Der erste protestantische Missionar in Korea

Die Bedeutung Karl Gützlaffs

Am 17. Juli 1832 kam ein westliches Schiff an die koreanische Küste. Der Name des Schiffes war Lord Amherst, es war das erste Schiff aus dem Westen, das für einen formellen Handel mit dem Ausland nach Korea kam. An Bord war auch der deutsche Missionar Karl Friedrich August Gützlaff. Er war mit pietistischer Missionstheologie ausgerüstet und fuhr als Schiffsarzt und Dolmetscher auf der Lord Amherst mit.

 

Seine Ausbildung hatte Gützlaff an der 1800 gegründeten Berliner Missionsschule empfangen. Danach studierte er kurzzeitlich an der Berliner Universität. Drei Jahre lang machte er ein Missionspraktikum bei der 1797 gegründeten „Netherlands Missionary Society“ in Rotterdam. Danach wirkte er als selbstständiger Freimissionar.

 

Mit drei Missionsreisen verwirklichte er seinen Wunsch nach Tätigkeit in der ostasiatischen Mission – von China bis Korea und Japan. Zu seiner zweiten Missionsreise ging er 1832 an Bord des 507-Tonnen-Seglers Lord Amherst der Ostindien-Kompanie.

 

Am Nachmittag des 17. Juli 1832 ging die Lord Amherst an der koreanischen Insel Monggeumdo, Hwanghae Provinz, vor Anker. Anschließend segelte die Lord Amherst an der westlichen Küste der koreanischen Halbinsel entlang. Am 25. Juli 1832 erreichte das Schiff die Insel Godaedo in der Provinz Chungcheong und ankerte in der „Gan-keang“ oder „Gang-kiang“, was übersetzt „ein sicherer Ankerplatz“ bedeutet. Von diesem Platz aus entwickelte Gützlaff einen intensiven Austausch mit den einheimischen Insel- und Küstenbewohnern.

 

Obwohl Gützlaff nur für einen Monat, vom 17. Juli bis 17. August 1832, in Korea war, hat er in der koreanischen Missionsgeschichte bedeutende Spuren hinterlassen.

 

Dazu werden folgende sechs, für die Geschichte Koreas bedeutsame Meilensteine gezählt: Erstens war er der erste protestantische Missionar und zugleich der erste Deutsche in Korea. Gützlaff kam 34 Jahre vor dem später ermordeten englischen Missionar Robert Jermain Thomas, 52 Jahre vor dem amerikanischen Medizinmissionar Horace Newton Allen sowie 53 Jahre vor den amerikanischen Missionaren Horace Grant Underwood und Henry Gehard Appenzeller nach Korea.

 

Und dennoch werden Underwood und Appenzeller – entgegen den nachweislichen geschichtlichen Gegebenheiten – von der koreanischen Kirche bisher immer noch als „erste protestantische Missionare in Korea“ genannt. Tatsächlich aber war Karl Gützlaff der erste protestantische Missionar in Korea!

 

Zweitens versuchte er als Erster eine Vater-Unser-Übersetzung ins Koreanische: Am 27. Juli 1832 schrieb der junge Koreaner Yang-yhi, der Sekretär des höheren Beamten von Korea, alle Buchstaben der koreanischen Sprache für Gützlaff auf. Mit dieser Hilfe notierte Gützlaff dem jungen Mann das Vater Unser auf Chinesisch und bat ihn anschließend, den Text ins Koreanische zu übersetzen. Diese erste Übersetzung gilt als kleiner, aber bedeutsamer erster Schritt in der koreanischen Übersetzungsgeschichte der christlichen Bibel.

 

Drittens übergab Gützlaff die erste chinesische Bibel und chinesisch-christliche Bücher. 1823 schenkte Gützlaff dem koreanischen König Sun-Jo die von Robert Morrison und William Milne übersetzte chinesisch-protestantische Bibel „Shen tian sheng shu“ sowie weitere Missionstraktate. Während seines Aufenthalts in Korea verteilte er möglicherweise auch an Einheimische die Exemplare des chinesischen Neuen Testamentes, die christlichen Bücher und Traktate. Er gilt als erster Verbreiter von Bibeln und christlichen Texten in chinesischer Sprache.

 

Viertens nahm er die erste systematische Vorstellung der Exzellenz der koreanischen Schrift „Hangeul“ vor. Das heißt, Gützlaff wusste, dass Korea eigene und einzigartige Schriften hat. Und er stellte die koreanische Schrift „Hangeul“ zum ersten Mal ausführlich und wissenschaftlich im Westen vor. In November 1832 veröffentlichte er auf Englisch einen mit „Remarks on the Corean Language“ überschriebenen Artikel über die koreanische Sprache. Der Beitrag erschien in dem von Robert Morrisson redigierten Missionsmagazin „The Chinese Repository“. Dieser englischsprachige Artikel wurde von ihm zum Teil ins Deutsche übersetzt. So kommt Gützlaff durch seine Vorstellung wichtiger koreanischer Texte auch auf Deutsch eine bedeutende Rolle als

Kulturvermittler zu.

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Hyun Ki Oh ist Hauptpastor der Dongil presbyterianischen Kirchengemeinde in Daegu in Südkorea und Vorsitzender der Karl Gützlaff Gesellschaft.
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