Wissen für Wissenschaftskooperationen

Das weltweite Netzwerk des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD)

In einer Welt, die „aus den Fugen“ geraten ist, wird internationale wissenschaftliche Zusammenarbeit dringlicher gebraucht denn je. Aber vielerorts sind die Wissenschaft und ihre Freiheit in Gefahr.

 

Die Arbeit des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD), der seit Jahrzehnten grenzüberschreitende Mobilität und internationale Kooperation mit inzwischen über einer halben Milliarde Euro jährlich fördert, wird durch diese Entwicklungen sowohl wichtiger als auch schwieriger.

 

Aber auch ohne die aktuellen politischen Gefährdungen braucht Wissenschaftskooperation präzise Kenntnis von Institutionen und Strukturen. Auch zwischen hoch entwickelten Ländern gibt es radikale Unterschiede in der Organisation des Wissenschaftssystems, in Bildungsphilosophien und Karrierewegen: Wie breit sind grundständige Studiengänge angelegt? Beginnt die Doktorandenausbildung (und -finanzierung) nach dem Bachelor oder erst nach dem Master? Wann entscheidet sich, ob ein Nachwuchswissenschaftler auf Dauer im Hochschulsystem bleibt – und wie passt ein Auslandsaufenthalt am besten in den Karriereweg? Welche Rolle spielen außeruniversitäre Forschungseinrichtungen? Wer erfolgreich mit Partnern in anderen Systemen kooperieren will, muss solche Unterschiede kennen und mit ihnen umzugehen lernen.

 

Für die meisten Wissenschaftssysteme gibt das Außennetzwerk des DAAD Antworten auf solche Fragen. Es ist in drei Kreisen angelegt: Außenstellen, Informationszentren und Lektorate.

 

In den wichtigsten Partnerländern unterhält der DAAD insgesamt 15 Außenstellen. Nach der Wiedergründung des DAAD 1950 wurde bereits 1952 die erste Außenstelle in London eröffnet. Die jüngste entstand vor zehn Jahren in Brüssel. In Asien gibt es fünf Außenstellen (nach Alter geordnet: Delhi, Tokio, Jakarta, Peking und Hanoi), in Afrika zwei (Kairo und Nairobi), in Amerika drei (New York, Rio de Janeiro und Mexiko-Stadt) und in Europa fünf (London, Paris, Moskau, Warschau und – für die EU – Brüssel).

 

Die Außenstellen werden in der Regel für fünf Jahre von erfahrenen DAAD-Mitarbeitern geleitet. Außenstellen decken das ganze Spektrum der DAAD-Arbeit ab: von der Organisation von Auswahlen über die Betreuung von Stipendiaten und Projekten bis hin zu Information und Werbung für den Wissenschaftsstandort Deutschland.

 

Seit jeher unterstützen die Außenstellen auch die Arbeit der Mitgliedshochschulen und die der anderen deutschen Wissenschaftsorganisationen, die früher gar keine und auch jetzt nur einige wenige Büros im Ausland unterhalten. In den letzten anderthalb Jahrzehnten haben auch einzelne Hochschulen oder Hochschulverbünde an einigen Standorten eigene Verbindungsbüros eingerichtet. Die seit 2009 ins Leben gerufenen fünf Deutschen Häuser der Wissenschaft und Innovation (in Delhi, Moskau, New York, São Paulo und Tokio) setzen auf den DAAD-Außenstellen und den genannten weiteren Repräsentanzen auf. Sie sind Plattform und Anlaufadresse für die Wissenschaftskooperation mit Deutschland insgesamt.

 

Seit der Jahrtausendwende wurde ein zweiter Kreis von DAAD-Vertretungen eingerichtet, die Informationszentren (ICs), von denen es inzwischen 58 gibt, die meisten davon in Ländern ohne Außenstelle. Die ICs dienen in erster Linie dem Hochschulmarketing, unterstützen aber auch die Programmarbeit des DAAD. Ihre Leiter sind meist deutsche Lektoren oder Dozenten, die für einige Jahre an einer Hochschule im Gastland lehren und daneben – mit Unterstützung örtlichen Personals – das IC betreiben.

 

Schließlich unterstützen rund 450 weitere, vom DAAD an ausländische Hochschulen vermittelte Deutschlektoren und Langzeitdozenten den DAAD und die deutschen Hochschulen in der Informationsarbeit und das besonders dann, wenn weit und breit keine andere deutsche Wissenschaftsvertretung präsent ist. Außenstellen, ICs und Lektoren sind nicht nur und nicht einmal hauptsächlich „Aussichtspunkte“ oder „Horchposten“ für die deutsche Wissenschaft. Aber sie sind es auch: Sie lernen nämlich die Wissenschaftssysteme in ihren Gastländern gerade deshalb besonders intim kennen, weil sie durch Förderpraxis und Informationsarbeit alltäglich mit ihnen zu tun haben.

 

Das Außennetzwerk ist die wichtigste Quelle, aus der der DAAD Wissen für Wissenschaftskooperationen schaffen und an Interessenten und Entscheidungsträger in Hochschulen, Verwaltung und Politik weitergeben kann. Wir tun das durch Publikationen, wie diese Artikelserie, die untenstehend mit einem Beitrag aus New York beginnt. Außenstellen und ICs erstellen regelmäßig „Bildungssystemanalysen“, die – wie die Jahresberichte der Außenstellen – auf den DAAD-Webseiten zugänglich sind. Schließlich beantwortet das Netzwerk eine Vielzahl von Anfragen aus Deutschland und stellt Kontakte zwischen deutschen Hochschulen und potenziellen ausländischen Partnern her.

 

Wissenschaftskooperation ist wichtiger und schwieriger geworden. Das weltweite Netzwerk des DAAD hilft, dass Hochschulen, Wissenschaftler, Studierende und Forschungsinstitute sie erfolgreich und informiert betreiben können.

 

Dieser Text ist zuerst erschienen in Politik & Kultur 4/2017.

Ulrich Grothus
Ulrich Grothus ist Stellvertretender Generalsekretär des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD)
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