Kunst und Kommerz: Gegensätze ziehen sich an

Dossier des Deutschen Kulturrates zur Kultur- und Kreativwirtschaft erschienen

Berlin, den 27.08.2015. Das Dossier des Deutschen Kulturrates „Kunst und Kommerz“, in dem sich aus verschiedenen Perspektiven und Erfahrungshintergründen mit der Kultur- und Kreativwirtschaft auseinandergesetzt wird, ist heute erschienen.

 

Die Kultur- und Kreativwirtschaft in Deutschland ist nicht nur einer der größten Teilmärkte im Land, der selbst an den von der Politik heftig gepäppelten Automobilmarkt fast heranreicht, sie ist auch einer der größten Wachstumsmärkte überhaupt. Vom fast autistisch arbeitenden Künstler in seinem Atelier bis zum weltweit vernetzten Medienmulti reicht dieser Markt. Vom klassischen Buchmarkt bis zum noch jungen Gamesmarkt, dessen Umsatz in Deutschland bereits den Musikmarkt überflügelt hat. Bildende Kunst, Darstellende Kunst, Literatur, Musik, Design, Architektur, Medien, Computerspiele und viele andere künstlerische Bereiche definieren die Kultur- und Kreativwirtschaft. Jedes Marktsegment hat seine eigenen Regeln, hat seine spezifischen Erfolgsbedingungen. Alle sind unvergleichbar. Nein, trotz ihrer Unterschiedlichkeit sind sie grundsätzlich vergleichbar, weil alle kulturellen Teilmärkte nur funktionieren, wenn spezifische Verwertungsketten intakt sind. Am Anfang steht der Urheber, am Ende der Kunde, dazwischen die spezifischen Glieder der Wertschöpfungskette.

 

Der Herausgeber des Dossiers und Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, Olaf Zimmermann, sagt: „Ob ein Künstler seinen Kunden erreicht, ob er berühmt wird oder zumindest vernünftig von seiner künstlerischen Leistung leben kann, entscheidet sich nicht nur an seinem Können, sondern auch an der Funktionsfähigkeit der für seinen Bereich spezifischen Verwertungskette. Deshalb ist es richtig, die Rahmenbedingungen für die wichtigen Glieder der Verwertungskette gut zu gestalten, damit Künstlerinnen und Künstler erfolgreich sind und die Kunden eine Vielfalt an künstlerischen Produkten konsumieren können. Deshalb ist der Erhalt der Buchpreisbindung Schriftstellerförderung, weil sie überlebensnotwendig für Verlage und Buchhandel ist. Deshalb würden Musiker und Drehbuchautoren schweren Zeiten entgegen gehen, wenn der öffentlich-rechtliche Rundfunk als wichtigster Auftraggeber für Filmproduzenten und wichtige Präsentationsplattform für Musik abgebaut würde. Dieses Dossier ist ein Plädoyer an die Politik, die Kultur- und Kreativwirtschaftsmärkte in ihrer Gesamtheit in den Blick zu nehmen und entsprechende Rahmenbedingungen zu schaffen. Zum Wohle der Künstler und der Kunden.“

 

Die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, Monika Grütters MdB, betonte: „Mir ist wichtig, dass das Bewusstsein für den Wert geistiger Leistung jenseits der direkten ökonomischen Verwertbarkeit gestärkt wird. Künstler und Kreative haben einen geradezu »avantgardistischen Spürsinn für Relevanzen« – diese griffige Formulierung stammt von Jürgen Habermas. Diesen Spürsinn brauchen wir umso mehr angesichts des digitalen Wandels, der unsere Gesellschaft in noch nie dagewesenem Tempo verändert. Die Künstler und Kreativen, die Unternehmen der Kultur- und Kreativwirtschaft bereiten hier nicht nur den Boden für Innovationen, sondern helfen uns mit ihrem Mut zum Experimentieren auch dabei herauszufinden, wie wir in Zukunft leben wollen. Dafür brauchen sie Freiraum: die Freiheit, sich dem Diktat des Marktes, des Zeitgeists und des Massengeschmacks, also den Kriterien des kommerziellen Erfolgs, widersetzen zu dürfen.“

 

Die Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister für Wirtschaft und Energie, Brigitte Zypries MdB, unterstrich: „Gerade die kleinen und mittelgroßen Unternehmen der Kultur- und Kreativwirtschaft können von der Digitalisierung profitieren: Neue Technologien, wie z.B. der 3D-Drucker oder der Lasercutter, ermöglichen neue Geschäftsideen. Der Markteintritt wird leichter durch digitale Marktplätze und Maker-to-Consumer-Plattformen. Auch die Distributionskanäle ändern sich zum Vorteil der Kultur- und Kreativschaffenden: Kunden und Produzenten rücken näher zusammen – dank digitaler Marktplätze und Maker-to-Consumer-Plattformen. Neue Kunden können online besser, schneller und gezielter erreicht werden. Auf digitalem Weg lassen sich auch geografisch entfernte Märkte leichter erschließen. Wer hätte etwa vor kurzem gedacht, dass der Popsong eines koreanischen, international unbekannten Künstlers binnen kürzester Zeit zu einem der meistgesehenen Videos der Welt wird. Ein wichtiger Effekt ist außerdem, dass Kultur- und Kreativunternehmer Innovationstreiber für ganze Branchen der Wirtschaft sind. Themen und Trends, die inzwischen andere Wirtschaftsbereiche beeinflussen, wie „Gamifikation“ oder die „Maker Economy“, kommen aus der Kreativbranche.“

 

Kunst und Kommerz – Dossier „Kultur- und Kreativwirtschaft“
Herausgegeben von Olaf Zimmermann und Theo Geißler
ISBN 978-3934868359
56 Seiten; 28 x 21 cm
Preis 4,20 Euro (als E-Book kostenlos)

 

  • Bestellbar über jede Buchhandlung oder versandkostenfrei im Online-Shop.
  • In der Onlineversion kann das Dossier kostenlos hier als pdf-Datei abgerufen werden.
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