#1
Kulturelle Integration als Chance für gesellschaftlichen Zusammenhalt gestalten
Wir befürworten die „Initiative Kulturelle Integration“ des Deutschen Kulturrates und hoffen, dass die dadurch angestoßene Debatte verstärkt in die Zivilgesellschaft getragen wird. Wir unterstützen, dass in den Thesen der Begriff der „Leitkultur“ vermieden wird. Denn in der Kultur darf es keine Grenzen geben, die im Namen einer angeblichen „kulturellen Identität“ darüber bestimmen, wer dazugehört und wer nicht. Um beispielsweise die Gleichberechtigung der Geschlechter oder Toleranz gegenüber Minderheiten herzuleiten, braucht es keine Bezugnahme auf „Kultur“. Ein Blick ins Grundgesetz reicht völlig aus.
Beide Seiten – die sogenannte Mehrheitsgesellschaft und diejenigen, die zu uns kommen – verändern sich durch Migrationsbewegungen. In einer offenen Gesellschaft kann Integration nie statisch sein. Sie darf nicht hermetisch, sondern muss dynamisch angelegt sein. Neue Perspektiven und Widersprüche müssen in einem offenen und transparenten Dialogprozess bearbeitet werden. Etwas Gemeinsames kann nur entstehen, wenn wir die Geschichten und Perspektiven aller Menschen, die in Deutschland leben, wahr- und ernstnehmen – also auch die Geschichten und die Lebenserfahrungen derjenigen, die zu uns einwandern. Diese Perspektiven sollten in einem multiperspektivischen Prozess aktiv aufgegriffen werden. In unserem Beschluss „Geschichten der Vielfalt. Erinnerungskultur in der Einwanderungsgesellschaft“
(Mai 2016) haben wir diese Gedanken vertieft.
Der Wert der Grundrechte muss immer neu verstanden und eingeübt – und wo nötig auch neu erkämpft und erstritten werden. Dazu gehört die gegenseitige Bereitschaft zur selbstkritischen Reflexion. Dazu gehört auch, Ideologien der Ungleichwertigkeit (wie z. B. Antisemitismus, Rassismus, Islamfeindlichkeit, Homophobie) zu erkennen und ihnen entgegen-zutreten. Unerlässlich ist es, kritische Positionen durch die Eröffnung neuer Blickwinkel herauszufordern und zugleich offen für neue gedankliche Zugangswege zu bleiben.
#2
Gerechten Welthandel umsetzen
Wir teilen die Auffassung des Deutschen Kulturrates, dass bei Freihandelsabkommen die Besonderheiten der Kultur- und Medienmärkte und des Bildungsbereiches nicht gefährdet werden dürfen. Im Zeitalter der Globalisierung befruchten sich kulturelle Ausdrucksformen durch internationalen Austausch. Wir wollen diese Vielfalt und Verschiedenheit der Kulturen wahren.
Darum wertschätzen wir die UNESCO-Konvention zum Schutz und zur Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen. Über ein Gutachten konnten wir zeigen, dass die Aufnahme dieser Konvention in Handelsabkommen einen gewissen Schutz für den Kultur- und Mediensektor bieten kann. Allerdings teilen längst nicht alle Staaten die Ziele dieser Konvention; die USA zum Beispiel sind nicht Unterzeichner. Darum sehen wir im bisher vertretenen Ansatz in den TTIP-Verhandlungen eine Gefahr für den kulturellen Sektor. Insbesondere,
wenn die Regelungsansätze von Handelspartnern sich grundsätzlich unterscheiden wie etwa zwischen USA, der EU und ihren Mitgliedsstaaten, sind weit gefasste Schutzausnahmen in Handelsverträgen nötig. Durch eine Liberalisierung von Dienstleistungen auch im audiovisuellen Sektor drohen sonst nationale Kulturindustrien von insbesondere der US-amerikanischen Konkurrenz verdrängt zu werden. Bestimmte Dienst-leistungen wie eben auch im Kultur- und Mediensektor wollen wir dagegen schützen.
