Ehrenamtsstiftung: Neustrelitz, ja oder nein ist nicht die Frage

Zwischen einer Förderstiftung oder einer Staatsstiftung muss jetzt entschieden werden

Berlin, den 08.01.2020. Politik und Medien spielen bekanntermaßen nach eigenen Regeln. Da wird seit Jahren über eine Förderstiftung des Bundes für bürgerschaftliches Engagement analog der Kulturstiftung des Bundes diskutiert und erst jetzt, wo es um den Sitz der nun inhaltlich stark gewandelten „Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt“ geht, gibt es eine Diskussion.

 

Im Koalitionsvertrag von 2018 für die 19. Legislaturperiode haben die Regierungsparteien die Gründung einer Engagement-Stiftung vereinbart. Zur Halbzeit der Legislaturperiode soll nun eine rechtsfähige Stiftung öffentlichen Rechts errichtet werden, die in diesem Jahr noch ihre Arbeit aufnehmen soll. Die nun geplante „Deutsche Stiftung für Engagement und Ehrenamt“ ist ein gemeinsames Vorhaben des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ), des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat (BMI) sowie des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL). Sitz der Stiftung soll Neustrelitz (Mecklenburg-Vorpommern) sein. Geplant ist eine vor allem operativ tätige Einrichtung mit rund 100 Mitarbeitern.

 

Ehemalige Mitglieder der Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages „Zukunft des Bürgerschaftlichen Engagements“, der auch der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, Olaf Zimmermann, angehörte, haben jüngst die inhaltliche Ausrichtung der neuen Stiftung deutlich kritisiert (siehe hier). Unter anderem schreiben sie: „Eine besondere Enttäuschung ist, dass offenbar gar nicht mehr an ein Förderinstrument analog zur Kulturstiftung des Bundes gedacht wird, sondern nunmehr eine operativ tätige Staatsstiftung auf den Weg gebracht werden soll, die von Neustrelitz aus das Feld bestellen soll. Ob sich bürgerschaftlich Engagierte vor Ort, die konkret Rat suchen, künftig an eine staatliche Stiftung in Neustrelitz wenden, sei dahingestellt.“ Der letzte Satz hat eine emotionale öffentliche Debatte um den Sitz der Stiftung ausgelöst.

 

Der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, Olaf Zimmermann, sagte: „Neustrelitz, ja oder nein ist nicht die wirkliche Frage. Die Frage ist, welche Ausrichtung die Stiftung hat. Ist es eine mit öffentlichen Mitteln finanzierte Stiftung, die Initiativen und Vereine aus allen gesellschaftlichen Bereichen auf Antrag finanziell unterstützt, oder ist es eine Staatsstiftung, die Bürger zur ehrenamtlichen Tätigkeit aktivieren soll. Der Unterschied ist keine Petitesse, sondern berührt das demokratische Staatsverständnis in seinem Kern. Wir wollen eine Förderstiftung und eine solche Förderstiftung kann gerne in Neustrelitz angesiedelt werden.“

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