NEUSTART KULTUR: Digital-Programme

 

Kulturstiftung der Länder

 

Die digitale Transformation der Kultureinrichtungen in Deutschland kann nur dann gelingen, wenn die Kulturförderung gezielte Anreize für diese Transformation in der Breite schafft und gerade auch ressourcenschwache Akteure in die Lage versetzt, digitale Inhalte zu produzieren und öffentlich zu präsentieren. Das gemeinsam aus dem Rettungs- und Zukunftspaket NEUSTART KULTUR der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien und Haushaltsmitteln der Kulturstiftung der Länder finanzierte Förderprogramm Kultur.Gemeinschaften will daher insbesondere kleinere, auch ehrenamtlich geführte Kultureinrichtungen sowie Projektträger mit eindeutig kultureller Ausrichtung kurz- und mittelfristig in die Lage versetzen, ihre Arbeit sowie die Ergebnisse ihrer Arbeit digital zu dokumentieren, ggf. inhaltlich sowie technisch aufzubereiten und in ansprechender Form im Internet und in den sozialen Medien zu veröffentlichen.

 

Die durch Kultur.Gemeinschaften ermöglichte digitale Content-Produktion, z. B. Audiopodcast, Video, Livestream, soll in bestehende, nachhaltige Konzepte oder Strategien für die digital gestützte Kulturkommunikation und Kulturvermittlung der geförderten Institutionen und Projektträger eingebettet sein, entsprechende Kompetenzen und Kapazitäten dieser Kultureinrichtungen stärken und damit mittelfristig auch einen Beitrag zu ihrer digitalen Transformation leisten. Kultur.Gemeinschaften reagiert unmittelbar auf den durch die Corona-Pandemie drastisch verdeutlichten Bedarf an attraktiver digitaler Kulturkommunikation und Kulturvermittlung und bietet darauf abgestimmte, miteinander kombinierbare Förderinstrumente an, die allerdings auch über die aktuelle Krise hinaus sinnvoll und langfristig wirksam sind.

 

Kultur.Gemeinschaften

fördert den Erwerb einer leistungsstarken, gut zu handhabenden und bedarfsgerecht zusammengestellten Technikausstattung für die Content-Produktion in digitalen Audio- und Videoformaten (Fördermodul 1),

 

  • ermöglicht die Beauftragung externer Dienstleistungen, z. B. in den Bereichen Contentplanung, Design, Kulturkommunikation und Kulturvermittlung, bei der digitalen Content-Produktion oder bei der Entwicklung bzw. Erweiterung von digital unterstützten Kulturvermittlungskonzepten (Fördermodul 2),
  • schafft, empfiehlt und vermittelt einschlägige Beratungs-, Schulungs- und Weiterbildungsangebote (Fördermodul 3) und
  • unterstützt den Wissensaustausch und die Vernetzung der geförderten Einrichtungen untereinander sowie die Verbreitung der geförderten Produktionen im Internet und den sozialen Medien (Transfermodul).

 

Kultur.Gemeinschaften will auf diese Weise mehrere, auch langfristig relevante Ziele erreichen: So sollen die geförderten Einrichtungen und Projektträger aktiv dabei unterstützt werden, über digitale Kanäle zur Erhöhung der kulturellen oder künstlerischen Angebotsvielfalt beizutragen, die Sichtbarkeit ihrer Arbeit zu erhöhen, mit ihrem regulären Publikum auch außerhalb physischer Begegnungsräume zu interagieren und neue Personengruppen anzusprechen. Gleichzeitig soll innerhalb der geförderten Einrichtungen die Akzeptanz für die Konzeption, Produktion und Veröffentlichung digitaler Kommunikations- und Vermittlungsformate erhöht, die dafür erforderlichen Kompetenzen und Kapazitäten aufgebaut bzw. gestärkt und damit auch neue, nachhaltig wirksame Impulse für die kuratorische, künstlerische und vermittelnde Arbeit in den geförderten Institutionen geschaffen werden. Schließlich sollen durch den Erfahrungs- und Wissensaustausch der geförderten Einrichtungen und Projektträger untereinander in Deutschland digitale Infrastrukturen und digitale Kompetenzen im Kulturbereich ausgebaut, enger miteinander vernetzt und damit insgesamt leistungsfähiger gemacht werden.

 

Knapp 700 Einrichtungen aus ganz Deutschland – vom Puppentheater bis zum Heimatmuseum – haben bei der Kulturstiftung der Länder eine Förderung im Programm Kultur.Gemeinschaften beantragt. Die Vergabe der Fördermittel in Höhe von insgesamt mehr als 10 Millionen Euro erfolgt voraussichtlich im zweiten Quartal 2021 auf Empfehlung einer unabhängigen Jury bestehend aus Expertinnen und Experten.