Das Gutachten „TTIP und Kultur“ und weitere Informationen finden Sie hier:
Weitere Artikel zum Thema Kultur und Freihandel finden Sie hier:
TTIP – So nicht! Berichte aus der Veranstaltungsreihe:
Wir stimmen Ihnen auch darin zu, dass Handelsabkommen transparent verhandelt werden müssen. Bislang konzentrierte sich die Handelspolitik weitgehend darauf, bestimmte Wirtschaftsverbände zu konsultieren. Um eine einseitige Beeinflussung der Verhandlungen zu verhindern, muss der Austausch mit anderen zivilgesellschaftlichen Akteuren deutlich gestärkt werden. Die Beteiligung muss so gestaltet werden, dass alle Akteure ausgewogen gehört werden und sich einbringen können.
Handelsabkommen greifen tief in den Alltag von Bürgerinnen und Bürgern ein; sie haben ein Recht, am Prozess beteiligt zu werden. Demokratische Beteiligung ist weit mehr, als dem Vertrag am Ende im Parlament zuzustimmen. Die Öffentlichkeit muss bereits während der Verhandlungen regelmäßig über Zwischenergebnisse umfassend und proaktiv informiert werden und sie kommentieren können.
#3
Nachhaltigkeit verwirklichen
Deutschland als wirtschaftsstarke Demokratie hat bei der Erreichung der Nachhaltigkeitsziele eine wichtige Rolle. Es gibt einige Bereiche, in denen wir Nachholbedarf haben, andere, in denen wir ein Vorbild sind – allerdings werden viele Weichen gerade falsch gestellt, z. B., weil Klimaschutz und der Ausbau der erneuer-baren Energien vernachlässigt werden. Es ist unabdingbar, dass wir uns stärker auf unsere Fähigkeiten besinnen und das Notwendige für den Erhalt der natürlichen und kulturellen Lebensgrundlagen zumachen. Deutschland hat viele Möglichkeiten und eine im internationalen Vergleich vorbildliche institutionelle Nachhaltigkeitsarchitektur, muss dies aber stärker als bisher nutzen. Deutschland muss insgesamt einer dreigeteilten Verantwortung hin zu einer nachhaltigen Entwicklung gerecht werden:
In Deutschland, in den internationalen Konsequenzen deutschen Handelns und in der Zusammenarbeit mit anderen Staaten.
Die Nachhaltigkeitsstrategie halten wir für ein sinnvolles Instrument und wir begrüßen die umfassende Überarbeitung, die die Regierung jetzt vorgenommen hat, indem sie die Strategie an die SDGs angepasst hat. Inhaltlich greift die Strategie allerdings an vielen Stellen zu kurz und setzt falsche Akzente, das haben wir in unserer Stellungnahme zum Entwurf der deutschen Nachhaltigkeitsstrategie ausführlich dargelegt. Leider steht das praktische politische Handeln der großen Koalition oft im Gegensatz zu den Zielen der Strategie. Um die Strategie und den Nachhaltigkeits-gedanken stärker im politischen Prozess zu verankern, haben wir einige konkrete Forderungen erhoben. Wir diskutieren, wie die Prüfung der Nachhaltigkeit einen stärkeren Fokus im gesamten Gesetzgebungsprozess bekommen könnte, zum Beispiel durch Integration der Nachhaltigkeits-prüfung im Anhörungsprozess und eine Evaluation der Nachhaltigkeits-auswirkungen. Weiterhin setzen wir uns unter anderem für ein Initiativrecht des Ressorts Umwelt, für hochrangige Nachhaltigkeits-beauftragte in allen Ressorts und für eine angemessene Finanzierung von Programmen, die explizit Nachhaltigkeitsziele verfolgen, ein. Unsere Forderungen haben wir in einem Antrag dargelegt.
Ein weiteres grünes Ziel ist es, dass das Konzept „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ systematisch in allen Bildungsbereichen und Bildungs-einrichtungen in Deutschland angewendet wird. So geben wir allen Kindern und Jugendlichen die Kompetenzen, ihre und unsere Zukunft lebenswert und nachhaltig zu gestalten. Nachdem die Vereinten Nationen das Thema von 2005 bis 2014 zehn Jahre lang zum internationalen Schwerpunktthema gemacht haben, arbeitet die Bundesregierung aktuell am deutschen Beitrag zum Weltaktionsprogramm „Bildung für nachhaltige Entwicklung“. Diesen Prozess hatten wir Grüne im Bundestag in einem inter-fraktionellen Antrag im Wesentlichen angestoßen. Wir werden uns auch in Zukunft für eine Umsetzung des Konzepts starkmachen.
