D ie art KARLSRUHE spannt als Messe für Klassische Moderne und Gegenwartskunst den Bogen über 120 Jahre Kunstgeschichte. Maike Karnebogen spricht mit dem Galeristen und Kurator der Messe im Dreiländereck, Ewald Karl Schrade, über die Rolle von Kunstmessen im Kunstmarkt, Messestrukturen und vieles mehr.
Maike Karnebogen: Herr Schrade, 2004 gründeten Sie gemeinsam mit der Karlsruher Messe- und Kongress GmbH die art KARLSRUHE – wie kam es dazu?
Ewald Karl Schrade: Der damalige Chef der Messe- und Kongress GmbH ist auf mich zugekommen, da neue Messehallen gebaut und in diesem Zuge überlegt wurde, welche Messen noch initiiert werden könnten. Ich wurde gefragt, ob ich nicht bereit wäre, eine Kunstmesse zu organisieren. Nach mehreren Treffen habe ich mich dazu entschieden, dass ich es mache.
Sie sind selbst Galerist, führen erfolgreich Galerien, nehmen an Kunstmessen teil. Welche Rolle spielen Kunstmessen Ihrer Meinung nach im Kunstmarkt?
Ich glaube, dass Kunstmessen immer wichtiger werden. Die Kunstinteressenten suchen Orientierung – und auf einer Messe haben sie die Möglichkeit, sehr viele verschiedene Angebote gleichzeitig und nebeneinander sehen zu können. So können sie entscheiden, was sie eventuell kaufen möchten, was sie für ihre Sammlung noch ergänzend brauchen. Wenn die Galerien einzeln bereist werden müssten, wäre man das ganze Jahr unterwegs von A bis Z, bis die Galerien abgeklappert wären. Auf den Messen gibt es hingegen ein großartiges und selektiertes Angebot, sodass diese immer beliebter werden.
Welche besondere Rolle nimmt dabei die art KARLSRUHE ein?
Der süddeutsche Raum hat eine sehr große Sammlerdichte. Es gibt hier sehr viele private Museen. Natürlich gibt es diese z. B. auch in Berlin, aber Baden-Württemberg hat eine ganz stattliche Anzahl privater Sammlermuseen und gute mittelständische Industrie. Und die Messe ist so ausgerichtet, dass sie ein breites Publikum anspricht.
Welche Bedeutung nimmt die art KARLRUHE im Dreiländereck ein?
Die Lage ist fantastisch. Da ist Frankreich, die Schweiz und Baden-Württemberg. Wir können uns auch über viele Besucher und Sammler aus dem Rheinischen, aus Frankreich und der Schweiz erfreuen. Auch aus weiteren Entfernungen kommen die Besucher und kaufen Kunst auf der art KARLSRUHE.
Spiegelt sich dies auch in den Ausstellern wider?
Aus dem Kopf würde ich sagen, etwas mehr als 25 Prozent sind ausländische Galerien, die aus Frankreich, der Schweiz oder Österreich kommen. Italienische Galerien sind zunehmend interessiert und auch aus weiteren europäischen Ländern nehmen die Teilnehmerzahlen zu. Das liegt einfach daran, dass im Süddeutschen großes Interesse an Kunst und am Kunstsammeln besteht.
Wie findet die Auswahl der Galerien statt, die sich für die Teilnahme an der art KARLSRUHE bewerben? In welchem Verhältnis stehen dabei feste Galeristen und neue Galerien?
Das hängt davon ab, wie viele neue Galerien platziert werden können. Für die Auswahl habe ich einen Beirat. Es gibt allerdings wenig Platz für neue Galerien. Denn wieder zugelassene Altaussteller bekommen in der Regel ihren angestammten Platz. Dementsprechend sind es wenige Plätze, die frei werden und durch Neubewerber zu belegen sind. Diesmal mussten wir auch noch an einigen Ecken die eigentlich großzügige Hallenplanung umorganisieren, weil einige Quergänge etwas breiter gemacht werden mussten. Durch die Verringerung der Fläche ist auch die Anzahl der Aussteller etwas weniger geworden. Aktuell planen wir mit 195 Ausstellern.
