Inklusion liegt im Kulturerbe

Partizipativ gestaltete Zugänge zu Kultur und Bildung

Hierfür haben wir in den letzten Jahren entsprechende Kompetenzen bei Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aufgebaut. Ein kleines Spezialistinnen-Team übernimmt innerhalb der Stiftung und nach außen eine Katalysator-Funktion und hilft, den Fokus auf Inklusion bei sehr verschiedenen Projekten zu halten. Netzwerkarbeit mit anderen Kulturinstitutionen, z. B. im Rahmen des Förderprojekts „Verbund Inklusion“, ermöglicht Erfahrungsaustausch und Evaluation. In den häufig sehr dynamischen Planungsprozessen inkludieren wir bei Detailfragen externe Fachberatungen. Gleichzeitig ist uns ein zentrales Anliegen, künftige Nutzerinnen und Nutzer selbst in die Prozesse einzubeziehen. Testworkshops mit Betroffenenverbänden bei der Planung des Bauhaus Museums führten zur Komplettüberarbeitung der Ausstellungsgrafik. Von der substanziell verbesserten Erkenn- und Lesbarkeit der Ausstellungstexte profitierten am Ende alle! Bei der Planung der Ausstellung „Van de Velde, Nietzsche und die Moderne um 1900“ arbeiteten wir am Beginn der Vorentwurfsphase intensiv mit Jugendlichen zusammen. In verschiedenen Planungsworkshops mit Kuratorinnen, Vermittlerinnen und Ausstellungsgestaltern wurden gemeinsam Ideen entwickelt, wie die teils komplexen Inhalte aufbereitet und vermittelt werden könnten. Sie bildeten die Grundlage für die Planungsvertiefung, wurden professionalisiert und auf die Gesamtgestaltung der Ausstellung übertragen. Von allen Beteiligten wurde dieser Austausch als gewinnbringend bewertet.

 

Neue Zugänge erproben

 

Aktuell verändern sich durch digitale Kanäle die Zugänge zum Kulturerbe enorm. Das bietet auch in Bezug auf Inklusion und Nutzungsvielfalt neue Chancen. Unsere ausbaufähige App „Weimar+“ ist ein großer Möglichkeitsraum, Themen mehrdimensional zu erzählen. Sie bereitet Inhalte unserer Moderne-Museen auf, seit April 2021 führt sie auch durch den Park an der Ilm, in den nächsten Jahren folgen Dichterhäuser, Bibliothek und der Stadtraum Weimars. Wir bieten Rundgänge in einfacher Sprache oder mit auditiven Wege- und Objektbeschreibungen an, stellen gleichzeitig multimedial Hintergrundwissen zur Verfügung und bieten spielerische Interaktionen an. Dem Prinzip des „Design für Alle“ verpflichtet, entwickeln wir dabei überraschende Angebote nicht nur für spezielle Zielgruppen, sondern explizit für möglichst viele Menschen. Die App-Inhalte können von überall abgerufen werden und somit auch räumliche Barrieren kompensieren.

 

Gleichzeitig entwickeln wir neue Vermittlungsansätze experimentell weiter. Im Rahmen eines Forschungsprojekts mit der Bauhaus Universität Weimar erproben wir in den nächsten Jahren digitale interaktive Zugänge zu historischen Räumen in Goethes Wohnhaus mittels Blended-Reality-Anwendungen. Insbesondere für unsere Dichterhäuser, wo schärfste Denkmalschutz-Anforderungen Vermittlung und Zugänglichkeit oftmals einschränken, eröffnen sich hier neue Chancen für eine umfassende Teilhabe am Kulturerbe. In diesem Sinne begreift die Klassik Stiftung Weimar Inklusion als zentralen Bestandteil einer reflektierten und zukunftsorientierten Arbeit für eine lebendige Erinnerungskultur.

 

Dieser Text ist zuerst erschienen in Politik & Kultur 09/2021.

Ulrike Lorenz & Valerie Stephani
Ulrike Lorenz ist Präsidentin der Klassik Stiftung Weimar. Valerie Stephani ist Referentin für Inklusion und Publikumsorientierung der Klassik Stiftung Weimar.
Vorheriger ArtikelBarrierefreies Lesen
Nächster ArtikelMixed-abled-Tanz mitdenken