#4
Digitalisierung gestalten
Teilhabe in einer modernen Gesellschaft bedeutet immer mehr auch Zugang zu und Umgang mit digitalen (Kultur-)Techniken. Wir wollen daher mehr Programme für digitale Bildung und Medienkompetenz. Dafür sollen unter anderem in einer gemeinsamen Anstrengung mit allen Bundesländern Basiskompetenzen im Bereich Informatik, Medienanwendung und kritische Medienkunde verbindlich eingebracht werden und unabhängige und kostenfreie Informations- und Beratungsstellen für Medienkompetenz eingerichtet werden. Wir setzen uns für eine Vereinheitlichung des Jugendmedienschutzes über die verschiedenen Medien hinweg und für eine aktive Stärkung der Medienkompetenz aller Altersgruppen ein. Kinder und Jugendliche wachsen heute ganz selbstverständlich in einer digitalisierten Welt auf, in der sie immer weniger zwischen on- und offline unterscheiden. Denn beides findet gleichzeitig statt. Umso wichtiger ist es, so früh wie möglich Medienkompetenz zu erwerben, um sich in den digital vernetzten Lebenswelten gut bewegen zu können und sie verantwortungs- und sinnvoll für sich nutzbar zu machen.
Die regulatorischen Rahmenbedingungen für Anbieter in der digitalen Welt müssen angesichts immer neuer technischer Entwicklungen immer wieder neu bewertet werden. Da Plattformen oftmals die Bedingungen, zu denen sie Drittanbietern Zugang gewähren, selbst festlegen, fordern wir eine Diskriminierungsfreiheit und Wettbewerb ermöglichende Regulierungen. Eine Harmonisierung von Regelungen für Anbieter, die im Wesentlichen ähnliche Dienste anbieten, ist erstrebenswert. Wir werden den Reformbedarf bei Telemediengesetz, Telekommunikationsgesetz und Medienrecht, beispielsweise hinsichtlich von Haftungen für öffentlich zugänglich gemachte Inhalte, überprüfen und in die europarechtliche Diskussion mit einbringen. Bei der Digitalisierung des kulturellen Erbes wollen wir bei vom Bund geförderten Inhalten die Gemeinfreiheit erhalten. Die Deutsche Digitale Bibliothek muss dafür mit ausreichenden Mitteln ausgestattet sein. Wir wollen den Erhalt des Filmerbes durch Digitalisierung vorantreiben und ausreichend finanziell unterstützen und das schriftliche Kulturgut retten.
Die Buchpreisbindung ist ein wichtiger Beitrag zur kulturellen Vielfalt und zu einem lebendigen Buchmarkt. Sie steht für uns deshalb nicht zur Diskussion. Wir begrüßen ausdrücklich die Ausweitung der Buchpreisbindung auf elektronische Bücher (E-Books).
#5
Kulturelle Bildung voranbringen
Auch wir setzen uns für die Abschaffung des Kooperationsverbots in der Bildung ein. Die Große Koalition hat für die Bildungsinfrastruktur in finanzschwachen Kommunen nur eine schmale Öffnung der Verfassung geschaffen. Wir streiten weiter dafür, das Kooperationsverbot komplett aufzuheben. Bund und Länder müssen ihre gemeinsame Verantwortung auch gemeinsam übernehmen können. Wir schlagen den Ländern eine gemeinsame Bildungsoffensive vor. Kulturelle Bildung sehen wir dabei vor allem als Bestandteil der Angebote von Ganztagsschulen. Deren Ausbau wollen wir mit einem neuen Bund-Länder-Programm mit vier Milliarden Euro unterstützen. Das bestehende Programm „Kultur macht stark“ setzt gute Impulse. Wir begrüßen vor allem die starke Orientierung auf benachteiligte Jugendliche. Trotzdem hat das Programm einen Geburtsfehler: Von der damaligen Ministerin Schavan war es als Umgehung des Kooperationsverbots gedacht. Weil das Kooperationsverbot vor allem von der Union auf allen staatlichen Ebenen aber hochgehalten wird, dürfen sich Schulen noch immer nicht am Programm beteiligen. Das kann nicht im Sinne der Kinder und Jugendlichen sein.