Wie strukturieren Sie den Messeaufbau?
Die Hallen sind klar gegliedert. Wir haben zwei Basishallen: die Hallen zwei und drei, in der die Galerien für Klassische Moderne und Moderne Klassik, umgeben von etablierten aktuellen Galerien, den Bogen auf 120 Jahre Kunstgeschichte spannen. Dann gibt es die Halle eins mit Druckgrafik, Multiples und der Sonderschau Druckgrafik, bei der jeder Galerist eine Grafik zeigen kann – so können die Galeristen auf ihre Stände hinweisen und haben gleichzeitig eine Verkaufsplattform für druckgrafische Werke. Halle vier, die große letzte Halle, ist für ganz aktuelle Kunst. Dadurch hat jeder Besucher die Möglichkeit, bei seinen Vorlieben zu beginnen.
Nach welchen Kriterien entscheiden Sie, welcher Aussteller wo seinen Messestand aufbaut?
In der Regel behalten wiederkehrende Galerien jährlich ihren Stand. Neue Galerien bekommen erst einmal die Plätze, die frei werden. Natürlich gibt es manchmal Wünsche, die Halle zu wechseln. Z. B. wenn sich das Programm verändert hat, beispielsweise klassischer geworden ist, in der Contemporary Art nicht mehr richtig platziert ist und die Galerie dadurch in eine der Basishallen wechseln möchte. Wenn es dann einen Platz gibt und das Programm von dem Beirat genehmigt wird, wird einem Wechsel gelegentlich zugestimmt. Auch in Verbindung mit den Skulpturenplätzen kommt es manchmal zu Verschiebungen. Wenn ein Galerist einen Skulpturenplatz hat, versuchen wir natürlich, eine Möglichkeit zu schaffen, dass auch angrenzend zum Skulpturenplatz eine Koje freigemacht werden kann.
Richtet sich die art KARLSRUHE auch an jüngere Sammler bzw. Einsteiger?
Ja, natürlich, und zwar gewaltig. Indem wir eine ganze Halle für Multiples und druckgrafische Werke haben. Das ist ja das, was junge Menschen, Studenten und Berufseinsteiger sich leisten können. Vor allem in der Halle der ContemporaryArt 21 befindet sich ganz aktuelle Kunst, die natürlich preislich erschwinglicher ist als ein Bild der Klassischen Moderne. Es ist deutlich zu sehen, dass wir neben dem klassischen Sammlerpublikum, den etablierten Besuchern, sehr viele junge Besucher haben. Und es muss ja nächstes Jahr wieder weitergehen, und übernächstes. In die Zukunft gesehen, sind ja die jetzt Mitte-Dreißiger in dem Alter, indem Kunstkäufe attraktiver werden.
Apropos Zukunft – gibt es Zukunftspläne für die art KARLSRUHE?
Immer auf dem Laufenden sein, immer ganz vorne mitzuspielen. Die Trends mitzumachen und dem Publikum das zu bieten, was hohes Niveau hat. Qualität ist Programm. Es geht eben nicht um Nationalität, sondern um Qualität. Von den vielen Bewerbungen der Galerien suchen wir die aus, die ins ganze System passen.
Die kommende art KARLSRUHE wurde von Februar auf Mai 2021 verschoben.
Genau. Wir wollten nicht auf den letzten Drücker warten, weil ja eindeutig klar ist, dass bis einschließlich Februar keine Messen stattfinden können. Wir haben uns entschlossen, den Mai zu nehmen – zwischen der Art Cologne, die nächstes Jahr im April stattfinden wird, und der Art Basel im Juni – damit haben wir einen schönen Platz gefunden.
Vielen Dank.
Dieser Text ist zuerst erschienen in Politik & Kultur 12/2020-01/2021.