 

Markus Hilgert ist Generalsekretär der Kulturstiftung der Länder

 

 

Kulturstiftung des Bundes

 

Mit dem bundesweiten Förderprogramm „dive in – Programm für digitale Interaktionen“ führt die Kulturstiftung des Bundes zwei kulturpolitische Ziele zusammen: die Verbesserung von Partizipationsangeboten in Kulturinstitutionen und die Erprobung neuer Wege im Bereich der Digitalisierung. Kein Wunder bei diesen Themen, dass die Resonanz auf „dive in“ enorm ausfiel. Fast 600 Anträge zählte die Kulturstiftung des Bundes im Herbst 2020, über die eine Fachjury im Herbst 2020 entscheiden musste. 68 Initiativen mit Fördermitteln von bis zu 200.000 Euro bei einer Gesamtfördersumme von fast 10 Millionen Euro des Programms NEUSTART KULTUR der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien können ab sofort und bis Ende 2021 über die Bühne gehen – oder auch dies: über Monitore und Leinwände, durch Ausstellungsräume und über Screens all jener Smartphones, die Jung und Alt gleichermaßen umstandslos wie permanent „auf Tasche“ haben.

 

Zum „dive in“-Verbund zählen jedenfalls Sparten und Einrichtungen, die so reich und divers sind wie die ganze Kulturlandschaft in Deutschland: Theater, Museen, Gedenkstätten, Bibliotheken, soziokulturelle Zentren, Archive, Festivals. Alle wissen: Am Beginn des Jahres 2021 steht dieser Reichtum gleich doppelt auf dem Spiel. Einerseits zwingt die Pandemie-Not zahlreiche Kultureinrichtungen, vor allem auch Künstlerinnen und Künstler, in eine existenzbedrohende Isolation; andererseits treibt ein gegenwartsblindes Verharren im Analogen den Keil noch tiefer, der manche Kultureinrichtungen seit Langem gerade von einem jüngeren und überregionalen Publikum trennt.

 

„Dive in“ lädt dazu ein, das Beste aus der Krise herauszuholen – mit Optimismus und Sinn für die Realitäten unserer globalisierten Gegenwart. „Digitalisierung“ ist kein kulturpolitisches Zauberwort. Ebenso wenig sind Partizipations- und Interaktionsangebote ein Nice-to-have aus der pädagogischen Provinz. Beides berührt die Fundamente organisationalen Handelns im Kulturbereich. Folglich gehört digitale Vermittlung auf die Chefetagen aller Kultureinrichtungen im Lande. Hier sollte eine grundlegende Maßnahme darin bestehen, gut ausgebildeten Expertinnen und Experten für Vermittlung attraktive, im Stellenplan verankerte Beschäftigungen anzubieten. Nur so wachsen die Chancen, dass vielseitige, auch experimentelle Vermittlungsformate verlässlich in die Welt kommen. Ein lebendiger Kulturort versteht dabei die Kunst, allen Menschen einer Stadtgesellschaft oder Region ein Angebot zu machen: Er lädt dazu ein, Wissen zu teilen, Multiperspektivität zuzulassen und – wenn das Vertrauen erst einmal da ist – auch jenen Besucherinnen und Besuchern eine Stimme zu geben, die noch kaum einen Schritt in eine Kultureinrichtung gesetzt haben.

 

Für das Programm „dive in“ gilt: Digitale Formate sind immer auch Vermittlungsformate, die in Pandemie-Zeiten Sorge tragen können, dass trotz verschlossener Eingangstüren das Band zum Publikum nicht reißt. Oder dass sogar ein ganz neues Publikum gewonnen wird. Wo? Vielleicht außerhalb etablierter Traditionsräume, in den Schulen oder in zivilgesellschaftlichen Räumen. Und wie? Mit viel Lust auf das Neue; mit ebenso aufregender wie bedienungsfreundlicher Verquickung von analogen und digitalen Wirklichkeiten.

 

Andere europäische Länder machen längst vor, wie das geht. In Deutschland – auch das eine Erkenntnis aus „dive in“ – gilt es vielerorts vieles nachzuholen, wenn es um digitale Austausch- und Kooperationsformen im digitalen Raum geht: Wie konzipiert man treffsichere und authentische Vermittlungsangebote? Wo finden sich technische Partner, die verstehen, worum es wirklich geht in Kunst und Kultur und wie sich apparative/operative Folgekosten oder auch der Zeitnutzen von App-Programmierungen kalkulieren lassen? Wie gelingt ein Wandel der Organisationskultur, damit die Finanzierung digitaler Maßnahmen nicht länger auf kurzfristige Sonderprogramme und Krisenkonjunkturen angewiesen ist, weil von der Direktion und den Teams in den Kultureinrichtungen bis hin zu deren Stakeholdern in Verwaltung und Politik die Erkenntnis fest verankert ist, dass digitale Vermittlung institutionelles Kerngeschäft darstellt?

 

Das sind große Herausforderungen. Mit „dive in“ hat die Kulturstiftung des Bundes 68 Institutionen einladen können, in den Horizont all dieser Fragen einzutauchen. Aber kein Grund zur Sorge: Sie alle tauchen wieder auf. Hoffentlich. Und auch die Corona-Pandemie wird zu Ende gehen. Glücklich ist, wer in der Zwischenzeit gelernt hat, sich im Digitalen mit derselben selbstverständlichen Schönheit zu bewegen wie ein Fisch im Wasser.

 

Hortensia Völckers ist Künstlerische Direktorin der Kulturstiftung des Bundes

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