#6
Geschlechtergerechtigkeit leben
Geschlechtergerechtigkeit ist ein zentrales Anliegen grüner Politik. Dies gilt selbstverständlich auch für den Kulturbereich. Die Studie des Deutschen Kulturrates zu „Frauen in Kultur und Medien“ hat unter anderem gezeigt, dass Frauen auch im Kulturbereich für die gleiche Arbeit weniger Geld als Männer bekommen. Je höher die Hierarchie, desto geringer wird der Frauenanteil. Schauspielerinnen verdienen sogar 33 Prozent weniger als die männlichen Kollegen. Das muss sich dringend ändern. In unserem Antrag „Soziale und wirtschaftliche Lage von Künstlerinnen, Künstlern und Kreativen verbessern, Kulturförderung gerecht gestalten“ (Mai 2017) fordern wir deshalb den Abbau der Entgeltungleichheit zwischen Frauen und Männern und dass entsprechende Voraussetzungen auch bei öffentlichen Ausschreibungen des Bundes gelten müssen. Außerdem fordern wir die geschlechterparitätische Vergabe von Führungspositionen, Intendanzen, Preisen, Stipendien und Werksaufträgen sowie die geschlechterparitätische Besetzung von Orchestern. Auch vom Bund geförderte Ausstellungen von Werken zeitgenössischer Künstlerinnen und Künstler sollten nach Maßstäben der Geschlechterparität gestaltet sein. Diese geschlechterparitätischen Regelungen müssen konsequent umgesetzt werden, wenn eine anderweitige Geschlechterverteilung nicht durch klare künstlerische Vorgaben zu begründen ist.
#7
Arbeits- und Sozialpolitik anpassen
Wir wollen die Künstlersozialkasse ohne Wenn und Aber erhalten.
Uns ist gleichwohl bewusst, dass es auch viele Kreative gibt, die bei der KSK durch das Raster fallen. Durch eine deutliche Reduzierung der Mindestbeiträge zur Krankenversicherung für selbstständige Kreativschaffende (und für andere Selbstständige) auf das Niveau der sonstig freiwillig Versicherten, wollen wir die Krankenversicherung für sie wieder erschwinglich machen.
Auch den Zugang von Selbstständigen zur freiwilligen Versicherung gegen Arbeitslosigkeit wollen wir an die gewandelte Arbeitswelt anpassen, indem wir die Anwartschaftszeiten so verkürzen, dass schon nach viermonatiger Beitragszeit ein zweimonatiger Bezug von Arbeitslosengeld möglich ist. Zudem wollen wir Selbstständigen durch Wahltarife mehr Flexibilität ermöglichen: Sie sollen auf eigenen Wunsch halbierte Beiträge zahlen können.
Nicht anderweitig abgesicherte Selbständige wollen wir – wie es der Kulturrat fordert – in die gesetzliche Rentenversicherung einbeziehen, denn das bietet Selbstständigen die Möglichkeit, von einem stabilen Gesamtsystem mit attraktiver Rendite und umfassendem Leistungskatalog zu profitieren. Um eine Überforderung zu vermeiden, sollen die Beiträge oberhalb des Mindestbeitrags einkommensbezogen ausgestaltet werden, zudem sollte die Möglichkeit eröffnet werden, zusätzlich zum Pflichtbeitrag freiwillige Zahlungen zu leisten, um in guten Zeiten Lücken aus schlechten Zeiten zu schließen und es sollte nach Möglichkeiten gesucht werden, Auftraggeberinnen und -geber an den Sozialversicherungsbeiträgen zu beteiligen. Bei Einführung einer Garantierente, wie von uns angestrebt, würde nach 30-jähriger Mitgliedschaft auch der Mindestbetrag ausreichen, um eine Rente oberhalb des Grundsicherungsniveaus zu erhalten. Damit wären Selbstständige umfassend vor Armut im Alter geschützt.Viele Angebote der Aus- und Weiterbildung orientieren sich stark an den Bedürfnissen von Festangestellten. Aus- und Weiterbildungseinrichtungen sollten in Kooperation mit den Berufsverbänden der Kreativschaffenden Kataloge mit branchenspezifischen Informationen erarbeiten. Hierdurch könnte sowohl in der Ausbildung als auch im Bereich der Weiterbildung ein optimaler und praxisorientierter Überblick zu relevanten Themen gegeben werden, die bislang in Aus- und Weiterbildungen kaum thematisiert werden.
