Im Jahre 2016 hat es der Kurzfilm „Sunspring“ beim Sci-Fi-London-Festival in die Top 10 der Jury geschafft. Der Film handelt von einer Gruppe junger Menschen, die ihr Blut verkaufen müssen. „Sunspring“ wurde von „Benjamin“ geschrieben. Und Benjamin ist kein gewöhnlicher Drehbuchautor. Er ist ein Roboter, eine Maschine basierend auf künstlicher Intelligenz, die ihre Dialoge mithilfe eines Algorithmus verfasst. Eine Maschine als Autor, ein Roboter, der uns vielleicht eines der bisher unbestrittensten Merkmale streitig macht, die uns Menschen auszeichnet: Den Sinn für Kunst und Poesie. Ist das unsere geistige Zukunft?
Gemach, gemach. Dass wir in Zukunft nicht mehr Goethe und Schiller, sondern nur noch Alexa und Echo zitieren, ist unwahrscheinlich. Aber ja: Die Digitalisierung spielt eine nicht zu unterschätzende Rolle in unserem Kulturleben. Es sind vor allem zwei Aspekte, die wichtig sind: Die Digitalisierung schafft neuen Zugang zu und sie schafft neue Formen von Kultur. Neuen Zugang, weil Kultur durch völlig neue Kommunikations- und Beteiligungsmöglichkeiten vermittelt werden kann. Kunst wird überall und für nahezu alle Menschen an jedem Ort erlebbar.
Kulturschaffende und Kulturliebende finden so leicht zusammen wie nie zuvor und Kunst findet Orte im Alltag der Menschen, die früher nicht erreichbar waren. Durch die Digitalisierung sind Literatur, Musik und Malerei, wo sie früher nie waren. Trivial erscheinende Selbstverständlichkeiten wie der E-Book-Reader, der eine ganze Bibliothek in den eigenen Reisekoffer packt oder der Streamingdienst, der einem eine schier grenzenlose Menge an Hörbüchern, Podcasts, Serien und Filmen wortwörtlich an die Hand gibt, sind doch in Wirklichkeit nicht weniger als eine Revolution der kulturellen Erfahrbarkeit.
Kultur war schon immer unendlich vielfältig, und doch begrenzt in ihrem Zugang. Durch Vernetzung können Schätze gehoben werden, die früher verborgen blieben. Die Digitalisierung schafft Orte für Experiment und Spezialinteresse fernab vom Geschmack der Allgemeinheit. Es werden neue Formen geschaffen, weil sich durch die Technologie bisher nicht gekannte Gestaltungsmöglichkeiten ergeben. Besonders deutlich wird dies im Bereich der Computerspiele. Konsumenten verschmelzen mit dem Werk. Die Vielseitigkeit von Games und die Notwendigkeit, diesen Zweig kulturellen Reichtums weit über den Deutschen Computerspielpreis hinaus zu fördern, ist aber eine wichtige Aufgabe.
Die Digitalisierung ist für unser kulturelles Leben und die Lebensqualität ein großer Gewinn. Nie war sie vielfältiger und lebendiger als heute,
nie hatten mehr Menschen Zugang zu den Künsten. Das allein ist ein großer Wert an sich.
Der Beitrag ist zuerst in Politik & Kultur 3/2018 erschienen.