Vom Grenzmuseum zur Gedenkstätte

Orte der deutsch-deutschen Erinnerung stellen sich vor

 

Deutsch-Deutsches Museum Mödlareuth

 

Die Amerikaner nannten es „Little Berlin“, jenes 50-Einwohner-Dorf, das zu einem wichtigen Symbol der deutschen Teilung wurde. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde der durch den Ort fließende Tannbach zur Demarkationslinie zwischen sowjetischer und amerikanischer Besatzungszone. Mit Gründung der beiden deutschen Staaten 1949 gehörte der thüringische Teil Mödlareuths zum Territorium der DDR, der bayerische zur Bundesrepublik. 1952 wurde mit der Errichtung eines Holzbretterzaunes die Abriegelung der beiden Ortsteile eingeleitet. 1966 folgte der Bau einer 700 Meter langen Betonsperrmauer. Erst am 9. Dezember 1989 wurde diese wieder geöffnet und ein Grenzübergang für Fußgänger geschaffen. Auch wenn nach der Wiedervereinigung 1990 verwaltungstechnisch eine Hälfte Mödlareuths zum Freistaat Bayern, die andere zum Freistaat Thüringen gehört, gestaltet man den Alltag heute wieder gemeinsam und feiert zusammen die Feste.

Seit 1990 widmet sich das Deutsch-Deutsche Museum der Aufarbeitung der Geschichte der deutschen Teilung und des DDR-Grenzregimes mit Fokus auf Mödlareuth und der angrenzenden Region. Das Kernstück der Gedenkstätte bildet das ca. 35.000 Quadratmeter große Freigelände mit original erhaltenen Sperranlagen und rekonstruiertem Bereich. Ausstellungsräume, begehbares Fahrzeugdepot, Kino-/Vortragsräume sowie Medienarchiv, Archiv, Bibliothek und Depots ergänzen das museale Angebot.

 

Das Museum beschäftigt sich mit den historischen Zusammenhängen, den vielfältigen politischen, wirtschaftlichen und vor allem menschlichen Aspekten der deutschen Teilung und den Lebensumständen dies- und jenseits der Grenze. Die Gedenkstätte erinnert an die Verbrechen der SED-Diktatur, gedenkt deren Opfern und ist ein historisch-politischer Lernort für Demokratie für gegenwärtige und zukünftige Generationen.

 

Am historischen Ort können sich Individualbesucher, Gruppen und Schulklassen im Rahmen der außerschulischen Bildungsarbeit dem Themenkomplex „Innerdeutsche Grenze – Deutsche Teilung – Wiedervereinigtes Land“ auf vielfältige Art und Weise nähern: über wechselnde Sonderausstellungen, Veranstaltungen und Besucherführungen. Für Schulklassen werden zusätzlich themenorientierte Module zur Vertiefung angeboten: Flucht, Zwangsaussiedlung, Friedliche Revolution, Alltag an der Grenze.

 

30 Jahre nach der Friedlichen Revolution ist sprichwörtlich viel „Gras über die Geschichte“ gewachsen. Vergleichsweise wenige Gedenkstätten und Museen widmen sich an der 1.393 Kilometer langen ehemaligen innerdeutschen Grenze der Aufarbeitung der Geschichte der deutschen Teilung.

Das Grüne Band bietet neben dem rein assoziativen Charakter die Möglichkeit, ausgehend von den Gedenkstätten und Museen eine einzigartige Erinnerungslandschaft im Dreiklang von historischer, naturschutzfachlicher und touristischer Dimension zu formen. Aktuell erarbeitet das Museum Mödlareuth in Kooperation mit der Stiftung Naturschutz Thüringen ein Modul für Schulklassen, das ausgehend vom authentischen Ort eine Verbindung von Erinnerung und Natur schafft.

 

Robert Lebegern ist Leiter des Deutsch-Deutschen Museums Mödlareuth

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