#8
Gesetzliche Regeln zum Urheberrecht konsequent anwenden
Wir wollen ein Urheberinnen- und Urheberrecht, das der Nutzungs- und Verwertungsrealität im Digitalen Rechnung trägt und dabei bürgerrechtskonform ist. Auch angesichts der immer komplexeren Produktions-, Distributions- und Nutzungsbedingungen in der digitalen Welt bleiben wir beim Grundprinzip des Interessenausgleichs zwischen Urheberinnen und Urhebern sowie Nutzerinnen und Nutzern. Wir wollen mit Reformen des Urheberinnen- und Urhebervertragsrechts die angemessene Vergütung von Kreativen stärken. Sie müssen ihre Ansprüche national und international besser durchsetzen können. Nutzerinnen und Nutzer digitaler Inhalte sollen bei Ausleihe und Weiterveräußerung nicht schlechter gestellt werden als bei analogen Gütern. Die Verlegerbeteiligung muss umgehend gesetzlich geklärt werden.
#9
Kulturelles Erbe sichern, weitergeben und fördern
Wir kämpfen für kulturelle Vielfalt. Teil dieser kulturellen Vielfalt ist selbstverständlich und unverzichtbar das reichhaltige kulturelle Erbe. Alte Kunstwerke und Kulturgüter stellen einen direkten Bezug zur Geschichte dar und können dadurch Identität stiften und Orientierung geben. Die Vermittlung des kulturellen Erbes muss fester Bestandteil der kulturellen Bildung sein. Wir setzen uns dafür ein, dass das kulturelle Erbe professionell gepflegt und erhalten wird und so an kommende Generationen überliefert werden kann. Denkmalschutz und Denkmalpflege sind in Deutschland primär Ländersache. Die Erhaltung national bedeutsamer Kulturdenkmäler ist aber traditionell Aufgabe des Bundes. Mit Denkmalschutz-Förderprogrammen sorgt der Bund dafür, dass wichtige Kulturdenkmäler erhalten werden können. Darüber hinaus werden auch Sondermittel für bedeutende Restaurationsvorhaben bereitgestellt. Allerdings fehlt bisher ein öffentlich zugänglicher Kriterien-katalog, der transparent offenlegt, inwiefern Kultureinrichtungen und auch Kulturdenkmäler als „national bedeutsam“ einzuordnen sind und sich somit für eine Bundesförderung qualifizieren. Wir setzen uns für die Erarbeitung eines solchen Kriterienkatalogs ein, damit transparenter und auch planbarer wird, wo mit Unterstützung aus der Kulturförderung des Bundes gerechnet werden kann. Um einen angemessenen Schutz unsere Kulturgüter und Denkmäler zu gewährleisten, fordern wir außerdem eine aufgabengerechte Finanzausstattung der Kommunen durch den Bund. Zudem setzen wir uns für eine starke Städtebauförderung ein und möchten die Mittel dafür verstetigen.
#10
Welterbestätten dauerhaft fördern
Das aktuelle Programm „Nationale Projekte des Städtebaus“ wird mit einem Volumen von 75 Millionen Euro der hohen Nachfrage nicht gerecht. Allein in diesem Jahr wurden hier Projektanträge mit einem Fördervolumen von 300 Millionen Euro eingereicht. Wir brauchen deshalb dringend die Wiederauflage eines Investitions-programms für UNESCO-Welterbestätten mit ausreichender Ausstattung.
