Nicht kaputtsparen, sondern nachhaltig investieren!

Die Gewinnstrategie der Corona-Krise

Es gibt eine Gewinnstrategie bei Monopoly und die heißt Besitz und Infrastruktur, wie Straßen, Häuser und Hotels, zu horten. Ein langsames Sterben bei dem Spiel geht einher mit fehlender Infrastruktur und der daraus folgenden Notwendigkeit, bei Zahlungsengpässen weiteren Besitz veräußern zu müssen.

 

Welche Strategien werden in der Corona-Krise verfolgt?

 

Die Corona-Krisenverwaltung tritt nunmehr in eine dritte Phase: Zu Beginn stand der Wille nach Unterstützung und die Soforthilfe für akut Existenzbedrohte im Vordergrund. In der zweiten Phase startete der Diskurs zu notwendigen mittelfristigen Maßnahmen innerhalb einzelner Handlungsfelder, wie in der Kultur beispielsweise Hilfen für nicht zu erwirtschaftende Eigenmittel, flexibler Umgang mit Projektmitteln oder jüngst der Kulturinfrastrukturfonds.

 

Diese Diskussionen schärfen in der Politik zunehmend den Blick für die immensen aufzubringenden Finanzmittel, um Verluste einzudämmen. Mit ersten Steuerprognosen zu den zu erwartenden Mindereinnahmen, führt dies aktuell politisch zu ersten Abwehrhaltungen. Dabei wird auch das Argument der Generationengerechtigkeit, die seit der Krise vielfach außer Acht gelassen wurde, bemüht. Schließlich müsse die kommende Generation für jetzt aufgenommene Schulden geradestehen.

 

All das ist nicht gleichzusetzen mit einem strategisch planvollen Vorgehen. Ein erster Schritt in eine solche Richtung ist der Wiederaufbauplan von Angela Merkel und Emmanuel Macron, der nicht nur die Rettung bzw. den Erhalt von Strukturen verfolgt, sondern damit den Wandel zu einer digitaleren und umweltverträglicheren Wirtschaft verbindet.

 

Mittel zum Erhalt von Strukturen an längst anstehende gesellschaftliche Modernisierungen zu binden, denkt Generationengerechtigkeit auf einem nachhaltigen Weg mit, da hier Infrastruktur nicht verloren geht.
Eine solche Strategie sollte jedoch nicht nur ökonomische, sondern alle gesellschaftlichen Bereiche wie Kultur oder Soziales mitdenken. Eine nachhaltige Modernisierung des öffentlich geförderten Kulturbereichs könnte in einer stärker gemeinwohlorientierten Ausrichtung liegen, um kulturelle Teilhabe für alle zu realisieren. Dabei gibt es auch Bezüge zum Ausbau digitaler Strukturen. Digitale Erweiterungen des analogen Kulturlebens haben, wie die Krise gezeigt hat, Potenzial, nicht nur kontaktarm, sondern zugleich auch größere Bevölkerungsgruppen zu erreichen. Nachhaltigkeit heißt aber auch, dass die Vergütung der künstlerisch Schaffenden analog wie digital gewährleistet ist und sie nicht ins Prekariat abrutschen.

 

Ein strategisches Vorgehen sollte Investitionen so bemessen, dass diese langfristig den Erhalt von Infrastrukturen garantieren. In den letzten Jahrzehnten wurden viele gesellschaftliche Bereiche wie Bildung, Kultur oder Gesundheit ökonomisiert und dadurch in ihrer Stabilität geschwächt. Diese Instabilitäten sind durch die Krise sichtbar geworden. Wenn wir in öffentliche Infrastrukturen investieren, sollten wir dies bewusst tun und auch den Mut haben, einen lang ausstehenden Diskurs darüber zu führen, welche Infrastrukturen in welchem Umfang öffentlich gefördert werden sollen. Entscheidend ist dann aber auch, dass diese öffentlich geförderten Infrastrukturen angemessen ausgestattet werden. Das sich zunehmend schleichend etablierte Gießkannen-Prinzip innerhalb der öffentlichen Kulturförderung hat – das hat die Krise auch offengelegt – nicht zur Stabilisierung beigetragen und entspricht weder der Gewinnstrategie im Monopolyspiel noch einer zukunftsorientierten Weiterentwicklung im Sinne der Generationengerechtigkeit.

 

Dieser Text ist zuerst erschienen in Politik & Kultur 06/2020.

Susanne Keuchel
Susanne Keuchel ist ehrenamtliche Präsidentin des Deutschen Kulturrates und Hauptamtlich Direktorin der Akademie der Kulturellen Bildung des Bundes und des Landes NRW.
Vorheriger ArtikelDer Konflikt geht in Namibia weiter
Nächster ArtikelDie Zerreißproben stehen bevor