Urheberecht im Bundestag: Gesetzgebung im Schnelldurchlauf

Vor- und Nachteile der Auswirkungen hätten besser abgewogen werden müssen

Berlin, den 30.06.2017. Der Deutsche Bundestag macht heute Gesetzgebung im Schnelldurchlauf. Nachdem in den letzten Tagen öffentlich breit über den Tagesordnungspunkt der heutigen Sitzung des Deutschen Bundestages zur „Ehe für alle“ diskutiert wurde, wurden im Windschatten dieser Abstimmung zwei zentrale den Kultur- und Medienbereich betreffende Gesetzesvorhaben durchgewunken.

 

Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz wurde trotz breiten Protestes gerade auch von Seiten der Journalistenverbände verabschiedet. Künftig müssen Internetunternehmen wie Google, Facebook und andere strafbewehrte Inhalte auf ihren Plattformen, die ihnen angezeigt werden, innerhalb kurzer Frist löschen. Geschieht dies nicht, drohen ihnen Bußgelder in empfindlicher Höhe. Dieses Gesetz gibt Internetplattformen weitreichende Befugnisse zur Löschung von Inhalten. Es besteht die Gefahr, dass das eigentlich gut gemeinte Vorhaben sich als Bumerang erweisen könnte.

 

Im Urheberrechts-Wissensgesellschafts-Gesetz werden einerseits die Schrankenregeln im Urheberrecht, in denen beschrieben wird, welche Nutzungen von Werken ohne Erlaubnis des Urhebers oder von anderen Rechteinhabern erlaubt sind, neu geordnet und teilweise ausgeweitet. Die entscheidende Änderung ist, dass die Möglichkeiten, Bücher zu kopieren oder Werke digital zur Verfügung zu stellen, deutlich ausgedehnt werden.

 

Der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, Olaf Zimmermann, sagte: „Heute findet am letzten Sitzungstag dieser Wahlperiode Gesetzgebung im Schnelldurchlauf statt. Bei manchen Vorhaben wie dem Urheberrechts-Wissengesellschafts-Gesetz scheint es so, als wolle die Koalition rasch noch ihre Hausaufgaben erledigen. Im Koalitionsvertrag war eine solche Regelung vereinbart worden. Dem nun verabschiedeten Gesetz hätte es allerdings gutgetan, wenn zuvor die Vor- und Nachteile dieser Regelung und deren wirtschaftlichen Auswirkungen ausführlicher abgewogen worden wären. Beim Netzwerkdurchsetzungsgesetz will die Regierung gegen sogenannte Hate-Speech im Netz vorgehen. Ein ehrenwertes Vorhaben, doch ob das vorgelegte Gesetz tatsächlich helfen wird, ist mehr als fraglich.“

 

 

  • Welche kulturpolitischen Forderungen der Deutsche Kulturrat an die neue Bundesregierung und die Mitglieder des neuen Deutschen Bundestags richtet, können Sie hier nachlesen.
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