#11
Kommunen stärken
Wir wollen finanzschwache Städte und Gemeinden dauerhaft und nachhaltig finanziell entlasten, unabhängig von der Himmelsrichtung. Dafür soll der Bund nach unseren Vorstellungen schrittweise die Kosten der Unterkunft bei der Grundsicherung übernehmen und dadurch die Kommunen bei den Sozialausgaben erheblich entlasten. Hoch verschuldete Städte und Gemeinden wollen wir mit einem Altschuldenfonds einen Neustart ermöglichen, das entlastet von hohen Zinsen. Gleichzeitig stellen wir 10 Milliarden Euro bereit, um den Sanierungsstau im Schulbereich zu lösen. Das stärkt und entlastet Kommunen und ermöglicht es ihnen, ihre Rolle in Kunst und Kultur zu gestalten.
#12
Kulturpolitik in Europa gestalten
Wir setzen uns für die kulturelle Vielfalt in Europa ein, dafür sind der interkulturelle Dialog und die grenzüberschreitende europäische Kulturzusammenarbeit unverzichtbar. Kultur sollte keine Grenzen kennen. Gerade für Migranten und Geflüchtete entstehen durch kulturelle Begegnungen mehr Möglichkeiten zur Inklusion. Kultur gibt es in Europa nie nur im Singular, immer nur im Plural. Um mehr Austausch und gemeinsame Projekte zu ermöglichen, muss der EU-Kulturetat deutlich ansteigen. Die Forderungen des Deutschen Kulturrates zur Kulturpolitik in Europa unterstützen wir deshalb voll und ganz.
#13
Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik weiterdenken
Die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik ist die dritte Säule der Außenpolitik. Sie schafft eigene politische Möglichkeiten; sie kann Türen öffnen und Brücken bauen, wo sonst nichts mehr geht und wo alles verschlossen erscheint. Wir setzen uns für eine Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik ein, die nicht auf kurzfristige Showeffekte und Großevents setzt, sondern auf die nachhaltige Veränderung von Strukturen. Im Unterausschuss für Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik des Deutschen Bundes-tages achten wir stets darauf, dass der Dialog zwischen Mittlerorganisationen und der Zivilgesellschaft konstruktiv gestaltet wird. Die meist fraktionsübergreifend beschlossene Erhöhung der Mittel für die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik ist richtig und wichtig – gerade angesichts der „shrinking spaces“, durch die es in vielen Ländern immer schwieriger wird, mit unseren Werten und Botschaften durchzu-dringen. Es bleibt finanziell allerdings immer noch Luft nach oben. In den vergangenen beiden Jahren haben wir zudem verstärkt nach Möglichkeiten gesucht, die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik für Geflüchtete zu öffnen. Wir haben über die humanitäre Hilfe im engeren Sinne hinausgedacht und mit den Mittlerorganisationen nach Wegen gesucht, Bildungs- und Kulturangebote z. B. in den Flüchtlingscamps im Libanon und in Jordanien zu ermöglichen und gezielt Künstlerinnen und Künstler zu unterstützen.
Zum Thema Jugendaustausch: Wenn wir etwa hören, dass die Türkei Schülerinnen und Schüler, die am Austausch im Rahmen von PASCH teilnehmen, von Ministerialbeamten begleiten lassen will, dann steht die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik vor ganz neuen Herausforderungen.
#14
Stärkung der Bundeskulturpolitik
Um kulturpolitischen Themen eine größere Rolle am Kabinettstisch zu verschaffen, wäre ein eigenständiges Bundeskulturministerium sicherlich sinnvoll – nicht zuletzt, weil Kultur für den gesellschaftlichen Zusammenhalt von großer Bedeutung ist. Die interfraktionell besetzte Enquetekommission „Kultur in Deutschland“ hat bereits vor zehn Jahren in ihrem Schlussbericht ein Staatsziel Kultur empfohlen. Kultur ist für eine offene Gesellschaft unverzichtbar und sie kann in Zeiten gesellschaftlicher Umbrüche Orientierung geben und neue Perspektiven eröffnen. Wir kämpfen für Freiräume in Kunst und Kultur. Allerdings sollte man die Effekte einer ent-sprechenden Grundgesetzänderung nicht überschätzen, denn mit ihr lassen sich nicht alle Finanzierungsprobleme in der Kulturpolitik mit einem Schlag lösen. Wir wollen die Diskussion über ein Staatsziel Kultur weiter führen.
Hier finden Sie die Antworten aller befragten Parteien im Vergleich.