirtschaftlichen Unternehmen zum Zusammenstürzen bringen konnte, zeigt, wie dünn das Eis der ökonomischen Absicherung der Frauen und Männer, die im Kulturmarkt arbeiten, ist.

 

Die neue Studie „Frauen und Männer im Kulturmarkt“ von Gabriele Schulz und Olaf Zimmermann ist jetzt auch kostenfrei als E-Book (pdf) erhältlich.

 

In der Studie wird auf den gesamten Bereich der Kulturberufe geschaut:

 

  • so z. B. auf die Angestellten im Buchhandel, Verlags- und Medienwirtschaft, Medien-, Informations- und Dokumentationsdiensten, Redaktion und Journalismus, Öffentlichkeitsarbeit, Produkt- und Industriedesign, Technische Mediengestaltung, Innenarchitektur, Kunsthandwerk – Bildende Kunst, Kunsthandwerkliche Glas- und Keramikgestaltung, Kunsthandwerkliche Metallgestaltung, Musikinstrumentenbau, Theater-, Film- und Fernsehproduktion, Veranstaltungs-, Kamera- und Tontechnik, Bühnen- und Kostümbildnerei, Musik-, Gesangs- und Dirigententätigkeit, Schauspiel-, Tanz- und Bewegungskunst, Moderation und Unterhaltung, Ausstellen und Präsentieren in Museen und Lehren außerhalb der Schule,
  • ferner auf die Selbständigen in den Bereich Musikwirtschaft, Buchmarkt, Kunstmarkt, Filmwirtschaft, Rundfunkwirtschaft, Markt für darstellende Kunst, Designwirtschaft, Architekturmarkt, Pressemarkt, Werbemarkt und Software-/Games-Industrie
  • sowie weiter auf die in der Künstlersozialkasse versicherten Künstlerinnen und Künstler in den Berufsgruppen Wort, Bildende Kunst, Musik und Darstellende Kunst.

 

Frauen und Männer im Kulturmarkt – Bericht zur wirtschaftlichen und sozialen Lage
Von Gabriele Schulz, Olaf Zimmermann
ISBN 978-3-947308-20-0,
508 Seiten, 28 x 21,2 cm, 24,80 €

 

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